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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Andreas lächelt gezwungen und lässt den kalkulierenden Blick aus seinen emotionslosen, aber glühenden Augen über ihre Kurven wandern.
    — Das Edinburgh des Südens, grinse ich, als der Totalschaden zurückkommt und Lucinda ein Lächeln schenkt, mich aber etwas weniger freundlich anschaut. — Hi, ich bin Simon, sage ich und nicke ihr zu.
    — Und warum sollte mich das interessieren?, wiehert die gereizte Schindmähre, aber Andreas winkt nur kurz, und schon ist sie still.
    — Like a puppet on a string …, murmele ich zu Lucinda, während Andreas der Grieche den Totalschaden mit einem verächtlichen Blick in die Schranken weist. Die Schindmähre sitzt nun da wie ein widerspenstiges Schulmädchen, das gerade von seinem Lieblingslehrer ausgeschimpft wurde. — Denkst du wirklich?, fragt er. — Zwischen Edinburgh und Athen gibt es eine Verbindung?
    — Auf jeden Fall. Könnten direkt Partnerstädte werden.
    Andreas denkt kurz darüber nach und reibt dabei sein leicht stoppeliges Kinn. — Ich muss mir das unbedingt mal ansehen. Vielleicht mach ich mal eine Stippvisite, aber nur eine kurze … ich liebe London nämlich viel zu sehr. Wohin kann man schon noch gehen, wenn man erst mal London gesehen hat?
    Ich wende mich zu Lucinda und schenke ihr ein Lächeln voller Glück und Dankbarkeit, das ich mit einer Extraprise Aufrichtigkeit abrunde. — Ich muss sagen …, beginne ich und ziehe eine Augenbraue nach oben, — … für mich ist es in dieser wunderbaren Stadt bisher sehr gut gelaufen. Wie heißt es doch so schön: Love is just like a merry-go-round, with all the fun of a fair …, zitiere ich abermals aus »Puppet On A String«.
    — Das sagt man also in Schottland? Andreas lehnt sich zurück und schnurrt wie eine Katze. Ich kann spüren, dass wir schon jetzt auf derselben Wellenlänge funken und unseren Beat gefunden haben. Wir swingen wie eine Jazz-Rhythmussektion – der große, aber auf ewig unerfüllte Traum von Keezbo und Rents. — Wenn du in so kurzer Zeit eine derart schöne Frau in London finden konntest, würde ich meinen, dass du unsere Stadt schon in- und auswendig kennst!
    — C’è di che essere contenti, räume ich spielerisch ein.
    — Ah … ist das Italienisch?, fragt Andreas.
    — Ohh … Italienisch …, versucht der engoloide Totalschaden wieder in die Unterhaltung einzusteigen. Die Schnalle ist allerdings so konkurrenzlos der letzte Arsch in unserer Runde, dass ich sie einfach ignoriere.
    — Ja. Meine Mutter stammt aus dem Süden, erkläre ich Andreas.
    Unser mediterranes Playboy-Gehabe lässt Lucinda leicht erröten und leitet eine Gesprächsrunde mit allerlei Schmeicheleien und Nettigkeiten ein. Ich schaue mir die feine Dame aus Notting Hill im Profil an, wie sie durch unsere Aufmerksamkeit aufblüht und erstrahlt und doch die Einzige ist, die nicht ahnt, dass sie nur eine weitere Statistin in einem Spiel ist, das ich mir ausgedacht habe. Ich fühle mich gut – urban, erhaben und vor allem Hunderte Meilen vom beschissenen Edinburgh entfernt. Dort gibt es nämlich immer irgendeinen Trottel aus Leith, der meine Tarnung auffliegen lässt, wenn ich in einer dieser luxuriösen Weinbars im Zentrum sitze und mit einer auswärtigen Schönheit am Turteln bin. Das Szenario ist stets das gleiche: Irgendwann fliegt die Tür auf, einer dieser »guten Bekannten« torkelt rein und brüllt zu meinem Entsetzen in Megafon-Lautstärke durch die Weinbar: » SICK BOY, ALTER WICHSER! WAS ZUM HENKER TREIBST DU DENN IN DIESEM VERFICKTEN NOBELSCHUPPEN?! «
    Wir verbringen den Abend in feuchtfröhlicher Runde mit Andreas und Hailey (Totalschadens richtiger Name oder aber ihr Stripper-Alias) und unterhalten uns angeregt. Irgendwann sind wir alle angenehm beschwipst und fahren mit der Victoria Line zum Hotel seiner Familie in Finsbury Park. Es befindet sich direkt an der Ecke des Parks, dem das Viertel seinen Namen verdankt, und beherbergt vorrangig reisende Vertriebsmitarbeiter mit abgetragenen Anzügen und miesen Verkaufszahlen. Andreas erklärt mir diskret, dass er seinen Gästen die Extraservices bietet, die sich reisende Männer fern der Heimat wünschen, während Hailey in der Zwischenzeit in einem erbärmlichen Jammerton die ihr widerfahrenen Ungerechtigkeiten aufzählt. Es sind die üblichen Stationen eines sozialen Abstiegs: kein Geld mehr vom Amt, Verlust der Wohnung, Kinder ins Pflegeheim … glücklicherweise ist Lucinda die Adressatin für diesen Mumpitz. Der krönende Abschluss: Hailey ernennt

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