Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
überall durchpasste, dann tat sie das sicher auch. Verlegen wischte sie sich die Hände an der Hose ab.
»Es hat keinen Sinn, Sie heute noch in die Stadt zu bringen. Da macht um fünf Uhr alles zu. Verbringen Sie einfach die Nacht bei uns. Morgen früh wird Harold Sie dann zum Sheriff fahren.« Die Frau ging in den hinteren Teil des Hauses, und Mia folgte ihr wie ein Hündchen.
»Werde ich?«, brummte Harold.
»Oh ja, aber hallo. Und jetzt Schluss mit den frechen Antworten. Diese junge Dame hat genug mitgemacht.«
Mia ließ sich gern von der alten Dame bemuttern.
»Also, ich bin Alice Dixon«, redete sie ohne Pause weiter, während sie flauschige rosa Handtücher herauslegte. »Meinen Mann Harold kennen Sie ja schon. Zuerst werden Sie sich einmal waschen, während ich einen schönen Topf voll Gemüsesuppe aufsetze. Die braucht nicht so lange.«
»Was ist mit Fleisch?«, brummte Harold.
»Du weißt, was Doc Malone über Fleisch sagt. Nun geh bitte den Tisch decken.«
Seufzend begab sich der schlaksige alte Herr in die Küche, um der Bitte seiner Frau nachzukommen.
»Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sagte Mia, während sie Alice zum Badezimmer folgte. »Sie haben mir das Leben gerettet.«
»Unsinn, simple Hilfsbereitschaft. Ich denke, ich habe in der Kommode noch ein paar Sachen von meiner Tochter aus der Zeit, als sie noch bei uns gewohnt hat. Sie ist ein bisschen größer als Sie, kommt auf Harold heraus, aber es wird schon gehen, während ich Ihren … Pyjama wasche.«
»Machen Sie sich keine Umstände. Werfen Sie ihn einfach weg, bitte. Ich möchte das Ding nicht mehr sehen.«
Alice erstarrte. »Heißt das, der Mann hat Sie –«
Mia schüttelte den Kopf. »Nein, er hat mich nicht angefasst, ganz ehrlich.«
Nur entführen lassen, beraubt und eingesperrt. Rowan war quasi ein Heiliger.
»Gott sei Dank. Sie finden uns dann in der Küche.«
Der prasselnde Strahl der Dusche war das Beste, was sie seit Langem erlebt hatte. Sie schrubbte sich gefühlt mehrere Hautschichten ab, um den Schrecken des unterirdischen Gefängnisses loszuwerden. Sollte Søren auch dort eingesperrt gewesen sein, wunderte sie sich nicht mehr über seine Besessenheit davon, Rache zu nehmen.
Sie trocknete sich ab und wickelte sich in ein Badetuch. Die Kleidung, von der Alice gesprochen hatte, lag gleich vor der Badezimmertür auf dem Teppich. Ein blauer Omaschlüpfer, ein Sport-BH, eine blaue Trainingshose, die ein Stück zu lang war, und ein rotes T-Shirt der Atlanta Falcons. Traumhaft.
Die duftende Suppe lockte sie in die Küche, die ebenso gepflegt wirkte wie das übrige Haus. Auf eine einladende Geste hin setzte sich Mia gegenüber von Harold an den Tisch und löffelte die Suppe in sich hinein. Ohne sich zu zieren, aß sie ganze zwei Teller davon sowie zwei Scheiben selbst gebackenes Brot, die dick mit Butter bestrichen waren.
»Sie haut rein wie Sam«, sagte Harold in beinahe freundlichem Tonfall.
»Sam ist unsere Tochter«, erklärte Alice.
Mia senkte verlegen den Blick. »Ich habe lange nichts mehr gegessen.«
»Das ist völlig in Ordnung. Sie werden heute Nacht in Sams Zimmer schlafen. Sie ist bereits erwachsen und lebt jetzt in Phoenix, wo sie Physik unterrichtet. Wir sehen sie viel zu selten.«
Als hätten die Worte der älteren Dame einen Schlafzauber geborgen, wurden Mia auf einmal die Lider ganz schwer. Schlafen wäre so himmlisch. In diesem Moment fiel ihr auf, dass die Albträume nicht wiedergekommen waren, seit sie mit Søren geschlafen hatte. Wer behauptete also, Sex könne nicht heilsam sein?
»Ich weiß, es ist noch früh, aber hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich nun ein wenig aufs Ohr hauen würde?«
»Überhaupt nicht«, entgegnete Alice freundlich. »Aber vorher möchte ich noch Ihre Füße verarzten.«
Mia war den Tränen nahe, als die alte Dame den Verbandkasten holte und ihre blutigen Schrammen versorgte. In einem anderen Leben hätte sie vielleicht auch so eine Mutter gehabt, eine, die ihr Kind hätschelte und umsorgte. Sam, die Physiklehrerin, musste verrückt sein, so weit wegzuziehen. Wahrscheinlich hielt sie ihre Eltern für altmodisch und peinlich. Mia hätte losheulen können. Und wenn sie sich nun nicht schleunigst in das Gästezimmer verzog, würde sie noch die Haltung verlieren.
»Sie haben nicht zufällig einen Computer?«, fragte sie, als Alice gerade das letzte Pflaster aufklebte.
»Bestimmt nicht«, blaffte Harold. »Ich sehe nicht, dass wir einen bräuchten.
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