Skeleton Key: Alex Riders Dritter Fall
Conrad sie nicht sehen konnte. Die Michael-Owen-Figur lag verdeckt in einer Hand.
»Setz dich!«, zischte Conrad.
»Schon in Ordnung, Conrad«, sagte Alex beruhigend. »Ich gehe nirgendwohin. Ich möchte nur die Beine ein wenig strecken.«
Sarow hatte sich wieder in seinen Sessel gesetzt. Er blätterte in den Papieren, die der Mann ihm gegeben hatte. Alex schlenderte an ihm vorbei. Sein Mund war trocken und er war heilfroh, dass sich der Herzschlagsensor, mit dem er am Tor der Plantage entdeckt worden war, nicht im Flugzeug befand. Wenn man den Sensor jetzt auf ihn gerichtet hätte, wäre sein Herzschlag wahrhaftig ohrenbetäubend gewesen. Aber dies war seine letzte Chance. Er maß jeden Schritt vorsichtig ab. Auf dem Weg zu seinem eigenen Schafott würde er wahrscheinlich nicht angespannter sein als jetzt.
»Wo willst du hin, Alex?«, fragte Sarow.
Alex drehte zweimal Michael Owens Kopf.
»Nirgendwohin.«
»Was hast du da in deinen Händen?«
Alex zögerte, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. Er konnte nicht so tun, als hätte er nichts in der Hand, ohne Sarow noch misstrauischer zu machen, als er ohnehin schon war. Er hielt die Figur hoch. »Nur meinen Glücksbringer«, erklärte er. »Michael Owen.«
Noch einen Schritt. Er drehte den Kopf des Spielers einmal in die Gegenrichtung.
Zeh n … neu n … ach t … siebe n …
»Setz dich hin, Alex!«, befahl Sarow.
»Ich habe Kopfweh«, antwortete Alex. »Ich brauche nur ein bisschen frische Luft.«
»Du wirst das Flugzeug nicht verlassen.«
»Nein, natürlich nicht, General.«
Fün f … vie r …
Alex hatte die Türe erreicht und spürte frische schottische Luft in seinem Gesicht. Ein Schlepper zog gerade die Gangway weg. Alex beobachtete, dass der Spalt zwischen der Treppe und der Flugzeugtür immer breiter wurde.
Dre i … Zwe i …
»Alex! Auf deinen Sitz!«
Alex ließ die Figur fallen und warf sich nach vorn.
Conrad sprang auf wie eine wütende Schlange, die Pistole in der Hand.
Die Figur explodierte.
Alex spürte die Gewalt der Explosion hinter sich. Mitten im Sprung sah er einen zuckenden Lichtblitz und hörte einen ohrenbetäubenden Donnerschlag, obwohl dabei keine Fenster zersprangen und auch weder Feuer noch Rauch zu sehen waren. Doch Alex’ Ohren dröhnten und einen Augenblick lang war er geblendet. Aber er war bereits außerhalb des Flugzeugs gewesen, als die Stun-Granate explodierte. Die Gangway entfernte sich immer mehr. Hatte Alex den Sprung falsch berechnet? Würde er sie verpassen? Der Asphaltboden lag mehrere Meter unter ihm. Bei einem Sturz aus dieser Höhe würde er sich vermutlich mindestens ein Bein brechen. Oder sogar umkommen. Verzweifelt warf er die Arme nach vorn und landete flach auf dem Bauch auf der oberen Plattform der Gangway, während Unterleib und Beine noch in der Luft baumelten. Schnell kletterte er vollends hinauf und richtete sich auf. Der Mann mit den roten Haaren starrte ihn erstaunt an. Alex rannte die Treppe hinunter, die sich immer noch bewegte. Als seine Füße den Boden berührten, wurde er von einer Woge der Erleichterung überschwemmt. Frei! Er war zu Hause. Und es sah so aus, als hätte Smithers’ Granate ihre Aufgabe erfüllt. In dem Flugzeug bewegte sich nichts. Niemand schoss auf ihn.
»Was zum Teufel machst du da?«, fragte der Mann verblüfft.
Alex ignorierte ihn. Das war sicherlich nicht die richtige Person, an die er sich wenden sollt e – und außerdem musste er so viel Abstand wie möglich zwischen sich und das Flugzeug bringen. Smithers hatte gesagt, dass die Stun-Granate den Feind nur einige Minuten lang außer Gefecht setzen würde. Zweifellos würden Sarow und Conrad bald aufwachen. Und sie würden gewisss keine Sekunde zögern, ihn zu verfolgen.
Er jagte davon. Aus den Augenwinkeln sah er, dass der Rothaarige ein Funkgerät aus der Tasche zerrte und hineinsprac h – aber das war Alex egal. Um das Flugzeug herum standen noch andere Männer, die mit dem Auftanken beschäftigt waren. Auch sie mussten die Explosion gehört haben. Selbst wenn Sarow Alex wieder gefangen nahm, würde das Flugzeug wegen der Explosion wahrscheinlich nicht mehr starten dürfen.
Allerdings hatte Alex nicht die Absicht, sich wieder gefangen nehmen zu lassen. Keuchend jagte er auf die Verwaltungsgebäude zu, die er am Rand des Flughafengeländes gesehen hatte. Endlich erreichte er eine Tür und wollte sie aufreißen. Verschlossen! Er blickte schnell durch das Fenster und sah eine Halle und ein
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