Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
ihrerseits mit einem mädchenhaften Lächeln - obwohl sie vergangenen Monat ihren siebzigsten Geburtstag gefeiert hatte. »Ihre Braut!«, rief sie. »Wie viele Herzen diese Nachricht brechen wird.« Sie schaute sich um. »Aber sagen Sie, warum sind Sie alle hier?«
Ihre Frage lähmte die Anslowes. Ohne Lady Humphries Hand loszulassen, erwiderte Julian glatt: »Ein unglücklicher Zufall. Das Unwetter, wissen Sie? Sir Edward hatte mir erlaubt, seiner Tochter einen Antrag zu machen, und ich dachte, ein Ausflug aufs Land zu einer reizvollen kleinen Wiese, die ich kenne, wäre der richtige Ort, Miss Anslowe mein Herz zu Füßen zu legen.« Er lächelte Lady Humphries verschwörerisch
zu. »In dieser Annahme habe ich mich auch nicht getrogen, und da ich die Antwort erhalten hatte, die ich mir erhofft hatte, machten wir uns auf den Rückweg. Dabei wurden wir von dem Sturm überrascht … ein … äh … Rad löste sich, sodass wir hier Schutz suchen mussten.« Er machte eine umfassende Geste zu den Anslowes. »Glücklicherweise fanden uns, ehe auch nur der Hauch von Ungehörigkeit sich regen konnte, Sir Edward und Robert, die ja darum wussten, dass wir mit einer offenen Kutsche unterwegs und daher dem Gewitter schutzlos ausgeliefert waren. Das Unwetter erreichte seinen Höhepunkt, und wir beschlossen, es wäre unklug, zurück nach London zu fahren. Daher haben wir die Nacht hier verbracht, zusammen. Wir wollten gerade aufbrechen, als Sie kamen.«
»Verstehe«, erwiderte Lady Humphries. Sie wusste sehr gut, dass man ihr eine Lügengeschichte aufgetischt hatte. Es gab eine Menge, das ungesagt blieb, aber wenn sie Lord Wyndham nicht ins Gesicht sagen wollte, dass er ein Lügner war, wusste sie nicht, wie sie mehr herausfinden sollte. Was sie dagegen erfahren hatte, war faszinierend genug. Nachdem bekannt geworden war - und dafür würde sie sorgen -, dass sie das frisch verlobte Paar unter so außergewöhnlichen Umständen angetroffen hatte, würde sie überallhin eingeladen werden. Alle würden die Geschichte von ihren Lippen hören wollen - und sie war bereit, sie zu erzählen.
Das Quartett mit einem Lächeln bedenkend, murmelte sie: »Nun, wenn es nichts gibt, das wir für Sie tun können, setzen wir unsere Reise besser fort.« Listig bemerkte sie: »Ich freue mich schon auf die Ankündigung Ihrer Verlobung in der Times .«
Mit der Begeisterung eines verurteilten Verbrechers auf dem Weg zum Galgen schaute Nell zu, wie Lord und Lady
Humphries gingen. Ihr Blick fiel auf Julian, und sie verzog das Gesicht. Sie war verlobt. Mit ihm!
Als die Kutsche der Humphries rumpelnd davonfuhr, sah Julian zu Sir Edward und sagte: »Ich glaube, die Anwesenheit von Lord und Lady Humphries erübrigt jede weitere Diskussion, Sir. Von diesem Moment an sind Ihre Tochter und ich offiziell verlobt - Sie können sich darauf verlassen, dass Lady Humphries die Neuigkeit in der guten Gesellschaft herumerzählt. Ich schlage vor, wir brechen unverzüglich nach London auf - ehe wir mehr Besucher bekommen. Ich werde es übernehmen, eine Nachricht an die Times zu schicken.«
Sir Edward war einverstanden, und kurze Zeit später saßen alle vier in der Kutsche der Anslowes auf dem Weg zurück in die Stadt. Außer der Festlegung von Details der bevorstehenden Eheschließung - trotz Nells Einspruch war man sich einig, dass die Hochzeit rasch stattfinden sollte - wurde auf der Fahrt nicht viel gesprochen, besonders die Frischverlobten schwiegen. Während die Kutsche ruckelnd und schaukelnd über die unebene Straße holperte, begnügte Nell sich damit - von knappen Antworten auf an sie direkt gestellte Fragen abgesehen -, Julian finster anzustarren. Und Julian fragte sich die ganze Zeit, ob er vielleicht verrückt geworden war.
Nach Catherines Tod hatte er eigentlich fest vorgehabt, nie wieder zu heiraten, und in den Jahren, die seitdem vergangen waren, hatte er nichts gesehen oder erlebt, das seine Meinung geändert hätte. Und dennoch war er jetzt hier und erwog genau das. Es stimmte, er hatte sich dazu genötigt gesehen, und es hatte keine andere ehrenhafte Lösung gegeben, aber er stellte fest, dass die Vorstellung, Eleanor Anslowe zu ehelichen, ihn nicht mit dem Abscheu und dem Widerwillen erfüllte, die er eigentlich empfinden müsste. Er
musste wohl wirklich verrückt sein, beschloss er. Warum sonst nahm er die plötzliche Wendung mit so fröhlicher Gelassenheit hin?
Seine Fröhlichkeit verflog in dem Moment, da er vor seinem Stadthaus aus der
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