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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Verächtlich sieht der Punk auf seinen schottischen Freund herab und geht dann in die Küche, wo er sich auf dem wackligen Tisch zwei breite Lines Speed bereitlegt. In bester Punkmanier verkündet er, dass England ein Haufen Scheiße ist. — Geht alles vor die Hunde, Mann!
    Renton lässt die Flamme lange am Löffel züngeln und verbrennt dadurch einen Teil des Stoffs. Er ist etwas besorgt, dass das Skag nicht rein genug zum Fixen sein könnte. Langsam verwandelt es sich in ein blubberndes Elixier. — Genau das Gleiche mit Schottland!, sagt er emphatisch und schaut zu Nicksy. Wie recht sein Cockney-Freund doch hatte: Der Optimismus der Nachkriegszeit war definitiv verschwunden. Wohlfahrtsstaat, Vollbeschäftigung, Butler Education Act für kostenlose Schulbildung – alles nicht mehr existent oder bis zur Bedeutungslosigkeit verzerrt. Jetzt war jeder sich selbst der Nächste. Vorbei die Zeit von Zusammenhalt und Eintracht. Aber es war nicht alles schlecht in Rentons Augen: Zumindest gab es nun eine breitere Palette an Drogen.
    Nicksy springt auf und steht im nächsten Moment in der Tür zwischen Küche und Wohnzimmer. Er wirkt nervös, sein Unterkiefer ist verkrampft, seine strähnigen Haare kleben an seinem Kopf. Er zeigt auf den Löffel und seinen Inhalt. — Lass den Scheiß, Mark. Du hast doch selbst gesagt, dass du nicht wieder drücken willst.
    Renton schaut vom Couchtisch auf. Sein verdrießliches Gesicht scheint sagen zu wollen: Wenn es eine Person auf dieser Welt gibt, die diesen Fix verdient hat, dann bin ich das! — Komm mir jetzt nich damit, Nicksy! Hab gerade den Laufpass von Charlene bekommen …
    — Oh … verdammt! Tut mir leid, sagt Nicksy und geht wieder in die Küche, ohne zu wissen, warum. Eine schwungvolle 180-Grad-Drehung später hüpft er zurück ins Wohnzimmer. — Man muss dynamisch sein, murmelt er zu sich selbst.
    — Das hast du doch auch schon durch, Kumpel, meint Renton. Er schlingt das Kabel der Tischlampe um seinen dünnen Bizeps und klemmt es sich zwischen die Zähne, um es festzuziehen. — Kein sonderlich tolles Gefühl, oder?!, jammert er und ist irritiert über den Klang seiner Stimme. Fuck. Jetzt spreche ich echt schon durch die Nase!
    — Nein, das ist es wirklich nicht.
    — Siehst du! Charlene ist abgehauen. Sie hat einen Freund. Der Typ is wohl gerade ausm Knast gekommen, meint Renton und klopft eine Vene an seinem Handgelenk auf.
    — Das Zeug wird dir auch nich weiterhelfen.
    — Es geht nich ums Weiterhelfen . Es geht ums Sein . Und Schotte zu sein , bedeutet vor allem eine Sache: sich wegzuballern!, erklärt Renton und schiebt die Nadel langsam in sein Fleisch. — Für uns in Schottland ist das Dasein mit dem Rausch verbunden, und da geht es um viel mehr als nur um eine lustige Zeit oder ein grundsätzliches Menschenrecht. Für uns ist es ein Way of Life , eine politische Philosophie, verstehst du?! Schon Rabbie Burns hat es gesagt: Whisky und Freiheit gehören zusammen. Egal, was in der Zukunft passiert, wie sich die Wirtschaft entwickelt, welche beschissene Partei an der Macht ist – eine Sache ist sicher: Wir Schotten werden uns weiterhin bis zur Besinnungslosigkeit besaufen und uns allen möglichen Scheiß reinpfeifen, verkündet er. Sein ganzer Körper pulsiert vor freudiger Erwartung, als er das dunkle Blut in die Spritze zieht und dann seine ausgehungerten Venen von dem Elixier trinken lässt.
    Bis zum Anschlag, Alter, bis zum Anschlag …
    Wow … du scheißgeile Skagsau, du …
    Renton lehnt sich zurück in die durchgesessene Couch, deren quietschende Federn seinen Körper wie Sargträger halten. Er reißt den Mund zum Gähnen auf und fängt an zu lachen. — Skag rauchen … das ist doch die reinste Verschwendung … null kosteneffektiv …
    Nicksy hat keine Geduld, um fernzusehen oder sich die verdrogten Gedankengänge seines Freundes anzuhören. Das Speed tut seine Wirkung, und der Kick lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Mit angespannten Muskeln sitzt er im Sessel. Als ihm der stechende Geruch seiner eigenen Schuhe in die Nase kriecht, springt er auf und schaut hoch an die triste, cremefarbene Zimmerdecke.
    Marsha.
    Er hastet so eilig nach draußen, dass man meinen könnte, die Wohnung stände in Flammen.

Junk-Dilemma Nr. 1
    N icksy is wie ein geölter Blitz zur Tür raus. Echt super unlocker in letzter Zeit, der Kerl. Was is nur aus dem kleinen frechen Cockney-Boxer geworden, dem Hansdampf in allen Gassen, den nichts und niemand aus der Bahn werfen

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