Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
Honorar zahlen und ihr entsprechend mehr Zeit geben, um die Sache aufzudecken.
»Wissen Sie noch, wann Sie sich eingeloggt haben? Ich kann Ihnen eine Liste ausdrucken. Daran könnten Sie sehen, ob jemand anderes Ihr Passwort benutzt und die Datei entfernt hat.«
Kelly nickte gespannt, und ihre braunen Augen leuchteten. »Ja, das würde mir wirklich helfen. Ich führe nämlich Buch darüber.«
Mia startete eine Suche nach dem Benutzernamen und druckte dann ein Protokoll über alle Zugriffe auf dieses Profil während der letzten sechzig Tage aus. Die Laborantin holte ihre eigenen Notizen hervor und verglich sie mit der Liste. Den abweichenden Eintrag fand sie schnell.
»Hier.« Sie tippte auf den Ausdruck. »Jemand hat sich eingeloggt, als ich letzte Woche einen Tag frei hatte. Ich wette, da ist auch meine Datei verschwunden.«
»Wie problematisch ist das für Sie?« Es ging Mia wirklich nichts an, aber ihre Neugier war immer schnell geweckt, was sie auch so erfolgreich in ihrem Beruf machte.
Und durch eben diesen Charakterzug war sie Kyra sehr verbunden, denn sie hatte diese nie im Stich gelassen. Sie waren nur ganz kurze Zeit Nachbarn gewesen, hatten sich aber schon angefreundet, als der Vater mit Kyra weitergezogen war. Von da an hatte Kyra ihr immer geschrieben. Für Mia waren diese Briefe immer das Größte gewesen, wie ein kleines Fenster zur Welt, von der sie selbst nichts gesehen hatte.
»Das kann ich noch nicht genau sagen.«
»Nützt es jemandem, wenn Sie schlecht dastehen?«
»Machen Sie sich keine Gedanken«, antwortete Kelly auf einmal, als wäre ihr gerade aufgefallen, dass sie Mia schon zu viel erzählt hatte. »Ich kriege das wieder hin. Sie können gerade nichts weiter für mich tun.«
Da sie hier also fertig war, ging Mia zurück an ihre Arbeit, allerdings mit mehr Fragen als zuvor. Es war ihr schon immer schwergefallen, Dinge auf sich beruhen zu lassen. Dadurch würde sie sich noch mächtig Ärger einhandeln.
Er las die E-Mail zweimal.
Es kam selten vor, dass ihn jemand verwirrte, aber Mia Sauter schaffte es immer wieder. Im Sommer singt das Lied sich selbst. Es handelte sich wohl nicht um einen Code, denn es war ein verständlicher Satz. Aber vielleicht steckte noch eine andere Bedeutung darin. Ein Anagramm?
Er verbrachte fünf Minuten damit, Buchstaben umzugruppieren, doch die Varianten wurden nur immer sinnloser. Kurz überlegte er, ob er noch andere Sprachen ausprobieren sollte, kam dann aber zu dem Schluss, dass gar nichts dahintersteckte, und schob die Gedanken an das Rätsel beiseite.
Ohne Erfolg.
Letztendlich gab er den Satz in eine Suchmaschine ein, obwohl er nicht glaubte, dass die Lösung so einfach wäre. Doch da irrte er sich: Es handelte sich um eine Zeile aus einem Gedicht von William Carlos Williams. Nur wusste er nicht, was er daraus schließen sollte, wenn es überhaupt so gedacht war.
Manchmal ist ein Gedicht nur ein Gedicht, konnte er Mia geradezu sagen hören.
Ihm war klar, dass er dazu neigte, Dinge zu verkomplizieren und überall Verborgenes zu vermuten. Das kam davon, wenn man viele Jahre in der Haut von anderen lebte. Doch wenn er Mia ansah, hatte er das unbeirrbare Gefühl, es könnte ganz einfach sein, ganz elementar: ein Mann und eine Frau.
Aus einem Impuls heraus schrieb er zurück: Es gibt keine erlesene Schönheit, die nicht in ihren Proportionen etwas Seltsames aufweist. Sie würde zwar nicht ahnen, dass er das als Kompliment an sie meinte, doch die Quelle sollte sie schneller finden als er. Ihre Methode, Probleme anzugehen, war direkter, aber nicht weniger effektiv.
Danach zwang er sich dazu, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Er hatte den Sicherheitschef überzeugen können, dass er Zugang zu den Aufzeichnungen darüber brauchte, welcher Mitarbeiter sich wo wann und wie lange aufgehalten und zu welchen Uhrzeiten er das Gebäude betreten und verlassen hatte. Das sei notwendig, um die Gehaltsabrechnungen zu überprüfen, hatte er behauptet, was natürlich nicht stimmte. Er wollte nur jemanden finden, der ab und zu in die Labors ging, und ihn dann –
Ach, nein, kaum zu glauben.
Mias Name auf der Liste sprang ihm sofort ins Auge. Sie war erst seit einer Woche in der Firma und hatte schon Zugang zur Forschungsabteilung. Verdammt, er hätte sich in der IT bewerben sollen. Aber Selbstvorwürfe führten zu nichts. Stattdessen sollte er einfach seine Pläne ändern. Wenn es nötig wäre, würde er ihr einen Teil der Wahrheit erzählen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher