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Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition)

Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition)

Titel: Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Tobor
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fünf Minuten saßen wir schweigend da, als ich endlich Papas gelben Fiat nahen sah. Ich trat an die Bordsteinkante und winkte.
    »Hä?«, hörte ich Dominik hinter mir ausrufen. »Was ist denn das für ein komisches Auto?« Er folgte mir an die Bordsteinkante, und während Papa langsam heranfuhr, starrte Dominik den maluch mit großen Augen an. Als ich die Autotür öffnete, sah Papa mich fragend an und nickte in Dominiks Richtung. Ich schüt-
telte den Kopf. Nein, weder Freund noch Pole.
    »Ist das jemand aus deiner Klasse?«, fragte Papa auf Polnisch, während ich den Sitz vorklappte, um hinten ins Auto zu steigen.
    »Ja«, gab ich zu und bereute es sogleich, als ich sah, dass Papa Dominik herbeiwinkte.
    »Hallo. Ich bin Vater von Ola. Regnet sehr, nein? Kann ich dich auch nach Hause fahren.«
    »Cool! Alles paletti«, sagte Dominik, doch statt seinen Ranzen abzustreifen, zog er sich noch den zweiten Träger über die Schulter und versuchte so, sich in den maluch zu quetschen. Während er mit Kopf, Armen und Rumpf schon drin war, strampelte er draußen mit den Beinen in der Luft wie ein umgekippter Käfer. Papa und ich konnten uns ein Lachen nicht verkneifen, und Dominiks Ohren liefen ganz rot an. Ich packte ihn an beiden Armen und zog ihn in meine Richtung, bis er vollständig und mit Ranzen neben mir saß. Mein Herz klopfe. So nah war ich meinem Feind noch nie gekommen.
    »Was ist das für ein Auto?«, fragte Dominik.
    »Polski Fiat 126p« , antwortete Papa amüsiert, denn dass sich jemand in Deutschland für sein Auto interessierte, war etwas Neues. »Wo wohnst du?«
    »Wissen Sie, wo die ARAL -Tankstelle ist?«
    »Weiß ich«, sagte Papa. »Wohnst du in der Tankstelle?«
    »In der Nähe«, sagte Dominik und presste die Nase ans Autofenster. Auch ich wusste, wo das war. Schließlich war die ARAL -Tankstelle das Beste am ganzen Stadtteil. Nur dort konnte man die Kaugummis für 10 Pfennig kaufen, um die ein Aufkleber herumgewickelt war. Gar nicht weit weg von uns, dachte ich. Erschreckend nah.
    »Ich muss raus«, sagte Dominik, als die neonblaue Raute der Tankstelle sichtbar wurde. Papa hielt an, Dominik schälte sich wieder mit großer Mühe aus dem Auto und verabschiedete sich mit einem knappen »Tschüs!«, bevor er die Tür zuknallte. Als er die Straße überquerte, winkte Papa ihm nach.
    »Netter Junge«, sagte er lächelnd.
    »Doofer Junge!«, protestierte ich. »Das war der Blödmann, der mir an meinem ersten Tag in der Schule die Schokolade weggenommen hat.«
    »Wirklich?«, wunderte sich Papa. »Auf mich hat er einen guten Eindruck gemacht. Und er hat dir die Schokolade doch auch zurückgegeben, oder?«
    Ich nickte genervt und wünschte, er hätte es nicht getan.
    »Ist er denn immer noch gemein zu dir?«
    »Eigentlich nicht«, sagte ich. Das war die Wahrheit.
    »Dann gibt es doch kein Problem.«
    Papa nutzte die Gelegenheit und hielt noch einmal an, um zu tanken. Durch den Vorhang aus Regenperlenketten, die sich die dunklen Autoscheiben hinabschlängelten, sah ich Dominik mit verschränkten Armen vor einem Hauseingang stehen. An den Balkonen des Hauses waren Satellitenschüsseln angebracht, wie graue Micky-Maus-Ohren. Als Papa die Benzinfüllung bezahlt hatte und wiederkam, stand Dominik immer noch im Hauseingang, der ihn vor dem Regen kaum zu schützen schien.
    »Ich glaube, bei ihm ist niemand zu Hause«, sagte ich zu Papa. »Schau, er steht immer noch vor der Tür.«
    »Dann spring schnell raus und frag ihn, was los ist. Wenn bei ihm niemand ist, kommt er mit zu uns.«
    »Waaaas?«, fragte ich entsetzt. Mit zu uns? Dominik konnte nicht einfach mit zu uns. Wir hatten doch nicht mal ein richtiges Zuhause.
    »Keine Sorge«, sagte Papa. »Es gibt genug zu essen. Mama hat pierogi gemacht.«
    Mein Blick wanderte zurück zu Dominiks triefender Gestalt. Schließlich fasste ich Mut, hüpfte aus dem Auto und rannte zu ihm über die Straße.
    »Was willst denn du noch hier?«, fragte Dominik rotzig. Ich versuchte herauszufinden, ob Kälte oder Bosheit seine Mundwinkel nach unten zogen.
    »Ist bei dir niemand zu Hause?«, fragte ich.
    »Nee. Keiner da.«
    »Mein Papa hat gesagt, dass du mit zu uns kommen kannst.«
    Dominik glotzte eine Weile blöde ins Leere.
    »Ich weiß nicht«, sagte er schließlich, während er in scheinbarer Gleichgültigkeit auf den Boden spuckte.
    »Er kann dich später auch wieder nach Hause fahren«, ergänzte ich, als Papa bereits mit dem maluch heranfuhr und ermunternd auf die

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