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Skalpell Nr. 5

Skalpell Nr. 5

Titel: Skalpell Nr. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Baden , Linda Kenney
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sie sich nach seiner Warnung mit Jake und Sam getroffen hatte? Will er mich jetzt umbringen?
    Moment! Draußen erklang ein Geräusch. Was ist das? Ein Motor. Eine Elektrosäge! Manny unterdrückte ein Schluchzen und blieb schreckensstarr stehen. Ihr Herz pochte so laut, dass sie es über das Surren des Motors hinweg hörte. Der Schatten bewegte sich wieder, entfernte sich von der Tür und verschwand aus ihrem Gesichtsfeld.
    Dussel! Das ist keine Säge; da ist keiner, der dich in Stücke schneiden will. Das da draußen ist kein Mann. Das ist die Putzfrau. Und sie poliert den Boden, wie jeden Abend um diese Zeit. Mein Büro liegt an der Ecke; da fängt sie an. Sie hat sich gebückt, um das Gerät einzuschalten.
    Tränen der Erleichterung schossen ihr in die Augen. »Puh«, sagte sie laut und dann noch einmal »Puh«. Sie zog ihren Mantel an, schob sich den Träger der Handtasche über die Schulter und öffnete – mit einem letzten Anflug von Beklommenheit – die Tür.
    Ja, es war die Putzfrau, und sie bearbeitete gerade den Boden vor der Zahnarztpraxis.
    »Guten Abend«, sagte Manny, ganz stolz, weil ihre Stimme so sicher klang.
    Die Frau drehte sich um. Sie trug ein Tuch, das ihre Haare und ihr Gesicht verdeckte, ein weites Blümchenkleid und – seltsam – Stiefel aus Eidechsenleder von Tod’s. Sündhaft teuer.
    Welche Putzfrau trägt denn …?
    »Guten Abend«, antwortete die Frau. Sie ließ das Poliergerät stehen und kam auf Manny zu, hielt ihr etwas entgegen wie ein Geschenk.
    Ein Messer!
    Das Licht auf dem Korridor war hell; es sprang von der Stahlklinge ab wie Funken aus einem Feuer.
    Manny wirbelte herum, lief los, glitt auf dem glatt polierten Boden aus. Schon stand die Frau über ihr, das Messer bereit, die Hand hinter den Kopf gehoben. Manny schrie, schrie, schrie noch einmal, und der Schrei hallte über den Flur, bis die Frau mit dem Messer zustieß und Manny nicht mehr schreien konnte.

    Sie erwachte in grellem Licht und mit einem stechenden Schmerz im rechten Oberschenkel. Sie lag in einem Bett – keine Frage –, aber es war nicht ihr Bett zu Hause. Es roch und fühlte sich eher so an wie ein – Krankenhausbett?
    Sie schlug die Augen auf. Tatsächlich, sie war im Krankenhaus. Trotzdem fragte sie: »Wo bin ich?«, eine Frage, die sie schon immer mal hatte stellen wollen.
    »Saint Vincent’s«, antwortete eine Stimme.
    Sie hob den Kopf. Da stand Dr. Jacob Rosen in voller Krankenhausmontur und lächelte sie an. Ich habe bestimmt einen Albtraum.
    Dann kehrte die Erinnerung zurück. Ihr Büro, die Silhouette, die Frau mit den Eidechsenleder-Stiefeln, das Messer – oh Gott, das Messer! Sie versuchte, sich aufzusetzen, doch ein Schwindelgefühl drückte sie zurück aufs Kissen. Ihr Mund fühlte sich komisch an, als hätte sie auf Tweed herumgekaut.
    »Schön liegen bleiben«, sagte Jake. Er trat näher und nahm ihre Hand. Vielleicht ja doch kein Albtraum. »Die Putzfrau hat Sie gefunden und den Notarzt gerufen.«
    »Die Putzfrau? Aber die hat mich doch … War sie schwarz oder weiß?«
    »Schwarz.« Also eine andere Frau. »Sie haben auf dem Flur vor Ihrem Büro gelegen. Jemand hatte sie niedergestochen. In Ihrem Oberschenkel ist eine Wunde – gut zehn Zentimeter lang.«
    »Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«
    »Sie hatten Ihren Organizer in der Blazertasche. Die Sanitäter haben die Notfallnummern angerufen, die Sie gespeichert hatten, und schließlich Kenneth Boyd erreicht. Der hat mich dann verständigt.« Jake schüttelte noch immer verwundert den Kopf. »Den Anruf werd ich mein Lebtag nicht vergessen.«
    »Wo ist er denn? Und kümmert er sich um Mycroft?«
    »Er bringt Mycroft über Nacht zu Ihrer Mutter. Er hat gesagt, er kann kein Blut sehen und Krankenhäuser nicht ausstehen. Er will Sie erst wiedersehen, wenn Sie entweder gesund oder tot sind.«
    Sie schloss die Augen. »Und was bin ich?«
    »Gesund – oder fast gesund. Wenn die Betäubung nachlässt, werden Sie starke Schmerzen haben, aber es ist bloß eine Fleischwunde. Im Laufe des Vormittags werden Sie hier entlassen, und in ein paar Tagen können Sie schon wieder ganz prima gehen.« Er zog einen Stuhl ans Bett. »Fühlen Sie sich in der Lage, mir zu erzählen, was passiert ist?«

    Ihre Worte waren unzusammenhängend, was zum einen an den Medikamenten lag, aber zum größeren Teil daher rührte, dass sie sich nur an bruchstückhafte Bilder erinnerte und nicht an den gesamten Ablauf.
    »Sind Sie sicher, dass Sie von einer Frau

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