Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
Verfluchter Mist, sie besaß nicht die Nerven für so was.
Sie wollte nicht zurück in ihre Wohnung fahren. Der Mörder wartete womöglich schon auf sie. Aber sie musste irgendwie an ihre Sachen kommen. Ihr Laptop durfte nicht in die falschen Hände geraten, sonst hatte sie bald auch noch die Polizei auf den Fersen, da man nachvollziehen konnte, dass sie Konten gehackt hatte. Und wer würde den Kater füttern? Vielleicht ließ sich einer der Nachbarn dazu bewegen. Während sie fuhr, versuchte sie sich eine Strategie zurechtzulegen.
Eine große Summe abheben. Keine Kreditkarten mehr benutzen.
Keine Frage, die Sache mit Micor hatte sich erledigt. Sie musste abhauen. Vielleicht würde ihr Kyra helfen können. Schließlich war ihre Freundin mittlerweile geübt darin, Leuten, die sie umbringen wollten, einen Schritt voraus zu sein. Als Mia vor ihrem Wohnhaus ankam, ließ sie den Blick suchend über den Parkplatz schweifen, wie Søren es damals in Las Vegas getan hatte. Doch alles schien ruhig zu sein.
Also sprang sie aus dem Wagen und rannte zum Hauseingang.
Völlig überraschend wurde sie von hinten gepackt und zu Boden gestoßen. Dann spürte sie ein Messer an der Kehle. Sie erstarrte, als ihr einige Tropfen Blut den Hals hinabrannen. Der Täter stank nach altem Schweiß. Dem Geruch haftete zudem etwas Chemisches an. Sie würde ihn nie wieder vergessen.
Plötzlich hörte man Leute aus dem Haus kommen. Das einsetzende Stimmgewirr machte ihr Hoffnung, dass sie vielleicht doch nicht dort auf dem Bürgersteig sterben würde. »He, Sie! Was tun Sie da? Lassen Sie die Frau los! Ich rufe die Polizei.«
Mia versuchte zu sprechen, doch noch ehe sie ein Wort herausbekam, schlug der Täter ihren Kopf aufs Pflaster, und sie verlor das Bewusstsein.
Mia war nicht zu Hause.
Wahrscheinlich brauchte er sich keine Sorgen zu machen, versuchte er sich zu beruhigen. Vielleicht hatte sie sich trotz der kurzen Zeit im Unternehmen bereits mit jemandem angefreundet und war etwas trinken gegangen. Nur weil er sie neulich abends zu Hause angetroffen hatte, konnte er nicht davon ausgehen, dass das immer so wäre.
Mit der Zeit wurde er jedoch immer unruhiger. Schließlich stieg Søren aus dem Wagen, um noch einmal an ihre Tür zu klopfen. Vielleicht hatte sie woanders geparkt oder aus irgendeinem Grund ein neues Fahrzeug gemietet. Möglicherweise würde sie jeden Moment die Treppe heraufkommen. Er musste sich also keine Sorgen machen. Dazu gab es überhaupt keinen Grund.
Als er gerade wieder Richtung Wagen gehen wollte, sah er sie.
An ihrem Hals klebte Blut und er konnte eine große Beule an ihrer Stirn erkennen. Sie bewegte sich sehr langsam und kontrolliert, wie jemand, der nicht betrunken wirken wollte. Er rannte auf sie zu und erschrak, als sie zurückwich und einen Moment brauchte, bis sie den Blick gezielt auf ihn richten konnte.
Ein Pärchen schlenderte an ihnen vorbei. »Geht es Ihnen nicht gut? Soll ich die Polizei rufen?«, fragte der Mann.
Doch seine Begleiterin schien nicht sonderlich erpicht darauf zu sein, sich in etwas hineinziehen zu lassen. »Wir haben reserviert«, flüsterte sie ihm zu.
»Nein, nein, machen Sie sich keine Mühe, ich kümmere mich schon um sie«, entgegnete Søren.
Dann hakte er Mia unter und führte sie, ohne weiter auf das Pärchen zu achten, Richtung Haustür. Zu seiner großen Erleichterung protestierte sie nicht. Im Licht des Eingangsbereichs musterte er sie. Sie war richtig in sich zusammengesunken, sah blass aus und rang nach Fassung. An den Ellenbogen ihrer Bluse befanden sich große Löcher im Stoff.
»Ich komme mit rein. Bleib ganz ruhig.«
Ihre Finger zitterten, als sie den Schlüssel ins Schloss stecken wollte, sodass es insgesamt drei Anläufe brauchte, bis die Tür endlich offen war.
Søren handelte ziemlich routiniert. »Warte hier, ich sehe erst einmal nach.« Er schlich durch die Zimmer und wünschte, sie hätte ebenfalls die Angewohnheit, kleine Fallen aufzustellen, durch die man erkennen konnte, ob sich jemand unbemerkt Zutritt verschafft hatte. Soweit er es einschätzen konnte, war niemand in der Wohnung gewesen. »Ist hier irgendetwas anders als vorher, Mia?«
»Ich glaube nicht.« Sie wirkte wie ein Roboter, was seine Befürchtung, dass sie unter Schock stand, bestätigte.
Vermutlich würde sie sich erst beruhigen, wenn sie mit ihren Sachen wieder aus der Wohnung verschwanden. Und da sie selbst gerade nicht in der Verfassung war, zu packen, half er ihr schweigend. Danach
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