Skandal
metaphysischen Ebene zu kommunizieren. Sehr ermüdend, meinst du nicht auch?«
»Ganz verdammt ermüdend«, sagte Simon.
8
Emily eilte am nächsten Morgen erwartungsvoll nach unten zum Frühstück, doch nur, um festzustellen, daß ihr hübsches neues Vormittagskleid vergeudet war. Simon erwartete sie nicht, um ihr Komplimente zu dem Biesenvolant am Halsausschnitt oder den Stickereien auf dem Rock zu machen, an denen die Näherin des Dorfs so emsig gearbeitet hatte. Ihr wurde mitgeteilt, er sei ziemlich früh ausgeritten.
Niedergeschlagen setzte sich Emily hin und sah verdrossen zu, wie ein Bediensteter ihr Kaffee einschenkte. Als Simon sie in der letzten Nacht nach oben in ihr Bett getragen hatte und dann in sein eigenes Zimmer gegangen war, war sie zutiefst enttäuscht gewesen. Aber sie hatte sich gesagt, so würden die Dinge in der feinen Welt nun einmal gehandhabt. Schließlich wußte doch jeder, daß Paare selten die ganze Nacht miteinander schliefen. Zweckehen führten zu Beziehungen, in denen die Leute eine Menge Ruhe verlangten.
Aber obwohl sie wußte, daß sie sich schuldig gemacht hatte, Simon zu einer Zweckehe zu überreden, zumindest von seiner Seite aus, war Emily sicher gewesen, daß ihre Beziehung zu ihm ganz etwas anderes sein würde. Vor allem nach dem, was gestern nacht passiert war.
Emily spürte, wie ein kleiner transzendenter Schauer sie durchzuckte, als die Erinnerungen wiederkehrten. Jetzt errötete sie schon allein bei dem Gedanken, wie ihr zumute gewesen war, als sie nackt in Simons Armen vor dem Feuer gelegen hatte. Ihre Nerven prickelten, als sie sich an das seltsame hypnotische Funkeln in den goldenen Augen ihres Mannes erinnerte, als er sie auf den Teppich gepreßt hatte. Es war eine schockierende und doch merkwürdig erregende Erkenntnis gewesen, daß er tatsächlich in sie eingedrungen, ein Teil von ihr geworden war.
Diese Erfahrung war vollkommen anders als alles, was sie sich je ausgemalt hatte. Ihre Sinne hatten unter diesem Ansturm buchstäblich geschwirrt. Es stimmte zwar, daß sie nicht das faszinierende Gefühl von Erlösung erlebt hatte, das Simon ihr verschafft hatte, als er sie zum ersten Mal intim gekost hatte, aber das, was letzte Nacht passiert war, war tiefgreifender. Sie hatten sich eine Zeitlang zu einem einzigen Wesen zusammengeschlossen.
Simon hatte durchaus recht gehabt, dachte Emily versonnen, als sie ihren Kaffee trank. Eine solche körperliche Vereinigung mußte zwangsläufig ihre Verbindung auf der transzendentalen Ebene vertiefen. Es war undenkbar, daß etwas so Verblüffendes, so Mächtiges und Überwältigendes es unterlassen konnte, Geschehnisse in der metaphysischen Welt zu beeinflussen. Es mußte einfach eine Verbindung zwischen den beiden Reichen bestehen.
Sie konnte sich darauf verlassen, daß Simon das verstand und edelmütig darauf beharrte, seine ehelichen Pflichten im Namen metaphysischer Experimente zu erfüllen. Er war offenkundig entschlossen, das Beste aus dieser Ehe zu machen. Und Emily wußte ganz genau, daß er früher oder später an den Punkt gelangen würde, sie so innig zu lieben, wie sie ihn liebte.
Das war unausweichlich, vor allem jetzt, da ihre Kommunikation sowohl auf der physischen als auch auf der metaphysischen Ebene vertieft wurde. Dennoch erschien ihr heute die Stille im Morgenzimmer unerwartet trostlos, obwohl sie es gewohnt war, allein ihr Frühstück zu sich zu nehmen. Sie überlegte sich gerade wehmütig, daß es doch nett gewesen wäre, wenn Simon sie aufgefordert hätte, mit ihm auszureiten, als Duckett den Raum betrat. Seine sauertöpfische Miene drückte ernste Mißbilligung aus.
»Ich bitte um Verzeihung, Madam«, sagte Duckett schroff, »aber Ihr Vater hat einen Jungen mit einer Nachricht zur Küche geschickt. Es scheint so, als sei Ihre Anwesenheit im südlichen Garten erwünscht.«
Emily blickte erstaunt auf. »Mein Vater? Aber der ist doch direkt nach der Hochzeit mit Devlin und Charles nach London aufgebrochen.«
Duckett schaute finsterer denn je, falls so etwas überhaupt möglich war. »Anscheinend nicht, Madam. Ich fürchte, er hält sich momentan im südlichen Garten auf.«
»Wie seltsam. Warum kommt er nicht ins Haus?«
Duckett räusperte sich und sagte mit einem Anflug von Zufriedenheit: »Ich glaube, Seine Lordschaft, der Earl, hat Ihrem Vater verboten, das Haus ohne die ausdrückliche Genehmigung Seiner Lordschaft zu betreten, Madam. Soweit ich weiß, ist diese Regelung gestern nach dem
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