Skandal
die Sie je getätigt haben.« Sie unterbrach sich, als die Ehrlichkeit die Oberhand gewann. »Aber natürlich ist auch noch der unselige Vorfall zu berücksichtigen. Mir ist klar, daß er in hohem Maß gegen mich spricht. Aber vielleicht wird es niemand zur Kenntnis nehmen, wenn ich auf dem Land bleibe und gar nicht erst versuche, in der besseren Gesellschaft aufzutreten?«
»Miss Faringdon, ich versichere Ihnen, der unselige Vorfall ist die geringste meiner Sorgen.«
»Sie glauben, wir können den Skandal erfolgreich im Verborgenen halten?« fragte sie begierig.
»Ich kann Ihnen bedenkenlos versichern, Miss Faringdon, daß der Skandal, falls wir heiraten sollten, vom selben Augenblick an nicht mehr existiert.«
6
»Sie heiraten. Mich soll der Teufel holen, Mann, das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Welches teuflische Spiel spielen Sie denn jetzt?« Broderick Faringdon, der sich hinter dem massiven Mahagonischreibtisch in der Bibliothek verbarrikadiert hatte, schaute mit aufgesperrtem Mund und unverhohlenem Erstaunen finster zu seinem Besucher auf. »Wir wissen beide, daß ein Mann mit einem Titel wie dem Ihren gar nicht daran denkt, ein Mädchen mit Vergangenheit zu heiraten.«
»Ich glaube, ich sollte Sie warnen, sich außerordentlich vorsichtig auszudrücken und sich genau zu überlegen, wie Sie über meine Verlobte reden. Der Umstand, daß Sie Emilys Vater sind, würde mich nicht davon abhalten, Sie zum Duell herauszufordern. Tatsächlich würde mir das sogar das größte Vergnügen bereiten.« Simon ging zur Cognackaraffe und goß sich noch ein Glas von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit ein.
Er wußte, daß dieses schlichte Vorgehen, mit dem er zeigte, wie sehr er sich hier heimisch fühlte, einen ohnehin schon verwirrten und erbosten Broderick Faringdon noch mehr in Wut versetzen würde.
»Mich zum Duell herausfordern? Mich zum Duell herausfor-dern? Verdammt noch mal, Blade, ich kann einfach nicht glauben, daß ich meinen eigenen Ohren trauen soll. Das ist doch unsinnig. Sagen Sie mir, was hier vorgeht, Sie verfluchter Kerl. Ich weiß, was Sie ursprünglich vorgehabt haben. Sie hatten die Absicht, mich zu erpressen. Sie wollten mir damit drohen, meine Tochter zu Ihrer Mätresse zu machen, wenn ich Ihnen die St. Clair Hall nicht überlasse.«
»Wie sind Sie bloß auf den Gedanken gekommen? Meine Absichten sind durchaus ehrenwert, das versichere ich Ihnen.«
»Das können Sie einem anderen weismachen. Ich habe viel über Sie gehört, Sir. Sie sind dafür bekannt, daß Sie unergründlich sind. Hier geht etwas ganz Merkwürdiges vor. Weshalb sollten Sie meine Tochter heiraten wollen?«
Simon betrachtete die Aussicht durch das Fenster, während er seinen Cognac trank. »Meine Gründe gehen Sie nichts an. Sagen wir doch einfach, ich bin der Überzeugung, daß wir beide blendend miteinander auskommen werden.«
»Falls Sie Vorhaben sollten, ihr in irgendeiner Form Leid zuzufügen, dann werden Sie mir dafür büßen, das schwöre ich Ihnen.«
»Es erleichtert mich zu hören, daß Sie gewisse väterliche Gefühle für sie hegen. Aber regen Sie sich nicht auf. Ich habe nicht die Absicht, sie zu schlagen.« Simon sah sich über die Schulter und schaute zum Bücherregal. »Es sei denn, sie macht mir übermäßig viele Schwierigkeiten«, fügte er hinzu und hob dabei die Stimme ein wenig an.
»Glauben Sie vielleicht, ich würde Ihnen die St. Clair Hall als Aussteuer meiner Tochter überlassen? Ist es das, worauf Sie es abgesehen haben?« fragte Broderick grob. »Wenn ja, dann müssen Sie gewaltig umdenken.«
»Oh, Sie werden mir die St. Clair Hall überlassen, Faringdon. Ich habe die Absicht, Ihnen beides wegzunehmen, Ihre Tochter und das Haus.«
»Den Teufel werden Sie tun. Was glauben Sie wohl, wie Sie mich dazu bringen können, Ihnen sowohl mein Haus als auch meine Tochter zu überlassen?«
»Ich werde Ihnen als Anreiz die verlockende Möglichkeit in Aussicht stellen, Emily ab und zu sehen zu dürfen. Wir wissen beide, daß Sie alles tun werden, was ich sage, solange Sie auch nur die kleinste Chance sehen, mit Ihrer Tochter in Kontakt zu treten. Wenn ich ihr andererseits den Umgang mit Ihnen gänzlich untersage, und das ist mein Recht als ihr Ehemann, dann wissen sowohl Sie als auch ich, wie es um Sie bestellt sein wird. Innerhalb von drei Monaten wird die St. Clair Hall zum Verkauf stehen. Äußerstenfalls sechs.«
»Ich kann dieses Haus allein unterhalten. Als Emily noch nicht erwachsen war, habe ich
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