Skagboys 01
er kommt jedes Mal mit dem gleichen Dreck an und jammert darüber, dass Moira und Jimmy ihn auf dem Balkon ihrer Wohnung im Fort ausgesperrt haben. Ich liebe den Kerl, aber langsam geht er mir gehörig auf die Ketten, und ich merke, wie ich ihn zu meiden versuche.
Ich empfinde etwas Mitleid mit Tom und Schwester Vierauge, die sich wahrscheinlich die gesamte Zeit über so in unserer Gruppe fühlen. Aber scheiß drauf, schließlich werden sie dafür bezahlt.
Journal-Eintrag: Über meine Mutter und deren Mutter
Als ich ungefähr zehn war, brachte mich meine Ma einmal zum Zahnarzt. Es war ein sehr heißer Tag, und so machten wir in den Princes Street Gardens eine Pause, um etwas zu trinken. Tee für sie, Saft für mich. Eine Gruppe von Touristen fragte uns in gebrochenem Englisch nach dem Weg. Meine Ma antwortete ihnen in perfektem Französisch und unterhielt sich noch eine ganze Weile ziemlich angeregt mit den Besuchern.
Nachdem die Franzosen abmarschiert waren, schaute sie ziemlich schuldig drein. Es war ihr peinlich, dass sie sich vor ihrem Sohn mit einer Gruppe Touristen in einer fremden Sprache unterhalten hatte. Ich fragte sie, woher sie so gut Französisch sprechen konnte, und ließ nicht eher locker, bis sie mir endlich eine Antwort gab. Offenbar war sie in der Schule so gut gewesen, dass man ihr ein Stipendium für die James Gillespie’s High School angeboten hatte, das ihre Ma, meine Granny Fitzpatrick, aber ablehnte. Meine Oma war nämlich der Meinung gewesen, dass die neue Schule »zu weit entfernt« von ihrem Heimatdorf Penicuik lag – und das, obwohl die Distanz gerade mal zehn Meilen betrug, was man locker mit zwei Bussen hätte schaffen können. Das schlimmste Detail an der Geschichte war allerdings die Tatsache, dass meine Ma sagte: »Ich denke mal, es war das Beste so.«
Schon damals dachte ich: »Das Beste, mein Arsch!«
Tag 33
Nach dem Frühstück kommen zwei Neue in die Einrichtung. Ein kleiner Kerl, der wegen seines hinkenden Gangs im Schneckentempo durch die Gegend schlurft und eine ausgeprägte Tendenz zum Sabbern hat, sowie eine unglaublich fette Schnitte, die sogar mehr als Keezbo auf die Waage bringt. Keine Chance, dass dieses Nilpferd mal ein echter Skaghead war. Ich interessiere mich aber nicht sonderlich für die beiden, da ich selbst schon auf meine Entlassung warte. Ich bin fest entschlossen, die Sache bis zum Ende durchzustehen.
Eigenartigerweise hege ich eine große Antipathie gegen die Neuankömmlinge – dieses ungleiche Paar, das so schrecklich einsam und verängstigt wirkt. Es ist erbärmlich und falsch, dass ich so empfinde, aber für mich sind diese Wichser nichts als Fremde, die sich in unseren eingeschworenen Zirkel drängen.
Tag 34
Jeden Tag ist irgendein Spinner aus der Gruppe wegen einer Sache vom Vortag sauer auf einen anderen »Reha-Teilnehmer«. Meist findet am Frühstückstisch dann die entsprechende Versöhnung statt. Der Porridge ist heute ganz akzeptabel – eher dick und nicht so wässrig oder gar klumpig wie sonst.
Dass Molly regelmäßig von Sick Boy bestiegen wird, irritiert Seeker etwas. Als das Alpha-Männchen, das er nun einmal ist, war er offensichtlich der Meinung, auch in der Sexschlange ganz vorne zu stehen. Zu dumm, dass das Thema Dominanz bei den Menschen doch ein bisschen komplexer ist als in der Tierwelt. Der härteste Wichser von allen muss nicht automatisch auch der erfolgreichste Stecher sein. Tatsächlich ist er das sogar relativ selten. Oftmals müssen sich die Alphas hinter dem gut aussehenden Kerl, dem frech-vorlauten Charmebolzen, dem Sportler, dem Komiker und/oder dem Intellektuellen in der Fickreihe anstellen. Kein Wunder also, dass die Alphas ständig so unentspannt sind.
Seeker und ich pumpen immer noch mit den Gewichten. Es ist zu einer Art Ritual geworden und hat mir – weit mehr als die Gruppengespräche oder die Einzelsitzungen mit Tom – durch diese fiese Depriphase geholfen. Neulich meinte ich morgens zu Seeker, dass ich das Training ausfallen lassen wollte, weil ich mich schlecht fühlte. Wie alle Psychopathen seines Kalibers hörte mir der Arsch natürlich nicht einen Moment zu. »Los, beweg dich. Du gehst jetzt mit mir pumpen!« Durch meine Bekanntschaft mit Begbie erkenne ich derartige Ich-diskutiere-nicht-mit-dir!-Momente mittlerweile ganz gut, sodass ich mich doch noch aufraffte und durch meine Sätze quälte. Und tatsächlich: Indem ich mich zum Training zwang, das Brennen in den Muskeln und das rauschende Blut in
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