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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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ihm so?«
    »Keine Ahnung, Mann.« Mit einem Mal scheint ein eiskaltes Visier vor seinem Gesicht herunterzuklappen.
    Als Nachmittagssnack gibt es Leber mit Zwiebeln, was barbarisch nach Pisse stinkt. Ergo: meine entschiedene Rückbesinnung auf den Vegetarismus. Der Fairness halber muss gesagt werden, dass auch ein paar der Hardcore-Karnivoren beim Anblick der Leber die Nase rümpfen und ziemlich neidisch auf meine Quiche starren, die nebenbei bemerkt nur geringfügig schmackhafter und so trocken wie die Mumu einer alten Nonne ist.
    Obwohl mich die neue Schärfe meiner Sinneseindrücke hin und wieder zu überfordern droht, bin ich doch froh, vom Methadon runter zu sein. Es fühlt sich nämlich so an, als würde man ein Ganzkörper-Kondom auf der Haut tragen. Glücklicherweise hat das nervöse Zittern nachgelassen. Mit dem emotionalen Auf und Ab hingegen habe ich immer noch zu kämpfen. In einem Moment fühlt sich das Leben vollkommen sinnlos an, im nächsten bin ich von Optimismus erfüllt und denke an die Zukunft. Keezbo hingegen scheint permanent down zu sein und möchte nichts von möglichen Bandplänen wissen. Dabei will er normalerweise über nichts anderes reden.
    Als ich heute versuchte, mit ihm über Musik im Allgemeinen und meinen Song »Cigarettes R Us« im Speziellen zu quatschen, meinte der Dicke nur: »Pst, Mr. Mark, Only Fools and Horses läuft gerade!« So kroch ich zurück in mein Zimmer und las Ulysses .
    Nach einer Weile klopfte Seeker an meine Tür. Ich ließ ihn rein, und er pflanzte sich in den kleinen Stuhl. Sein riesiger Körper schien das ganze Zimmer auszufüllen. »Schon mal Hell’s Angels gelesen?«, fragte er und nahm dabei das Buch zur Hand, das ich gerade am Wickel hatte.
    »Hunter S. Thompson? Aye, ich liebe es.«
    »Der Wichser ist ein verdammter Hochstapler. Hat sich den Mist größtenteils ausgedacht. Ich kenne nämlich ein paar von den Jungs aus Oakland.«
    »Aye?«
    »Aye«, meinte Seeker und erklärte mir dann, dass er das Skag aufgeben und nur noch dealen wollte. »Stimmt, was die Leute sagen: Am Ende drückst du dir selbst, was du eigentlich verticken solltest. Is sowieso ne Scheißdroge. Der erste Schuss ist der beste. Danach rennst du nur noch vergebens diesem High hinterher.«
    Komisch, wie ich einerseits alles unterschreiben könnte, was Seeker da von sich gab, andererseits aber nur sehr wenig nicht tun würde, um einen Schuss zu ergattern. Irgendwas krabbelt unter meiner Haut: biochemische Informationen, die durch meinen Körper strömen. Dabei ist es so verdammt real und physisch, dass ich es mit dem vergleichen würde, was Boxer »Muskelgedächtnis« nennen.
    Seeker starrte eine Weile mit einer angsteinflößenden Intensität auf das Cover von Ulysses . Es kam mir so vor, als wollte er den Inhalt des Buches durch pure Willenskraft in seinen Kopf zwingen wollen. Dann schaute er auf, strich sein Haar zurück und meinte: »Ich glaube, dieser Fools and Horses -Schwachsinn ist jetzt zu Ende.«
    Ich möchte festhalten, dass ich nach dem Frühstück eine rekordverdächtige Wurst ins Klo gedrückt habe. Die Dinge beginnen langsam wieder so zu funktionieren, wie sie sollen. Ich fühle mich immer noch etwas kribbelig, aber irgendwie auch ziemlich gut. Euphorisch wäre vielleicht übertrieben, aber erwartungsvoll trifft es ganz gut. Eigentlich fühle ich mich sogar derart großartig, dass ich direkt ausgehen und mir die volle Kante geben könnte!
    Und genau das ist das Problem!
    Tag 26
    Unsere Isoliertheit und der ununterbrochene Regen bringen mich auf die Idee, dass die Welt untergegangen sein könnte und wir die einzigen Überlebenden sind. Die Zukunft der Menschheit liegt in unseren Händen! In meinem Zimmer vermischen sich die düsteren Klänge von Bowies Meisterwerk Low mit dem Geräusch des auf die Erde prasselnden Regens.
    Heute haben wir Spud verabschiedet. Beim Frühstück überreichten wir ihm kleine Abschiedsbriefe, in denen stand, warum wir ihn vermissen werden. Das Ganze war eine weitere Übung unseres Reha-und-Entzugs-Gurus Tom. Er hatte Karten ausgeteilt, auf denen wir folgenden Satz vervollständigen sollten:
    Ich werde Danny vermissen, weil …
    Ich habe geschrieben: »… er mein bester Kumpel ist.«
    Als Spud die Karten las, schluckte er schwer und schaute uns nacheinander an. Besonders lange verweilte sein Blick bei Audrey und Molly. Letztere riss gerade einen Gutschein aus einem Magazin heraus, während Audrey auf dem Nagel ihres rechten Daumens herumkaute. Spud

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