Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
sonderbare Angst. Auf den Fluren war es immer still. Die Angestellten blieben in ihren Abteilungen hocken, als würde der große böse Wolf an den Türen vorbeischleichen. Auf dem Weg zum Ostflügel begegnete sie niemandem, was angesichts der Größe des Komplexes ungewöhnlich war.
Sie zog die Schlüsselkarte durch das Lesegerät, das daraufhin ihren Mitarbeiterausweis abfragte. Den zog sie ebenfalls durch den Schlitz, und die Tür öffnete sich. Es war vernünftig, den Computer prüfen zu lassen, ob der Nutzer der Karte der IT-Abteilung angehörte.
Halb erwartete sie, hinter der Tür unheimliche Musik zu hören oder rätselhafte Schatten zu sehen, doch der vor ihr liegende Flur unterschied sich nicht von dem, den sie gerade entlanggekommen war. Interessanterweise gab es am anderen Ende des Gangs eine zweite Tür mit Kartenlesegerät. Davor lagen zwei Computerräume mit Servern.
Warum trennte man die Labors von den Computerräumen?
Vermutlich standen auch PCs in den Labors, die aber von jemand anderem gewartet wurden, von einem Labormitarbeiter. Falls nicht, mussten die Laboranten durch die Sicherheitstür, um ihre Ergebnisse zu protokollieren oder auswerten zu lassen. Ersteres war einleuchtender, aber ihr gefiel nicht, worauf das hindeutete. Was die hier tun, ist so geheim, dass nicht mal die IT-Leute einen Blick darauf werfen dürfen, trotz der Verschwiegenheitserklärung.
Sie empfand wachsendes Unbehagen.
Es gab eine Möglichkeit, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Sie könnte Strong bitten, ihr Einblick in die Personalakten der Labormitarbeiter zu gewähren, einschließlich der Lebensläufe. Wenn einer von denen eine Ausbildung im Bereich IT hatte, dann gab es hinter dieser zweiten Tür ein zweites Computersystem. Es wunderte sie, dass sich in ihrer Abteilung offenbar niemand danach erkundigt hatte. Aber vielleicht kassierten die Kollegen gern zu viel Gehalt für zu wenig Arbeit und besaßen die Neugier einer toten Auster.
Sie schob die Gedanken beiseite und betrat den vorderen Computerraum. Auf den ersten Blick war keine Störung erkennbar. Der Internetzugang funktionierte, das Intranet auch. Sie schickte eine firmeninterne Test-E-Mail mit ein paar Zeilen an Thomas Strong. Schmunzelnd stellte sie sich vor, wie er versuchte, den Sinn zu entschlüsseln.
Blieb noch der angrenzende Computerraum. Darin saß eine Frau stirnrunzelnd vor einem Monitor. Sie war etwa Mitte zwanzig, hatte braune Haare und ein unscheinbares Gesicht. Ihr weißer Kittel verriet, dass sie jenseits der zweiten Tür arbeitete. Mia verkniff es sich, sie auf die Laborarbeit anzusprechen.
»Was ist los?«, fragte sie stattdessen.
Die Laborantin fuhr erschrocken zusammen, als die gewohnte Stille so plötzlich unterbrochen wurde, doch sie entspannte sich auch nicht, nachdem sie Mia gesehen hatte. »Ich habe ein Problem gemeldet«, sagte die Frau unsicher.
»Und ich bin hier, um es zu beheben.« In mehr als einer Hinsicht. »Was für eine Störung liegt vor?«
»Ich wollte Forschungsergebnisse auf einen USB-Stick ziehen, bekomme aber die Meldung, die Datei sei nicht vorhanden.«
Ach, so eine Art Störung, na großartig. Greg hat doch von einem Netzwerkproblem gesprochen.
»Haben Sie die Datei versehentlich gelöscht? Ist sie vielleicht im Papierkorb gelandet?« Mia beugte sich über die Tastatur und öffnete den Ordner, aber er war leer.
»Ich bin nicht blöd«, erwiderte die Kollegin verärgert – »Kelly Clark« stand auf ihrem Namensschild. »Das war das Erste, was ich geprüft habe.«
»Haben Sie schon die Festplatte durchsucht?«
Zehn Minuten lang half Mia der Frau, anhand der relevanten Daten, an die diese sich erinnerte, eine erweiterte Suche durchzuführen. Doch die erbrachte kein Ergebnis. Sehr merkwürdig. Die Datei war verschwunden, und für eine Datenrettung fehlte Mia das nötige Gerät.
»Das verstehe ich nicht«, murmelte Kelly.
»Benutzt sonst noch jemand diesen Computer?«
»Klar, eine Menge Leute. Aber ich logge mich mit meinem Namen und Passwort ein. Meine Arbeitsergebnisse sollten für andere nicht zugänglich sein.«
Dann wunderte sich Mia, warum Kelly sie auf einen USB-Stick ziehen wollte. Hatte sie vorgehabt, sie ins Labor hinüberzuholen oder etwa nach draußen zu schmuggeln? Mia fand das Ganze äußerst verdächtig, doch sie wurde nicht dafür bezahlt, dass sie wegen Wirtschaftsspionage ermittelte. Wenn nicht nur Geld, sondern auch Firmengeheimnisse gestohlen wurden, sollten sie ihr ein zweites
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