Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
eine Hand in seine Haare. Sie glitten durch ihre Finger wie feuchte Seide. Wenn es ihr bei einem so souveränen Mann nicht so lächerlich vorgekommen wäre, hätte sie gesagt, er bräuchte Trost, nicht Sex. Sie hauchte ihm einen Kuss auf eine Schläfe, wanderte dann mit den Lippen an seiner Wange entlang.
Ein Schauder durchlief ihn. Er umfasste ihr Kinn und hielt sie auf. »Nicht.«
»Was nicht?«
Statt einer Antwort zog er ihre Finger an seinen Mund und küsste sie ehrfürchtig. Er wirkte zerbrechlich, als dürfte sie ihn gar nicht berühren. Es schnürte ihr das Herz zusammen, ihn so zu sehen, nicht so unerschütterlich wie sonst. Heute Abend kam er ihr … verloren vor.
»Heute ist gewissermaßen ein Jahrestag.«
»Ein trauriger.«
Mia konnte nicht anders, sie fühlte sich gerührt, weil er zu ihr gekommen war. Vielleicht gab es niemanden in seinem Leben, bei dem er Trost finden konnte, jedenfalls nahm sie an, dass er diesen Tag schon oft allein verbracht hatte. Manchmal brauchte es nur einen leichten Anstoß und alles änderte sich; man nannte das den Schmetterlingseffekt.
»Ja.« Es klang, als würde die Antwort aus ihm herausgerissen. »Ein tieftrauriger.«
Die Worte: »Das tut mir leid«, erschienen ihr zu nüchtern für den kolossalen Kummer, den sie bei ihm spürte. »Möchtest du mir davon erzählen?«
Als er den Kopf schüttelte, überraschte sie das nicht. »Ich kann nicht.«
»Kannst nicht oder willst nicht?«
Sie sah ein flüchtiges Lächeln. »Such’s dir aus.«
»Trotzdem bist du hier.«
»Der Gedanke, dass du ganz in der Nähe bist, war wohl zu verlockend.« Er lehnte den Kopf an ihre Schulter. »Als du mir voriges Jahr wegen Kyra gemailt hast …« Er brach den Satz schulterzuckend ab.
»Nein, sprich weiter.«
Er schüttelte den Kopf und verwarf, was er hatte sagen wollen. »Woher wusstest du, dass ich dieses Konto noch abrufe?«
»Das war nur geraten, mehr nicht. Ich dachte mir, du würdest sicher verhindern wollen, dass Unerledigtes aus deinem alten Leben in deinem neuen auftaucht und dass es dann eine kluge Vorsichtsmaßnahme wäre, diese Mails weiterleiten zu lassen.«
»Genau.«
»Und ich war mir sicher, du könntest noch mal Kontakt zu dem Killer, den Serrano angeheuert hatte, aufnehmen. Kyra wollte ihn wiedersehen.«
»Um ihn zu engagieren?«
»Nein.«
»Um ihn zu töten?«
»Auch nicht.«
Zu ihrer Überraschung wollte er es genau wissen, also erzählte sie ihm, dass Kyra und Reyes zusammen fortgesegelt waren und sich zurzeit vermutlich in Singapur befanden. Er war amüsiert und verblüfft zugleich.
»Das ist –«
»Wunderbar. Ein normaler Typ hätte sie nicht glücklich machen können.« Sie grinste ihn an und freute sich, weil sie das Düstere aus seinem Blick vertrieben hatte. »Du könntest einen Finderlohn verlangen. Oder eine Partnervermittlung aufmachen. Du würdest einen erstklassigen Heiratsvermittler abgeben.«
»Soll das ein Witz sein?«
Sie schüttelte ernst den Kopf. »Überhaupt nicht. Aber vorher muss ich dich noch ein bisschen aufpäppeln. Wer hat je von einem Heiratsvermittler gehört, der spindeldürr ist?«
»Du kannst kochen?«
»Nein, und das wird es schwer machen.«
Er lachte. Es klang heiser, irgendwie eingerostet, aber es war ein Lachen. Mia fiel auf, dass sie es noch nie gehört hatte. Staunend betrachtete sie seine funkelnden Augen, dann den breit gezogenen Mund. Gewöhnlich kniff er die Lippen zusammen, sodass sie bisher gar nicht bemerkt hatte, wie schön sie waren.
Dann tat sie, was ihr nur natürlich vorkam: Sie küsste ihn. Er versteifte sich, als hätte diese Zärtlichkeit für ihn schon lange seinen Reiz verloren. Angesichts seiner seltsamen Wirkung auf Frauen konnte sie das verstehen. Aber es passierte nichts. Dieses Mal nicht. Mia schmeckte und fühlte ihn selbst. Sie kostete den Moment aus. Er musste Chai getrunken haben, der süßliche Geschmack war noch schwach wahrzunehmen.
Nach einer Weile löste sie sich und sah überrascht, dass er völlig verwundert dreinschaute.
»Du bist noch bei mir.«
»Gewöhn dich daran.« Mit den Fingerspitzen strich sie an seinem Kinn entlang. »Aber im Ernst: Möchtest du etwas essen?«
Diese häusliche Szene passte weder zu ihm noch zu ihr. Mia bekochte keine Männer. Frauen, die das taten, fanden sich ihrer Meinung in einer lebenslangen Mutterrolle wieder, und darauf hatte sie keine Lust, noch nie gehabt. Trotzdem gab es etwas an ihm, das eine verborgene Zärtlichkeit in ihr weckte.
Er
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