Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
schüttelte den Kopf. »Ich habe vorhin in einem Café gegessen.«
»Was möchtest du dann gern tun?« Sie wusste, dass das eine Suggestivfrage war, und sie gab ihr absichtlich einen neckischen Beiklang. Er hatte keine Tasche dabei, konnte also seine Schlafzimmerrequisiten nicht mitgebracht haben. Heute Abend würde niemand gefesselt werden.
»Das habe ich mir gar nicht überlegt«, bekannte er. »Ich war mir ziemlich sicher, dass du mich rauswerfen würdest.«
»Fantastisch. Jetzt denkst du, ich sei leicht zu haben.«
»Du bist vieles, Mia Sauter, schön, brillant, faszinierend, aber bestimmt nicht leicht zu haben. Wenn es so wäre«, fügte er ganz leise hinzu, »hätte ich das ganze letzte Jahr über nicht so oft an dich gedacht.«
»Tatsächlich?«
Sie hatte auch häufig an ihn gedacht, allerdings voller Wut. Selten war ihre Einschätzung, ob sie jemandem trauen konnte, so falsch gewesen. Bis dahin hatte sie sich immer auf ihre Intuition verlassen können. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste sie sich eingestehen, dass sein Verrat sie in den Grundfesten erschüttert hatte, sogar ihr Vertrauen in ihr berufliches Können. Wie sollte sie einen Betrüger entlarven, wenn sie es nicht einmal gemerkt hatte, als der Mann mit ihr losgefahren war, um sie an ihre Feinde auszuliefern?
Jetzt fielen ihr all die Gründe ein, weshalb sie sich ihm gegenüber nicht öffnen sollte. Es wäre besser, ihn nach Hause zu schicken, ehe sie wieder den Kopf verlor. Mia wollte aufstehen, doch er hielt sie umso fester.
Dann legte er seine Hände an ihre Wangen und sah ihr fest in die Augen. »Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist: Ich werde dich diesmal nicht im Stich lassen.«
Angst, unverfälschte Angst. Sie versteifte sich. »Das Versprechen hat kein Gewicht. Ich kenne dich ja überhaupt nicht. Woher soll ich wissen, ob es etwas gibt, das dir heilig ist?«
»Es gibt dich.«
»Wenig überzeugend«, sagte sie. »Wieso bringe ich es nicht fertig, dir ernsthaft zu sagen, dass du dich verpissen sollst?«
Er fuhr ihr mit seinen langen Fingern durch die Haare und umschloss mit beiden Händen ihren Kopf. Die Geste hätte bedrohlich wirken können, doch er tat es wunderbar sanft. »Mia, sieh mich an. Sag mir, was du siehst.«
»Niemanden.« Ihre Stimme schien von weit her zu kommen.
Entsetzt begriff sie, wie es für ihn sein musste, dass ihn niemand kannte, weder sein Gesicht noch seinen wirklichen Namen. Er gab sich als ein toter Mann aus, in der Hoffnung, seinen geheimen Plan in die Tat umsetzen zu können. Noch nie war ihr ein so einsamer Mensch begegnet. Er bewegte sich hart an der Grenze zum Wahnsinn, die Besessenheit erschien so groß, dass kein Raum für etwas anderes blieb.
Zumindest bis jetzt.
Denn nun war er hier. Bei ihr.
Sie fühlte sich toll an, so weich und warm. In gewisser Weise war das ein erstes Mal für ihn, denn er hatte noch nie eine Frau in den Armen gehalten, die wirklich ihn sah.
»Unter anderen Umständen würde ich dir jeden Tag Blumen mitbringen und dir schlechte Gedichte schreiben, dich fünfmal am Tag anrufen. Ich würde fast alles darum geben, das Realität werden zu lassen.«
»Fast«, wiederholte sie. »Du redest, als wäre es zu spät.«
Wenn sie nur wüsste.
Die Vergangenheit ließ sich nicht wegwünschen – und die glücklichen Jahre mit Lexie wollte er auch gar nicht ungeschehen machen.
Er musste ehrlich zu Mia sein. »Für mich ist es zu spät, für dich nicht. Ich bin glücklich, dass ich wenigstens für kurze Zeit mit dir zusammen sein kann. Oder hast du es dir anders überlegt?«
Eigentlich hatte sie seinem Vorschlag noch gar nicht wirklich zugestimmt. Søren war gespannt, ob sie genau das einwenden würde, und wartete mit angehaltenem Atem ab.
Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Nein. Wir haben eine Abmachung: Du hilfst mir, den Dieb dingfest zu machen, dafür gebe ich dir die Schlüsselkarte und meinen Mitarbeiterausweis, wenn der Auftrag erledigt ist. In der Zwischenzeit können wir … einander Gesellschaft leisten.«
Das waren nüchterne Worte für etwas, das ihm wie ein Wunder vorkam. Er wollte ihr von sich erzählen, damit sich jemand an ihn erinnern würde, wenn er nicht mehr da wäre. Vielleicht könnte er kurz vor dem Ende alles über sich preisgeben. Jetzt war es zu riskant, er durfte ihr nicht zu viel Einblick geben, ihr keine Argumente liefern. Sie wäre entsetzt, wenn sie erfahren würde, was er vorhatte, so weit kannte er Mia inzwischen.
»Danke.«
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