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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Prügelei teilzunehmen. Ich weiß, dass ich mich schleunigst davonmachen sollte, aber ich muss einfach sehen, wie die Kiste ausgeht, denn Mr. Cream arbeitet sich mit seinen gelispelten Aufrufen zu Ruhe und Ordnung – SCHLUSS DAMIT! SOFORT AUFHÖREN! – geradewegs in das Zentrum des Orkans vor.
    Zu meiner Verwunderung halten einige der Schlachtenbummler kurz in ihrem Tun inne, packen Mr. Cream aber nicht an. Keiner von ihnen möchte später derjenige sein, der von den Kollegen verlacht wird, weil er auf einem Sealink-Dampfer eine Zwergentunte mit cremefarbenem Hemd und Blockabsatzschuhen niedergestreckt hat. Die Jungs gehören offensichtlich alle zur Oberliga – oder wollen in diese aufsteigen – und erkennen schnell, dass eine handgreifliche Auseinandersetzung mit einer abgebrochenen Schwulette nur ihrem Ansehen schaden und einen Abstieg in der Hackordnung bedeuten würde. Dann nimmt sich ein junger Fußsoldat mit modischer Trainingsjacke der Sache an: Er geht auf Mr. Cream zu und knallt ihm einen straffen rechten Haken in die Visage. Unser Vorarbeiter geht mit blutender Nase zu Boden. Der Mob aus dem Norden fasst das als Signal für den Abmarsch auf und zieht sich Gift und Galle speiend zum Ausgang zurück. Mit einem Mal findet die Keilerei ein wundersames Ende.
    — Auch ne Tracht gefällig, du Wichser?, fragt mich der Bursche.
    Ich habe dieses widerliche Geräusch von »Faust trifft Nase« noch gut im Gedächtnis, sodass ich sein Angebot dankend, aber bestimmt ablehne. Ich schaue hilfesuchend zu den West-Ham-Veteranen hinüber, die dem kampfeslustigen Padawan dankenswerterweise Einhalt gebieten und zur Verfolgung der Horden aus dem Norden aussenden. Eine Handvoll vor Angst paralysierter Passagiere sitzt noch immer in der Kantine. Der West-Ham-Mob allerdings, mit Ausnahme des jungen Skywalker vielleicht, ist zu diszipliniert, um sich an Zivilisten zu vergreifen.
    — Tut mir leid, dass wir euren Schlagabtausch unterbrochen haben, Jungs, sage ich mit Dankbarkeit über meine Unversehrtheit in der Stimme, aber ich erhalte keine Antwort, denn der Mob eilt bereits seinen fliehenden Rivalen aus dem Norden hinterher. Ich helfe Mr. Cream auf die Beine und führe ihn aus der Bar. Dabei gebe ich acht, dass ich nicht mit der zweifelsohne verseuchten roten Brühe in Berührung komme, die in Strömen aus seiner zermatschten Nase läuft und die heilige Sealink-Uniform besudelt, der er seinen Spitznamen verdankt.
    — Das ist nichts … nur ein Kratzer, protestiert er und hält sich eine Hand vor den zertrümmerten Zinken, während ich ihn durch die Doppeltüren hinausbegleite. — Die werden die ganze Fähre auseinandernehmen …
    — Mach dir darum keine Sorgen, Schiffskamerad, beruhige ich ihn und fahre dabei mit meiner Hand in die Innentasche seiner Jacke, um sein Portemonnaie herauszufischen und mit einer geschickten Bewegung in meine Gesäßtasche gleiten zu lassen. Ganz sicher wird er den Diebstahl dem Handgemenge zuschreiben. — Die Jungs werden sich schon früh genug selbst k.o. schlagen. Ich bringe Sie erst mal runter in die Krankenstation.
    Ich schleppe den entstellten Rosettenkönig nach unten zum Krankenzimmer, wo ein Hattie-Jacques-Walross von einer Krankenschwester gerade einem der Raufbolde einen Kopfverband anlegt. Seine beiden Kumpels stehen bescheuert daneben und grinsen sich an, während der Verwundete in starkem Manc-Akzent stöhnt: — Bin nich hergekomm, um mich mitm West-Ham-Mob zu pelzen. Wollte gegen Anderlecht boxn, verdammt.
    — Warten Sie hier, Martin, ich werde schauen, dass ich die Hitzköpfe etwas beruhige, sage ich zu Creme-Boy und mache mich auf den Weg in meine Kabine, um mich aufs Ohr zu hauen. Bei dieser Bezahlung werde ich den Teufel tun und mich zwischen ein paar rauflustige Rummelboxer werfen, die sich die Schädel einschlagen wollen. Ehrlich gesagt, würde ich das für keine Bezahlung der Welt machen.
    Auf dem Weg zu meiner Koje gehe ich übers Deck und begutachte meine Beute: zweiundvierzig Pfund, eine Bankkarte und ein Bild von einem kleinen Jungen mit absurd hell leuchtenden Augen und einer blonden Stirnlocke, die sich einer Softeisspitze gleich in den Himmel bohrt. Ich stecke die Scheine ein und übergebe den Rest der grausamen See. Es ist ein großartiges Gefühl, soeben das perfekte Verbrechen verübt zu haben: Das Portemonnaie wird niemals gefunden werden, und wenn der rachsüchtige Pimmelprinz mit dem cremefarbenen Hemd das Delikt erst mal bei der holländischen Polizei

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