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Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition)

Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition)

Titel: Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Tobor
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Deutschland wirklich dafür belohnt, dass man Läuse hatte?

14.
Die stinkende Fliege
    Es war ein ruhiger, ereignisloser Oktober-Abend. Wir saßen im Zimmer und spielten mit den Spiralen, die Mama aus Äpfeln schälte, als plötzlich, nur für die Dauer eines Glutfunkens, eine grinsende Fratze im Fenster erschien. Mama schreckte hoch, und wir sahen gerade noch einen blonden Schopf vorbeihuschen wie ein Waldtier. Papa riss das Fenster auf.
    »Hallo!?«, rief er in die Dunkelheit, aber draußen fegte bloß der Wind durch das Laub.
    »Wahrscheinlich irgendein betrunkener Herumtreiber«, sagte Mama, schloss das Fenster und zog zur Sicherheit die Vorhänge zu. Kurz darauf hörten wir ein forderndes Türklopfen.
    »Wer ist da?«, fragte Mama verunsichert.
    »Iberraschunck!«, krächzte es von der anderen Seite.
    Meine Eltern zogen die Schultern hoch und sahen sich fragend an. Die Stimme gehörte niemandem aus der Baracke. Das hätten wir erkannt, schließlich besuchte man einander, lieh sich Lockenstäbe und polnische Würzmischungen aus und ließ seine Kinder zusammen spielen. Papa ging zur Klinke, Mama trippelte als Rückendeckung hinterher. Langsam öffneten sie die Tür.
    »Gutten Tack!!!« Vor uns stand keine Geringere als unsere Autobahn-Bekanntschaft Dorota Ogórkowa, mit einem zusammengerollten Teppich unter dem Arm. Hinter ihr, im ausgeleierten Hemd und buckelig wie ein Fragezeichen, lugte der Riese Damian, Dorotas Ehemann, in unser Zimmer.
    »Dorota?«, fragte Mama erstaunt. »Was macht ihr denn hier?«
    »Iberraschunck!!!«, krächzte Dorota wieder. »Wohne ich hier! Sind wir grade eingezogen, Damian und ich.«
    Dorota zog den verschlafenen Damian hinter sich an der Hand ins Zimmer. »Habe ich gerade in alle Fenster geschaut, ob wir schon kennen jemanden. Und da, schau! Unsere Freunde von Autobahn. Lasst euch zerdrücken!«
    Dorota begrüßte meine Eltern mit Wangenküsschen. »Alexis«, rief sie endlich und wuschelte mir mit Kratznägeln durch die Haare. Ohne die Einladung abzuwarten, setzte Dorota sich schwungvoll aufs Bett und ließ ihren Hintern federn.
    »Dann erzählt doch mal, wie ihr hier gelandet seid!«, sagte Mama, hinter deren barmherzigem Lady-Di-Lächeln ich ihre Zähne vielsagend knirschen hörte.
    »Na, weißt du. Haben wir gedacht, warum nicht auch rausfahren für immer, solange noch geht. Waren wir in Unna-Massen und sind wir jetzt hier. Kinder kommen später. Sind noch bei Oma und Opa in Polen, lernen bisschen Deutsch. Mein Bajtek ist schon in dritte Klasse. Kann nicht einfach herkommen und alles von vorne lernen.«
    »Und was ist das?«, fragte Papa, auf die Teppichrolle in Dorotas Schoß weisend. »Seid ihr zum Islam übergetreten?«
    »Witzbold! Teppich ist Geschenk!«, prustete Dorota. »Von Spärrmiel!«
    Schwungvoll rollte sie den Teppich aus und präsentierte ihn mit ausholender Gebärde. Er roch muffig und sah etwas mitgenommen aus. Ich zählte mehrere Brandlöcher und bemerkte seine schiefen Fransenfrisuren.
    »Danke, aber du bist verrückt!«, sagte Mama. »Das können wir doch nicht annehmen!«
    »Nicht annehmen? Sei nicht albern. Hab ich doch gesagt, ist von Spärrmiel!«
    Mama sah Dorota ahnungslos an.
    »Spärrmiel? Ist das ein Laden?«
    »Hör auf!«, grölte Dorota, deren Augäpfel vor Lachen tränenreich glänzten. »Kennt ihr Spärrmiel nicht? Spärrmiel ist Feiertag! Sag ich dir später alle Termine, musst du in Kalender schreiben.«
    »Aha? Und was feiert man da?«, fragte Mama und riss eine Packung Kokoskekse auf, während Papa jedem ein Glas Multivitaminsaft eingoss.
    »Feiern wir Sachen umsonst«, sagte Dorota. »Deutsche stellen jeden Monat Möbel auf Straße und alles, was nicht mehr haben wollen. Weiß ich auch nicht warum, sind meistens gute Sachen. Stellen alles vor Haus und holen nicht wieder rein. Kannst du alles nehmen, was du brauchst. Teppich, Sessel, Fernseher … Sag ich dir, dieses Land: Lux!«
    »Das ist sehr interessant«, gab Mama zu. Mit einem gewissen Wohlgefallen blickte sie nun auf den Teppich, der dem Raum eine Idee von häuslicher Gemütlichkeit verlieh.
    »Und du sagst mir, wann wieder Spärrmiel ist?«, fragte Mama.
    »Aber sicher, meine Liebe. Können wir sogar zusammen gehen. Darf ich doch rauchen?« Während Mama noch von der diplomatischen Unmöglichkeit, nein zu sagen, gelähmt war, hatte Dorota schon ihren Kopf spitzmündig zur Flamme geneigt. Nun klopfte sich auch Damian eine Zigarette aus der Schachtel. Nachdem er ein paar Züge

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