Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Skandal

Titel: Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
Vom Netzwerk:
Freundinnen?«
    »Ich bin in finanziellen Dingen nicht ganz unbegabt, und daher
    tue ich, was ich kann. Die Damen, die Sie heute kennengelernt haben, waren alle sehr nett zu mir. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, um es ihnen zu vergelten.« Sie lächelte ihn tröstend an. »Aber ich versichere Ihnen, daß wir uns normalerweise einer lebhaften Diskussion über die letzten Neuerscheinungen auf dem Sektor Romane und Gedichte widmen. Gerade erst letzte Woche haben wir Miss Austens Buch Stolz und Vorurteil intensiv analysiert. Ich wollte Ihnen zu diesem Thema einen Brief schreiben.«
    »Was haben Sie von dem Roman gehalten?«
    »Nun, ich nehme an, auf seine Art ist das alles recht erfreulich. Damit will ich sagen, daß Miss Austen gewiß sehr gut schreiben kann. Sie besitzt eine wunderbare Gabe, gewisse Charaktertypen deutlich zu zeichnen, aber...«
    »Aber?« Er war wider Willen neugierig.
    »Die Sache ist die, daß ihr Stoff so überaus gewöhnlich ist, meinen Sie nicht auch? Sie schreibt über allzu gewöhnliche Menschen und Vorfälle.«
    »Miss Austen ist kein Byron, das gestehe ich Ihnen jederzeit zu.«
    »Das ist gewiß wahr«, stimmte ihm Emily mit übersprudelnder Begeisterung zu. »Ihre Bücher sind recht unterhaltsam, aber es fehlt ihnen an den spannenden und exotischen Qualitäten, die Lord Byrons Werke aufweisen, ganz zu schweigen von dem Abenteurergeist und der exzessiven Leidenschaft. Der Literarische Zirkel hat gerade Der Giaur zu Ende gelesen.«
    »Und war gewiß davon begeistert?«
    »Oh, ja. Eine so wunderbare Atmosphäre, derart bemerkenswerte Abenteuer und ein so faszinierendes Gespräch für die finsteren Leidenschaften. Ich habe es ebenso sehr bewundert wie Junker Harolds Pilgerfahrt. Ich kann Byrons nächstes Werk kaum erwarten.«
    »Sie und fast ganz London.«
    »Sagen Sie mir, Sir, haben Sie gehört, wie genau das G in Giaur ausgesprochen werden soll? Hart oder weich? Letzten Donnerstag haben wir viel Zeit darauf verwandt, über diesen Punkt zu diskutieren, und keine von uns konnte ganz sicher sein, obwohl Miss Bracegirdle, die sich glänzend in Frühgeschichte auskennt, glaubt, es müsse weich gesprochen werden.«
    »Das ist eine Frage, die meines Wissens noch nicht gelöst ist«, sagte Simon ausweichend. Er hatte bisher noch keine Gelegenheit gehabt, das Gedicht zu lesen, und er hatte auch nicht die Absicht. Er hatte sich nur gerade lange genug mit romantischer Literatur und Lyrik befaßt, um seinen Köder auszuwerfen. Da seine Falle mit dem Köder jetzt bald zuschnappen würde, hatte er keine große Lust, jemals wieder ein episches Gedicht über Leidenschaft und Abenteuer zu lesen. Er konnte weit Besseres mit seiner Zeit anfangen.
    »Ich glaube kaum, daß es eine große Rolle spielt«, versicherte ihm Emily taktvoll. »Ich meine, das mit dem G.«
    Simon zuckte die Achseln. »Ich kann mir vorstellen, daß es für Byron eine große Rolle spielt.« Sie hatten den Bach erreicht und waren jetzt vom Weg aus nicht mehr zu sehen. Er wandte sich automatisch nach rechts und setzte sich flußaufwärts in Bewegung.
    Mit einer ungekünstelten Anmut, die dem alternden Gewand mehr Schick verlieh, als es in Wirklichkeit besaß, lüpfte Emily die Röcke ihres ausgeblichenen Reitkostüms. Sie sah sich neugierig in der Gegend um. »Entschuldigen Sie, Mylord, aber Sie scheinen zu wissen, wohin Sie gehen wollen. Erinnern Sie sich noch von früher an diesen Weg, als Sie als Kind hier in der Gegend gelebt haben?«
    Simon warf einen Seitenblick auf sie. Natürlich hatte sie diese Information zwangsläufig schnell zu hören bekommen. »Woher wissen Sie, daß meine Familie hier wohnhaft war?«
    »Lavinia Inglebright hat es erwähnt.«
    »Es ist viel Zeit vergangen, seit ich in dieser Gegend gelebt habe«, sagte Simon vorsichtig.
    »Und doch ist es ein höchst verwunderlicher Zufall, nicht wahr?
    Stellen Sie sich nur vor, Mylord, daß Sie den Briefwechsel mit mir ursprünglich aufgenommen haben, weil Sie durch Zufall dahintergekommen sind, daß ich Ihr großes Interesse an romantischer Literatur teile. Und dann erfahren wir, daß Sie als Kind in der Nähe von Little Dippington gelebt haben. Und jetzt haben wir einander auch noch kennengelernt. Das ist doch ganz und gar unglaublich.«
    »Im Leben gibt es immer wieder die merkwürdigsten Zufälle.«
    »Ich ziehe es vor, darin das Schicksal wirken zu sehen. Wissen Sie, ich kann Sie direkt vor mir sehen, wie Sie als kleiner Junge hier an diesem Bach entlangrennen,

Weitere Kostenlose Bücher