Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
Ich möchte verhindern, dass er hereinkommt und ich es nicht merke.«
»Ist auch nicht weiter verwunderlich, dass er dir Angst macht«, sagte er leise. »Wenn der merken würde, dass du nicht die bist, die du vorgibst zu sein –«
»Dann wird es unschön. Aber ich habe gelernt, was ich tun muss, um zu überleben.«
»Wenn seine Besessenheit von dir allerdings die nächste Stufe erreicht, wird er in dein Bett kommen.«
Gillie stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Ich weiß.«
»Und was machst du dann?« Er wirkte irgendwie angespannt.
»Mit Rehaugen daliegen und es über mich ergehen lassen. Ich möchte die Sonne wiedersehen, Taye. Dir wäre es wohl lieber, ich würde die mittelalterliche Jungfrau spielen und sagen: ›Lieber sterbe ich, als mich von ihm besudeln zu lassen‹, aber im Grunde wird er mir nichts anhaben können. Ich kann alles ertragen, wenn ich nur irgendwann freikomme. Und sobald ich meine Freiheit wiederhabe, werde ich mich nie wieder von irgendjemandem zu etwas zwingen lassen.«
»Entspann dich. Ich verurteile dich ja gar nicht dafür. Ich finde dich sogar unheimlich stark.« Er verschlang sein Frühstück regelrecht. Wahrscheinlich war er halb verhungert, weil er so lange im Badezimmer hatte warten müssen.
Sie reckte das Kinn. »Willst du dich über mich lustig machen?«
»Überhaupt nicht. Stärke heißt nicht immer rohe Gewalt. Schon mal von der Macht des passiven Widerstands gehört? Ghandi?«
»Der Vergleich ist wohl kaum angemessen.«
»Sieh mal, Gillie, ich habe Rowan diese Besuche zunächst nur abgerungen, weil ich’s ihm zeigen wollte. Ich wusste, dass du sein wunder Punkt bist und ihm unsere Treffen total gegen den Strich gehen. Aber inzwischen habe ich großen Respekt vor dir. Nicht jeder kann sich so anpassen und sich dabei dermaßen prächtig entwickeln wie du. Du bist etwas ganz Besonderes.« Er wandte den Blick ab und schnitt seinen French Toast klein. »In dir habe ich jemanden, an den ich denken und für den ich kämpfen kann, abgesehen von mir selbst natürlich. Ich weiß nicht, was für ein Mensch ich gewesen bin, bevor Rowan mich zum zweiten Mal in die Finger bekommen hat – und wenn ich an die paar Erinnerungsfetzen denke, die ich habe, will ich es auch gar nicht wissen – aber ich habe mich verändert. Und ich könnte ein noch besserer Mensch werden, wenn ich nur die Chance dazu bekäme.«
Die Eindringlichkeit, mit der er redete, rührte sie. Gillie legte die Hand auf seine. »Wir bekommen beide eine zweite Chance und werden sie nicht vergeben.«
Taye verschränkte die Finger mit ihren. Beide hatten sie ziemlich blasse Haut, aber seine Hand war viel größer als ihre. Wie immer amüsierte Gillie der Gedanke, dass die Aufzeichnungen nach der Manipulation zeigten, wie sie allein an ihrem Küchentisch saß. In diesem Augenblick dachte sie jedoch zum allerersten Mal auch daran, dass Taye ruhig mehr tun könnte, als nur ihre Hand zu halten.
Anders als bei Rowan war ihr der Körperkontakt mit ihm nicht zuwider. Taye fühlte sich wärmer an als gewöhnliche Menschen, so, als hätte er Fieber. Aber er schaute sie ruhig an, seine Augen waren klar und leuchteten wie das kühle Grün tropischer Gewässer, das sie aus Sendungen über Kreuzfahrten kannte.
»Was ist?«, fragte er. »Habe ich Krümel im Gesicht?«
Mit der freien Hand wischte er sich mithilfe einer Serviette den Mund ab. Gillie schüttelte den Kopf. »Ich musste nur gerade daran denken, was für ein Glück ich habe, weil du zu mir hältst. Bisher konnte ich von Freiheit nur träumen. Jetzt haben wir einen Plan.«
Taye legte den Kopf schief und zog die Hand zurück, was sie leicht enttäuschte. »Da du gerade davon sprichst: Wir müssen unsere Zeit klug nutzen.«
»Ja, tut mir leid. Deine Fähigkeit ist natürlich noch nicht ausgereift.« Zwar konnte er nun die Schlösser ihrer Zellen mit elektrischem Strom manipulieren und hatte es kürzlich zum ersten Mal geschafft, seinem Gefängnis zu entkommen. Allerdings war er noch recht ungeübt. Und da sie nur eine einzige Chance zur Flucht hätten, kam er probehalber immer wieder zu ihr, voller Schadenfreude darüber, dass sie es ihrem Kerkermeister bald schon zeigen würden. Silas wusste natürlich von der ganzen Sache. Er hatte ebenfalls seine Gründe, Rowan zu hassen. Der ihn zwar zum Gehorsam, nicht jedoch zur Kooperation zwingen konnte, was ein himmelweiter Unterschied war.
»Ja, ich habe sie noch nicht ganz im Griff.« Plötzlich wirkte er angestrengt,
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