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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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nach dem Akt, sprich: während des postkoitalen Moments, werde ich den Ring hervorzaubern und meinen Spruch aufsagen, um später mit ihr nach Norden zu Mama zu fahren. Es gibt da oben tatsächlich ein paar Gesichter (von Pussys ganz zu schweigen), die ich vermisse. Außerdem will ich sicherstellen, dass der Drecksack, aus dessen verschrumpeltem Bammel ich vor mehr als zwei Jahrzehnten getropft bin, meine Mutter in Ruhe lässt.
    Am Bahnhof Dalston Kingsland steigen wir aus der runtergekommenen North London Line aus – die eigentlich nur den einen Vorteil hat, dass sie quasi umsonst ist – und wandern Richtung Süden zu Nicksys Bude in der Holy Street. Cinders, sonst immer selbstbewusst und souverän, klammert sich an meinem Arm fest und bestätigt damit meine Vermutung, dass sie ein kleines bisschen zu soft für diese Gegend ist. Aber keine Angst, holde Jungfrau, Prinz Simon ist ja da, um dich zu beschützen.
    Von der anderen Straßenseite kommt uns diese diebische Elster, diese Fawcett-Majors-Plant-Schnitte namens Charlene, entgegen, die Rents auf der Fähre gebimst hat. Als wir aneinander vorbeigehen, schauen wir gleichzeitig in eine andere Richtung und tun so, als würden wir uns weder kennen noch bemerken. Warum sollte ich auch? An meinem Arm führe ich gerade eine äußerst wertvolle Perle spazieren – kein Vergleich zu dieser schmierigen Schlampe. Vielen Dank für das Angebot, Charlene, aber ich lehne dankend ab – und das, obwohl mir Lucinda gerade ganz gewaltig mit ihrem »Es ist ja alles so authentisch hier«-Gelaber auf den Kranz geht. Wenn ich authentisch gewollt hätte, wäre ich in Leith geblieben, aber egal. Soll sie ruhig weiter diesen Klischeevorstellungen von Töchtern aus besserem Hause nachhängen. Dummerweise hat sie mitbekommen, dass Charlene und ich uns größte Mühe gegeben haben, einander zu ignorieren. Das weckt natürlich mehr Verdacht, als es eine überschwängliche Begrüßung getan hätte. — Wer war dieses Mädchen?
    — Ach, das war nur diese feindselige Ziege, mit der Mark mal was hatte.
    — Und was ist mit dieser Penny?, fragt sie nach.
    — Genau, das frage ich mich auch!, erwidere ich mit gespielter Empörung. — Der Kerl hat echt die Moral einer Latrinenratte. Ich glaube …
    Was im Namen des Heiligen Vaters …
    — Was ist da los? Lucindas Griff wird noch einmal fester, als sie die Menschenmenge erblickt, die sich vor dem Beatrice Webb House drängt. Die Augen der Schaulustigen sind auf den Fenstersims eines der oberen Stockwerke gerichtet. Offensichtlich ist dort eine Person durch das Wohnungsfenster nach draußen geklettert. Es sieht so aus, als würde sie sich nur noch mit einem Arm am Fensterrahmen festhalten und jeden Augenblick die Verbindung zum Diesseits abbrechen wollen. Verdammte Scheiße! Jetzt erkenne ich den Lebensmüden. Es ist Nicksy! — Zum Teufel! Das ist mein Mitbewohner. Nicksy!
    — Das ist ja schrecklich, Simon … was … was tut er da?!
    Ich muss zugeben, dass mein erster Instinkt bei dieser Frage aus der glühenden Hoffnung besteht, dass er springt. Kann gut sein, dass es nur deshalb ist, weil ich so zu einer zentralen Figur im Drama eines kurzen und tragischen Lebens aufsteigen könnte. Ich denke an Nicksys Plattensammlung, die Renton und ich untereinander aufteilen würden. Das Geld könnten wir in ein bisschen Braunes investieren, um es nach oben in unsere Heimat zu exportieren, wo die Flachzangen und Provinzeier wahrscheinlich nicht mal wissen, was es überhaupt ist. Dann erst bemerke ich, dass es nicht der Fenstersims unserer Wohnung ist, auf dem er steht. Es ist viel weiter oben. Fuck. Das ist die Bude dieser bescheuerten Karibik-Schnitte, die die ganze Zeit Mal-hü-mal-hott mit ihm spielt!
    Dann entdecke ich sie in der Menge, die durchgedrehte Marsha: Sie steht mit ein paar farbigen Kids und deren schwergewichtigen Müttern zusammen, die allesamt so aussehen, als würden sie sich in der Reis-mit-Scheiß-Schlange immer dreimal anstellen. Als sie mich sieht, kommt sie mit einem wahnsinnigen Funkeln in den Augen zu uns rüber. — Er is in meine Bude gestürmt und hat rumgebrüllt wie ein Verrückter, Mann! Dann issa aus dem beschissenen Fenster geklettert!
    — Durchgedreht, erwidere ich trocken.
    Marsha schaut mich an, wissend, dass es mich einen Scheiß interessiert. Und eigentlich, finde ich zumindest, sollte auch sie nicht so tun, als würde es ihr besonders nahegehen. Lucinda und Marsha – die gut situierte und die verarmte Londonerin

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