Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
offen miteinander zu reden. Und so erklärte er ihr mit der gleichen Kaltschnäuzigkeit, mit der sie ihm erzählt hatte, dass sie andere Männer traf, wie die Dinge lagen: — Tanya und ich … wir haben beschlossen, es noch einmal miteinander zu versuchen. Wegen der Kinder.
    Alison fühlte, wie sie bei dieser Mitteilung innerlich in Flammen aufging. Ihr war nicht klar, warum sie so reagierte, denn eigentlich hatte sie nie eine langfristige Beziehung mit Alexander haben wollen. Vielleicht war es der Schock der Zurückweisung. Möglicherweise hatte die gemeinsame Zeit aber auch mehr mit ihr angestellt, als ihr bewusst war. — Schön für dich, antwortete sie so würdevoll wie irgend möglich. Sein melancholischer Blick verriet, dass es ihr ganz gut gelungen war. — Ich freue mich wirklich für dich und sage das nicht einfach nur so, erklärte Alison, obwohl das auf mindestens einer Ebene gelogen war. — Kinder brauchen beide Eltern, fügte sie um Überzeugungskraft bemüht hinzu. — Ich meine, ich wollte dich ja nicht heiraten oder so. Es war nur eine Bettgeschichte. Kein Grund, ein großes Theater daraus zu machen.
    Der leicht spottende und irgendwie geheimnisumwobene Ausdruck in ihrem Gesicht schmerzte ihn in seinem Inneren. Er liebte sie und fühlte angesichts der irreparablen Entwicklung ihrer Beziehung eine tiefe Traurigkeit. — Ich weiß wirklich nicht, ob es eine gute Idee ist, dass wir weiterhin zusammenarbeiten …
    — Ach, jetzt halt mal die Luft an, Alex! Dein Gerede macht mich langsam echt fertig, und das ist noch milde ausgedrückt!, wies sie ihn mit einem verbitterten Lachen zurecht, das er als erneute Verhöhnung empfand. — Bei mir lief eine Menge schief, und bei dir lief auch eine Menge schief. Wir hätten nicht miteinander ins Bett gehen sollen, aber es ist nun mal passiert. Punkt. Jetzt ist es vorbei, und ehrlich gesagt habe ich keinerlei Interesse daran, dass es die ganze Welt erfährt.
    — Verstehe …, sagte er zögerlich und fühlte sich dabei so schwach und hilflos wie ein kleiner Junge.
    Seine Passivität entfachte etwas in ihr. Alison dachte an ihre Mutter – wie sie gestorben war, ohne sich dagegen auflehnen zu können. Sofort kam ihr eine Zeile aus einem Klassiker von Dylan Thomas in den Sinn. Geh nicht gelassen in die gute Nacht. Sie musste an den zugrunde gerichteten Körper ihrer Ma denken: Schon lange vor dem letzten Atemzug war er so zerstört und ruiniert wie der einer Leiche gewesen. In einer Zeit, in der ihre Erwartungen und Ideale immer wieder starken Erschütterungen und Veränderungen ausgesetzt waren, hatte der Tod der Mutter die Erkenntnis gebracht, dass sie sich selbst unaufhaltsam auf ihrem Lebensweg vorwärtsbewegte. Was sollte das alles überhaupt? Diese Arbeit in der Stadtverwaltung, dieser Schwachsinn mit den bescheuerten Bäumen? Es war nichts weiter als ein Haufen bedeutungsloser Mist für blasierte Kretins, die nach einer Beschäftigung suchten. — Weißt du was, Alex? Ich werde es dir einfach machen, sagte sie plötzlich mit einem Knurren in der Stimme. — Ich kündige. In der Stadtverwaltung. Ich hab die Schnauze voll!
    — Sei nicht albern, Alison. Du kannst nicht einfach deinen Job hinwerfen. Das werde ich nicht zulassen, meinte Alexander und fühlte, wie seine Worte ungehört in dem ständig breiter werdenden Graben zwischen ihm und Alison versanken.
    — Einen Scheiß wirst du!, schimpfte sie und marschierte aus seinem Arbeitszimmer, lief, ohne Bill oder Carole anzuschauen, durch das Großraumbüro und knallte die Tür hinter sich zu. Draußen hastete sie durch den mit Eichenpaneelen verkleideten Flur, die Eingangshalle mit dem Marmorboden, die schweren Drehtüren und schließlich hinaus auf den von Säulenreihen eingefassten Platz vor dem Rathaus. Dann ging es die Royal Mile hinauf – weg von ihrer Wohnung. Sie fühlte sich so gut wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr, wusste aber sehr wohl, dass dieses Gefühl nicht lange anhalten würde.
    Mit Verachtung dachte sie daran, wie schwach er war. Auch sie war schwach gewesen, aber nur, weil es ihm an Stärke gemangelt hatte. Vielleicht war es besser so. Man konnte nie wissen.
    Man konnte überhaupt nichts wissen.
    Die Stadt war wunderschön. Sie war perfekt. Sicher, die Sozialbauviertel waren schrecklich. Dort gab es nichts. Dafür gab es im Zentrum alles. Alison ging weiter und öffnete sich diesem ehrfurchtsvollen Gefühl, das sie beim Anblick ihrer wunderschönen Stadt empfand. Sie bewunderte das

Weitere Kostenlose Bücher