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Skalpell Nr. 5

Skalpell Nr. 5

Titel: Skalpell Nr. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Baden , Linda Kenney
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oder?«
    »Nicht, wenn ihm sein Leben lieb war«, sagte Jake und dachte an das letzte Gespräch mit seinem Freund. »Das ist das Entscheidende. Pete wusste, dass er sterben würde. Da konnte es ihm egal sein, wenn er etwas wusste, was er nicht wissen sollte. Deshalb hat man ihn umgebracht. Und deshalb sind wir, die wir ihn kannten, in Gefahr.«

15

    D r. Geoffrey Renko war einer der renommiertesten forensischen Zahnärzte ganz Amerikas. Jake hatte ihn schon häufig beruflich um Rat gebeten und sich so selten wie möglich an ihn gewandt, wenn es um seine eigenen Zähne ging.
    Renko begrüßte ihn freundlich. »Setz dich, setz dich. Ich vermute, du bist nicht hier, um deine Zähne checken zu lassen?«
    »Nächsten Monat«, sagte Jake und wunderte sich erneut darüber, dass ein so massiger Mann so zarte Hände haben konnte. Sie saßen in Renkos Büro. Jake reichte ihm die Kinnlade. »Ich wollte dich bitten, dir das hier mal anzusehen.«
    Renko drehte den Knochen in der Hand. »Hast du irgendwelche zahnärztlichen Unterlagen?«
    Jake schüttelte den Kopf.
    »Den Rest des Schädels?«
    »Nur das, was du da siehst.«
    Renko lächelte. »Mein Ehrgeiz ist geweckt.«
    »Gut, ich hoffe nämlich, du kannst mir irgendwas erzählen, was für die Identifizierung des Opfers hilfreich sein könnte. Ich weiß nur, dass es eine junge Frau um die zwanzig ist, die wahrscheinlich Mitte der Sechzigerjahre starb, als sie Patientin in der psychiatrischen Klinik in Turner war.«
    Renko zog die Augenbrauen hoch. »Ha. Psychiatrische Klinik. Da geht es bei der zahnärztlichen Versorgung oft brutal zu.« Er nahm die Kinnlade in Augenschein. »Die Zähne bilden sich in jungen Jahren, deshalb könnten wir die Kohlenstoffisotope untersuchen, um festzustellen, ob sie als Kind eher Rohr- oder Rübenzucker gegessen hat. Das würde die Gegend einengen, in der sie aufgewachsen ist. Natürlich bräuchte man einen Kernreaktor –«
    »Ich hoffe, das wird nicht nötig werden«, sagte Jake, »aber auszuschließen ist es nicht.«
    Renko zog die Vergrößerungslampe herunter, die an einem Gelenkarm an der Ecke seines Schreibtisches befestigt war, und betrachtete den Kieferknochen mit der Konzentration eines Diamantenhändlers. »Aha … da haben wir schon was.« Er hielt Jake den Knochen hin. »Siehst du die vier Füllungen an den Zahnrändern? Das sind Zwischenzahnfüllungen mit Dreier-Goldfolie. War in den Fünfzigern verbreitet, ehe man sich darauf verlegte, Silikatzement und Acryl zu verwenden. Wenn die Arbeit in den Sechzigern gemacht worden ist, dann war sie da schon veraltet. Außerdem ist sie stümperhaft. Sie haben es zwar hingekriegt, aber mehr schlecht als recht.«
    »Dann könnte das ein schlampiger alter Zahnarzt auf dem Lande gewesen sein, der noch veraltete Materialien benutzte.«
    »Oder ein schlampiger junger. Wenn ein angehender Zahnarzt im Staat New York in den Sechzigern sein Examen bestehen wollte, musste er noch in der Lage sein, solche Füllungen zu machen.«
    »Vielleicht hatte sie kein Geld und musste in eine Zahnklinik gehen.«
    »Damals gab es im ganzen Staat nur drei Universitäten, wo man Zahnmedizin studieren konnte: Albany, New York University und Columbia. Manchmal boten staatliche Einrichtungen wie Gefängnisse oder psychiatrische Kliniken regelmäßig einen Tag an, an dem Studenten praktisch arbeiten konnten.«
    »Meinst du, die zahnmedizinischen Abteilungen an den Unis haben noch Unterlagen aus der Zeit?«
    »Bestimmt, falls sie ein Archiv haben. Und in der Klinik könnte es Kopien davon geben. Aber du suchst in jedem Fall die Nadel im Heuhaufen.«
    »Im Augenblick«, sagte Jake, »nehme ich, was ich kriegen kann.«

    »Sam, ich bin’s, Manny. Bei mir im Büro ist die Hölle los. Ich komm ein bisschen später.«
    »Ich kann jetzt nicht sprechen.«
    »Alles in Ordnung?«
    »Ich mache gerade Yoga.«
    »Und wieso bei Jake zu Hause?«
    »Weil hier super Schwingungen sind.«
    Ach so. »Haben Sie überhaupt schon angefangen?«
    »Mmmmm.«
    »Ich komme, sobald ich kann.«

    Als Jake sein Büro betrat, wurde er von einem Anwalt im Nadelstreifenanzug aufgehalten, der sich als Anthony Travaglini vorstellte und für die Kanzlei arbeitete, von der sich die Stadt New York vertreten ließ. »Ich bin hier, um Ihnen das zu übergeben«, sagte er und reichte Jake einige zusammengeheftete Unterlagen.
    Jake schaute auf das Titelblatt: ELIZABETH MARKIS, VERWALTERIN DES NACHLASSES VON PETER JOSEPH HARRIGAN, GEGEN: DR. JACOB ROSEN UND DIE

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