Skelett
Tage kein Alibi haben?«
»Richtig. Aber ich gebe Ihnen gern eine Liste mit den Kunden, die ich angetroffen habe.«
»Das wird nicht nötig sein«, sagte Tweed. »Kommen wir zu meiner zweiten Frage. Wer hat alles einen Schlüssel für die Büroräume hier im Haus? Wer könnte sie nachts ungehindert betreten?«
»Ich habe einen, Lucinda hat einen … und Michael hatte auch einen. Aber den werden ihm wohl die Leute abgenommen haben, die für seinen bedauernswerten Zustand verantwortlich sind.«
»Wer hat sonst noch einen Schlüssel?«, fragte Tweed.
»Aubrey Greystoke. Und …« Er hielt inne. »Das ist so traurig. Seine Frau Lee hatte auch einen. Den hat ihr, soweit ich weiß, Drago persönlich gegeben. Sonst niemand mehr. Lucinda ist auf höchste Sicherheit bedacht.«
»Wer von Ihren Führungskräften versteht eigentlich etwas von Buchhaltung?«
Larry lehnte sich zurück und runzelte die Stirn. »Merkwürdige Frage, aber Sie werden schon Ihre Gründe dafür haben. Da wäre zunächst einmal ich selbst. Ich verfüge über ziemlich gute Kenntnisse im Bilanzwesen, was bei meiner Position aber nun einmal unumgänglich ist. Allerdings bin ich kein geprüfter Buchhalter. Aubrey als Leiter unserer Finanzabteilung hat selbstverständlich einen Abschluss als Wirtschaftsprüfer. Selbst Lucinda, die Zahlen hasst, verfügt über die nötigen Qualifikationen. Nicht zu vergessen Michael, der ebenfalls ein Diplom als Buchhalter hat. Er mochte das Studium nicht, hat es aber trotzdem in Rekordzeit abgeschlossen. Vielleicht gerade deshalb. Michael ist ein außergewöhnlich kluger Kopf.«
Tweed trank von seinem Kaffee, bevor er weiterredete.
»Wie geht es Michael eigentlich?«
»Bisher unverändert, muss ich leider sagen. Er spricht noch immer kein Wort, was mir große Sorgen macht.«
»Wie verbringt er denn seine Tage? Er ist doch noch in Abbey Grange, oder?«
»Ja, das ist korrekt. Punkt acht Uhr jeden Morgen marschiert er nach Post Lacey, wie damals, als er noch für uns gearbeitet hat. Dann macht er kehrt, geht nach Abbey Grange zurück und verkriecht sich in seinem Zimmer, wo er seltsame Bücher liest.«
»Inwiefern sind diese Bücher seltsam?«
»Sie behandeln ungewöhnliche Themen. Grays Handbuch der Anatomie scheint momentan sein Lieblingsbuch zu sein.«
»Was hatten Sie für eine Meinung von Lee Charlton?«
Paula kannte diese unvermittelten Themenwechsel. Wenn Tweed in Fahrt geriet, waren sie typisch für ihn.
»Lee? Ich mochte sie.« Larry stand auf. »Jetzt könnte ich einen Scotch vertragen. Möchten Sie auch einen?«
»Nein, vielen Dank«, antworteten Tweed und Paula wie aus einem Mund.
Larry kehrte mit einem großen Glas Scotch zu seinem Stuhl zurück, trank das Glas zur Hälfte leer und setzte sich. »Ich mochte Lee«, wiederholte er. »Ich kannte sie zwar nicht sehr gut und habe mich auch nur ein einziges Mal länger mit ihr unterhalten. Dabei ist mir aufgefallen, dass sie außergewöhnlich intelligent war. Wie Sie sicher bereits wissen, kann Aubrey attraktiven und willigen jungen Damen nur schwer widerstehen. Das war schlimm für Lee, und als sie plötzlich verschwand, dachten wir alle, dass sie ihn nun endgültig verlassen hat. Eine schreckliche Geschichte.«
»Ja, das kann man sagen.« Tweed erhob sich. »Ich glaube, das wäre für den Moment alles. Vielen Dank, dass Sie uns Ihre Zeit geopfert haben.«
»Wenn Sie noch etwas wissen wollen, zögern Sie nicht, mich anzurufen.«
Ungefähr eine Stunde zuvor war Charmian, der französische Profikiller, von seinem Motorrad gestiegen und hatte sich vergewissert, dass niemand in der Nähe war, bevor er die öffentliche Telefonzelle betrat.
Dieses Mal befestigte er einen kleinen Metallkasten am Telefonhörer, bevor er seinen Auftraggeber anrief. Für den Fall, dass jemand versuchen sollte, diesen Anruf zurückzuverfolgen, sorgte der Kasten dafür, dass die Telefonnummer einer gewissen Mrs Wilson ausgespuckt wurde. Die ahnungslose Dame, deren Name Charmian dem Londoner Telefonbuch entnommen hatte, lebte in Hammersmith, meilenweit entfernt von der Telefonzelle, in der er stand.
Das Telefon klingelte zur verabredeten Zeit.
»Hier M«, meldete sich die verzerrte Stimme, von der Charmian immer noch nicht wusste, ob sie die eines Mannes oder die einer Frau war.
»M?«, fragte Charmian.
»M wie Moschee. Haben Sie Tweed inzwischen aufgespürt?«
»Er und seine Assistentin sind unterwegs auf der M3 in Richtung Gantia-Anlage.«
»Beseitigen Sie Tweed. So
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