Skandal
zögernd zu ihm auf, und in ihrem Blick standen Neugier und Verwunderung. »Und?« fragte sie, als sie sah, daß seine Wimpern sich hoben.
Simon starrte auf sie herunter und kam sich enorm stumpfsinnig vor. »Was und?«
»Glaubst du, es hat geklappt?«
Simon bemerkte, daß er den Gesprächsfaden verloren hatte. Er versuchte, sich zu konzentrieren. »Ob was geklappt hat?«
»Unser Experiment, die metaphysische Kommunikation zu vertiefen. Fühlst du dich mir jetzt auf der transzendentalen Ebene näher, Simon?«
»Gütiger Gott.« Er blinzelte und drehte sich langsam auf die Seite, und dabei preßte er sie an seine nackte Brust. Ein paar Sekunden lang starrte er die hohe Decke an und war bemüht, seinen klaren Verstand wiederzufinden.
»Simon?« Schüchtern berührte sie das Haar auf seiner Brust.
»Ja, zum Teufel«, brummte er und überlegte sich dabei, daß es im Moment nichts gab, worüber er so wenig hätte nachdenken wollen wie über metaphysische Kommunikation.
»Das freut mich«, sagte sie schlicht und legte den Kopf auf seine Schulter.
Simon sah auf ihre roten Locken, die im Widerschein des Feuers funkelten. Wie blankes Kupfer, dachte er. Dann brach die Realität mit voller Wucht über ihn herein. »Das ist unsere Hochzeitsnacht.«
»Ja.«
»Unsere Hochzeitsnacht, und ich habe gerade auf dem Fußboden der Bibliothek mit dir geschlafen. Der Bibliothek, um Gottes willen.«
»Ich ziehe die Vorstellung vor, daß du auf dem Fußboden der Bibliothek Liebe mit mir gemacht hast«, sagte Emily und gähnte hemmungslos.
»Ich muß vollkommen von Sinnen gewesen sein.« Simon setzte sich abrupt auf und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. »Wir sollten oben in deinem Bett liegen. Oder in meinem Bett.«
»Reg dich nicht auf, Simon. Für mich spielt das keine große Rolle, wo wir unsere Hochzeitsnacht verbringen.« Emily lächelte schläfrig. »Wenn du willst, kann ich die Einzelheiten in meinem Tagebuch aussparen.«
»Gütiger Gott. Laß unter allen Umständen die Einzelheiten in deinem verdammten Tagebuch weg.« Er sprang auf die Füße und zog sich hastig seinen Morgenmantel an. Dann streckte er die Arme aus, zog Emily auf die Füße und zog ihr das Musselinnachthemd über den Kopf. Er sah, daß es infolge des Aktes, den sie vollzogen hatten, und zum Beweis ihrer Jungfräulichkeit Flecken auf wies, und ihm wurde klar, daß sie auf dem Kleidungsstück gelegen haben mußte, als er sie genommen hatte. Eilig stopfte er sie in ihren Morgenmantel aus Chintz. Vage Schuldgefühle durchzuckten ihn.
»Emily, ist alles in Ordnung mir dir?«
Sie rümpfte die Nase. »Ich fühle mich klebrig. Und ein wenig wund. Aber ansonsten geht es mir gut. Was ist mit dir? Fühlst du dich in Ordnung, Simon?«
»Ja, mit mir ist alles in Ordnung«, teilte er ihr mürrisch mit. Er hob sie auf seine Arme und machte sich auf den Weg zur Tür.
Aber mit ihm war gar nichts in Ordnung. Er fühlte sich äußerst seltsam, und dieses Gefühl behagte ihm gar nicht. Er hatte bei dieser Frau vollständig seine Selbstbeherrschung verloren.
Das war ihm bisher noch nie passiert. Er hätte die Situation von Anfang bis Ende im Griff haben müssen. Er hätte die ganze Angelegenheit mit weit mehr Finesse handhaben müssen. Statt dessen war er vom Strudel einer Leidenschaft umhergeschleudert worden, der ihm die Selbstbeherrschung geraubt hatte.
Simon gestand sich grimmig ein, daß dieser rotschopfige Kobold von einer Ehefrau heute abend diejenige gewesen war, die die Dinge in der Hand gehabt hatte, ob sie es nun wußte oder nicht. Von dem Moment an, in dem er den Brief auf ihrem Kopfkissen gefunden hatte, hatte sie ihn gewaltig an der Nase herumgeführt. Simon fragte sich, ob sie auch nur eine Ahnung hatte, wieviel Macht sie heute abend über ihn gehabt hatte. Frauen waren nie langsam darin, ihre eigene Macht wahrzunehmen, und eine Faringdon würde schneller als die meisten anderen ihren Nutzen daraus ziehen.
Aber sie war jetzt keine Faringdon mehr, rief sich Simon ins Gedächtnis zurück. Jetzt gehörte sie ihm.
»Simon...« Emily schaute unsicher zu ihm auf, als er sie zur Treppe trug. »Bist du böse auf mich?«
»Nein, Emily«, sagte er zu ihr, als er begann, die Treppenstufen mit dem roten Teppich hochzusteigen. »Ich bin nicht böse auf dich.«
»Auf deinem Gesicht steht ein reichlich seltsamer Ausdruck.« Sie lächelte abgeklärt. »Ich nehme an, das sind die Nachwirkungen unserer Bemühungen, gleichzeitig auf der physischen und der
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