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Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute

Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute

Titel: Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Volk
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mir jetzt nicht und beklagen sich, dass der Film so grausam war. Denn offenbar wollten Sie ihn ja doch sehen, sonst hätten Sie ja gehen können.› […] Ich will den Zuschauer zu der Frage verführen, warum er aus diesem Film nicht rausgeht. Im Hollywood-Mainstream zahlt der Zuschauer dafür Geld, dass er seine Aggressionen ausleben kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Das finde ich zynisch.»
    Michael Haneke (zit. nach: Rüdiger Suchsland: Kann man Bildern trauen? Interview mit Michael Haneke. In: Film-Dienst, Nr. 2, 19.1.2006.)
    Vielleicht ist Haneke im Umfeld heutiger Pädagogik nicht ganz zuhause. Sie hat nämlich längst erkannt, dass für Einsicht und Umkehr zum Guten nicht Abscheu vor dem Bösen als Triebfeder taugt oder gar Einsicht und Einkehr bewirkt. Unsere Eigenhaftung am Unrecht lässt sich nur schwer durch Argumente ablösen und durch Angstgefühle vor schädlichen Folgen abbauen. Es gilt vielmehr, alternative ‹Inszenierungen› von Lust zu entwickeln, wie sie die sogenannte ‹Erlebnispädagogik› einfallsreich praktiziert, um der Sache mit dem ‹Kick› auf der Spur zu bleiben, einem Anreiz zum Objektwechsel für Interesse, Spannung und Lust. Ich zweifle am teuer erkauften Sinn von Hanekes säkularisiertem Heilsangebot. In diesen Wochen hat ein Philosophenkongress wieder am giftigen Duft der ‹Blumen des Bösen› geschlürft, um auf seinen verführerischen Geschmack zu kommen (Baudelaire). Dass er jederzeit abrufbar ist, konnten Psychologie und Pädagogik bisher nicht verhindern. Aber dass auch Gefühle wie Menschenliebe, Gemeinsinn, Mitleid und Vergebung und ein überfließendes Herz ‹duften› können, überlässt den ‹Blumen des Bösen› wenigstens nicht alle Chancen. Diesen Duft auch im Kino in die Nase zu bekommen, ist gewiss nicht weniger ‹sehenswert› als Hanekes ‹Thriller›. Er deckt auch Modergeruch auf, den im eigenen Herzen ganz gewiss.»
    Leserbrief von Paula Linhart, langjährige Vertreterin Bayerns in den Ausschüssen der FSK, zur Kritik von F UNNY G AMES im Film-Dienst. 7
FUNNY GAMES U.S.
    Bei F UNNY G AMES U.S. (2007) handelt es sich um ein «Shot-by-Shot-Remake». Das heißt: der Film folgt Einstellung für Einstellung dem österreichischen Original von 1997. Hintergrund dieser Remakestrategie war, dass Haneke seinen ursprünglichen Film nach eigenen Aussagen nicht etwa verbessern oder variieren, sondern lediglich dem durchschnittlichen US-Publikum zugänglich machen wollte, welches sich untertitelten oder synchronisierten Filmen gewöhnlich verweigert. Der Anspruch von F UNNY G AMES U.S. war demnach in erster Linie, das Original in die englische Sprache zu übersetzen. Darüber hinaus verlagerte Haneke den Schauplatz des Filmes von Österreich in die USA und inszenierte das Remake mit einer Starbesetzung: Naomi Watts (21 G RAMS , K ING K ONG ) und Tim Roth (D ARK W ATER ) schlüpften in die Opferrollen; Michael Pitt (L AST D AYS ) und Brady Corbet (24) gaben die fiesen, unnahbaren Killer. Der Versuch, auf diesem Wege ein möglichst breites Hollywoodpublikum in die Kinos zu locken und dort dann schmerzhaft mit den eigenen Seherwartungen zu konfrontieren, misslang allerdings gleich doppelt: der Film floppte an den Kinokassen, und die erhoffte Aufregung blieb weitgehend aus.
     
    1 Beide Zitate nach: www.filmfestivals.com/cannes97/cfilmd17.htm (10.08.2010).
    2 Josef Lederle: Funny Games. In: Film-Dienst , Nr. 18, 1997.
    3 Zitiert nach: Interview mit Michael Haneke. In: Der Standard , 12.9.1997.
    4 Zitiert nach: Urs Jenny, Susanne Weingarten: Kino ist immer Vergewaltigung. In: Der Spiegel , Nr. 38, 15.9.1997.
    5 Zitiert nach: www.filmtipps.at/films/fun.php (10.08.2010).
    6 Christian Buß: Sadismus für Nostalgiker. 29.5.2008. Auf: Spiegel Online . www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,556248,00.html (10.08.2010).
    7 Paula Linhart: Zur Kritik „Funny Games" in FD 18/1997, S. 16. In: Film-Dienst, Nr. 22, 1997.

I DIOTEN
Spielen wir noch? – der Film
    Eine Gruppe junger Leute aus gutbürgerlichen Elternhäusern spielt «verrückt», um in einer kleinen dänischen Gemeinde die «Spießer» aufzumischen. Auf diesen Nenner lässt sich die Ausgangssituation für das Experiment im «Dogma»-Experiment zusammengefasst bringen. Die vermeintlich geistig Behinderten ziehen als Wohngemeinschaft in einer leerstehenden Villa ein, wohlwissend dass solche Einrichtungen bei ihren feinen Nachbarn unerwünscht sind. Mit ihrem «idiotischen» Auftreten suchen die jungen Leute bewusst

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