Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
dass sie bei Micor gerade überhaupt nicht weiterkam … und dass sie an einem Mann hing, der ihr vermutlich das Herz brach. Søren hatte seit der fehlgeschlagenen Spionageaktion nicht wieder angerufen und wohl beschlossen, sie fallen zu lassen, da sie ihm nicht mehr nützlich war. Natürlich hätte sie nun die verschmähte Geliebte spielen und ihm das Leben zur Hölle machen können, doch das wollte sie nicht. Jedes Mal, wenn sie an ihn dachte, hatte sie seine Tochter vor Augen, und dann fiel es ihr schwer, wütend auf ihn zu sein.
Mia stieg aus ihrem Mietwagen und schlenderte den Kiesweg entlang Richtung Haus. Die Verandadielen knarzten unter ihren Schritten. Sie konnte zwar nachvollziehen, was Kelly an ihrem Zuhause so begeisterte, aber sie selbst fand über hundert Jahre alte Gebäude eher gruselig. Es schien immer, als hätten sie mit der Zeit zu viel vom Geist ihrer Bewohner aufgesaugt. Sie mochte zwar antike Möbel, aber nur in Kombination mit modernen Häusern.
Es war ungewöhnlich still. Man hätte meinen können, es sei niemand zu Hause. Und obwohl es dämmerte und der Himmel sich bereits gelb und violett färbte, brannte in keinem der Fenster Licht. Zudem war weder Musik noch der Fernseher zu hören. Ihr lief es kalt den Rücken hinunter.
Sie klopfte. »Kelly?«
Vielleicht gab es einen ganz einfachen Grund dafür, warum Kelly nicht da war. Wahrscheinlich ist sie einkaufen gefahren und hat die Zeit aus den Augen verloren. Ich bin ja auch ein bisschen früh dran.
In Wirklichkeit wusste sie natürlich, dass es nicht so war. Mia nahm allen Mut zusammen und griff zum Türknauf. Er ließ sich drehen. Ihr ungutes Gefühl verwandelte sich in pure Angst. Sie holte tief Luft, dann drückte sie vorsichtig die Tür auf. Sofort fiel ihr der Läufer in der Diele ins Auge. Er war verrutscht und zu Falten aufgeworfen worden, am Fuß der Treppe lag eine zerbrochene Lampe. Mia drehte sich um und rannte zu ihrem Wagen, stieg ein, verriegelte die Türen und holte mit zitternden Händen ihr Handy hervor, um den Notruf zu wählen.
»Neun, eins, eins. In was für einer Notlage befinden Sie sich?«
»Ich stehe vor dem Haus einer Freundin. Wir waren hier verabredet, aber es brennt kein Licht und die Tür ist auch nicht abgeschlossen. Außerdem sieht es so aus, als hätte ein Kampf stattgefunden.«
»Welche Adresse, bitte?«
Mia nannte sie.
»Sind Sie hineingegangen, Ma’am? Vermuten Sie, dass sich der Eindringling noch im Haus befindet?«
»Nein, ich war nicht drinnen. Ich bin sofort zu meinem Wagen gelaufen. Ich rufe vom Handy aus an.«
»Ja, das kann ich hier sehen. Ich schicke Ihnen einen Streifenwagen vorbei. Es ist gerade einer in der Nähe. Steigen sie nicht aus, bis der Beamte eintrifft. Wenn Sie glauben, in Gefahr zu sein, warten sie ein Stück entfernt an der Straße auf ihn.«
»Okay.« Mia starrte zum Haus und knetete nervös die Hände. Sollte sie auch nur ein Schatten sehen oder etwas, das sich bewegte, würde sie Gas geben und abhauen.
»Wie lautet Ihr Name, Ma’am?«
»Mia Sauter.«
»Und sie sind eine Freundin der Bewohnerin?«
»Ja.«
»Möchten Sie, dass ich in der Leitung bleibe, bis der Hilfssheriff eintrifft?«
Sollte sie das Angebot annehmen? Vielleicht machte sie viel Lärm um nichts. »Nein, ich komme schon zurecht.«
»Der Hilfssheriff wird in Kürze bei Ihnen sein. Machen Sie sich keine Sorgen.« Die Dame in der Einsatzzentrale legte auf, vermutlich, um den nächsten Notruf entgegenzunehmen.
Dies wurden die längsten fünf Minuten in Mias bisherigem Leben. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, bis sie das blau-rote Licht im Rückspiegel sah. Aus dem Streifenwagen stieg ein großer, schlanker Mann in hellbrauner Uniform und mit Hut. Trotzdem blieb Mia in ihrem Wagen sitzen, bis er am Fenster seine Dienstmarke vorgezeigt hatte. »Deputy Morris«, las sie und stieg aus.
»Sie haben einen Einbruch gemeldet?«
»Ja.« Und hoffentlich war es nichts Schlimmeres. Sie wiederholte, was sie am Telefon gesagt hatte. Morris nickte.
»Ich werde mich mal ein wenig im Haus umsehen. Bei uns in der Umgebung schließt nicht jeder seine Tür ab, weil die Leute glauben, auf dem Land gäbe es keine Verbrechen.« Er schüttelte den Kopf über eine derartige Blauäugigkeit. »Dann kommen Landstreicher vorbei, sehen leichte Beute und räumen das Haus aus.«
Bitte, bitte, bitte, lass es so sein. Lass Kelly zum Friseur oder Supermarkt gefahren sein.
»Soll ich draußen warten?« Sie wollte nicht länger
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