Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
dem Spiel stand, hatte er sich vorher nicht von Lexie verabschieden können, wodurch er gezwungen war, heil aus der ganzen Sache herauszukommen. Er musste am Leben bleiben. Er musste Mia aus dem Labor holen. Er musste … allerhand anderes tun.
»Aufmachen!«
Rowan ging auf den Fahrstuhl zu. »Ich brauche freie Hände.«
Das ließ sich nicht bestreiten. Als Søren ihm die Fesseln durchschnitt, warnte er den Wissenschaftler jedoch. »Sollten Sie mich angreifen, werde ich Ihre Körperteile benutzen, um hineinzugelangen.«
»Das weiß ich, Dummkopf.« Rowan rieb sich die wunden Handgelenke, dann wandte er sich der Tastatur zu und runzelte die Stirn. »Sie reagiert nicht. Da ist etwas nicht in Ordnung.«
»Was soll das heißen?« Søren überkam eine dunkle Vorahnung. Er schauderte.
»Genau das, was ich sage. Ist Englisch nicht Ihre Muttersprache?«
»Nein. Und jetzt machen Sie endlich diese verdammte Aufzugtür auf!«
»Das kann ich nicht. Es liegt anscheinend eine Systemstörung vor.«
»Aber es gibt doch sicher eine Notsteuerung und eine Leiter in den Schacht. Wollen Sie mich hier oben festhalten, damit Ihre Leute mich überwältigen können?« Søren blickte ihn kalt an. »Das haben Sie vor, stimmt’s?«
Rowan reckte herausfordernd das Kinn, befasste sich dann aber wieder mit der Tastatur. Endlich öffneten sich die Türen, doch eine unerträgliche Hitze schlug ihnen entgegen, und sie hörten Flammen tosen. Rauchgasexplosion! Søren hechtete in den Siloraum zurück und rollte sich gerade hinter die Stahlwand, als sich die glutheiße Druckwelle durch den Schacht nach oben ausbreitete.
Rowan war nicht schnell genug oder hatte, anders gesagt, nicht so viel Glück. Man könnte auch behaupten, das Karma dabei eine große Rolle spielte. Jedenfalls schrie er wie ein Schwein auf der Schlachtbank.
Mit einer Spritze in der Hand kroch er auf Søren zu, das Gesicht und die Hände entsetzlich entstellt und nach verbranntem Fleisch riechend.
Das ist die Strafe für Noreen.
»Selbst jetzt wollen Sie mich noch angreifen? Jetzt noch?«, fragte Søren ungläubig.
»Nein«, röchelte Rowan. »Nicht angreifen. Gillie. Alles ist verloren. Alles. Meine Forschung, meine Gillie, alles weg. Ich möchte, dass Sie dem Ganzen ein Ende bereiten.« Mit einem flehenden Blick hielt er Søren die Spritze hin. »Bitte.«
Søren war wie erstarrt. Diesem Mann gebührte keine Gnade, der Scheißkerl verdiente einen qualvollen Tod. Und damit er ihn bekäme, bräuchte Søren nur wegzugehen. Es würde Stunden, vielleicht sogar Tage dauern, bis Jasper Rowan das Zeitliche segnete. Wie ferngesteuert sah er sich nach der Spritze greifen, die Schutzkappe entfernen, Rowan in den Oberschenkel stechen und das Gift in den Muskel drücken. Ein Gnadentod – nach all der Zeit also das.
Und Mia ist noch dort unten.
Es gab nun niemanden mehr, dem er die Schuld geben konnte, keinen Rachefeldzug, um sich abzulenken. Dieses Mal musste er sich der Realität stellen. Er hatte sie im Stich gelassen. Søren fiel auf die Knie, der Schmerz über sein Versagen schien ihn zu erdrücken, regelrecht zu lähmen, und er konnte weder weinen noch beten oder wehklagen. Sein Herz fühlte sich wie ein schwarzes Loch an, das alles verschluckte.
Stunden später taumelte er aus dem Silo in die Dämmerung hinaus. Es blieb nur noch eines zu tun.
Mia rannte.
Vor einer ganzen Weile schon hatte sie sich von den anderen getrennt, nachdem sie von einer rothaarigen Frau darauf hingewiesen worden waren, dass eine große Gruppe leichter aufzuspüren sei. Aber Mia hatte auch nichts dagegen gehabt, endlich von diesem furchterregenden Riesen wegzukommen. In dieser wirklich beschissenen Situation war sie allein sicher besser dran.
Zugegeben, noch besser wäre es natürlich, wenn sie endlich Søren finden würde. Er sorgte sich bestimmt um sie. Vorausgesetzt, sie lag richtig und bedeutete ihm tatsächlich etwas. Was ihn betraf, vertraute sie nicht auf ihren Instinkt. Vielleicht war er nun ja sogar froh, dass er sich keine Gedanken mehr um sie zu machen brauchte und seinen Rachefeldzug zu Ende führen konnte, ohne abgelenkt zu sein.
Vorausgesetzt, er ist überhaupt noch am Leben.
Wenn er hinter der Zerstörung des Labors steckte, war er selbst vielleicht nicht mehr herausgekommen, nachdem sie den Aufzug benutzt hatten. Aber es wäre dumm gewesen, auf ihn zu warten, da sie nicht einmal genau gewusst hatte, ob er sich zu diesem Zeitpunkt wirklich im Labor aufhielt. Nach allem, was sie
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