Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
und durch den Kettenkragen, tief in meine Haut. »Diebin«, zischte sie.
Langsam senkten sich Sabinas acht Zentimeter lange, im Kerzenlicht weiß schimmernde Eckzähne auf mich herunter und legten sich an meine Kehle über meinem Kragen. Die Wunde, die Leo mir zugefügt hatte, war noch nicht ganz verheilt, einen weiteren Biss würde ich vielleicht nicht überleben. Da ertönte ein scharfes Klacken, und Rick drückte ihr den Lauf seiner Waffe an die Schläfe. Sie zeigte keine Reaktion. Aber Rick rührte sich nicht mehr. Aus seinen Poren drang der Geruch von Angst. Sie hatte ihn mit der Kraft ihres Geistes gelähmt. Er war nicht einmal mehr in der Lage zu atmen. Ich wusste, was es für ein Gefühl war, auf diese Weise festgehalten zu werden. Eine mit Adrenalin getränkte Todesangst.
Ich schluckte. Aus meiner Achselhöhle sickerte ein einzelner kalter Schweißtropfen; es pikste, als er über eine kleine Bisswunde an der Seite lief. »Nein. Ich wollte es nicht stehlen. Nur ausleihen. Was immer es ist, es ist eine Waffe gegen Vampire. Ich muss nur drei Hexen retten, zwei davon sind noch Kinder, die in den nächsten Stunden geopfert werden sollen.« Ich spürte, wie sie sich anspannte, eine beinahe menschliche Reaktion. »Ich brauche es für denselben Zweck wie Sie, als Sie damit die Vampire von ihren blutmagischen Ritualen abhielten und vertrieben.« Wieder reagierte ihr Körper, entspannte sich, wurde weicher. Ich hörte, wie Rick röchelnd Luft holte. »Überlassen Sie mir das Blutkreuz«, flüsterte ich.
Sie legte den Kopf schief wie eine Schlange, ein unheimlicher Anblick. »Wollen Sie behaupten, Sie seien unsere Erlöserin?«
»Das ist, glaube ich, unwahrscheinlich«, sagte ich.
»Dennoch wagen Sie es, das Blutkreuz zu berühren. Das Kreuz des Fluches. Das Kreuz von Ioudas Issachar .«
»Ioudas Issachar«, presste Rick mühsam hervor. »Judas Ischariot.«
Die Priesterin und ich sahen ihn an. Sein Gesicht hatte eine gräuliche Farbe angenommen, und in seinen Augen las ich, dass er gegen die Panik kämpfte. Ich spürte, dass Sabina ihren mentalen Griff lockerte, damit er einen vollen Atemzug nehmen konnte. »Ioudas Issachar«, ächzte er wieder. »Judas Ischariot.« Er sah mich ausdruckslos an. »Katholische Schule. Grundkurs Latein.«
»Sie kennen die Geschichte von Sünde und Schande, die an unserem Anfang steht?«
Ricks Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass das alles gewesen war, was er dazu beitragen konnte. Aufs Geratewohl sagte ich: »Die Söhne der Dunkelheit. Und das Blutkreuz.«
Sabinas Ausdruck änderte sich nicht, aber als sie den Mund öffnete, begann sie zu lachen. Ein Laut wie einsames Wolfsgeheul. Die Macht, die darin lag, schlug gegen die Wände und ließ die Scheiben klirrten. Die Vibration brachte die Kerzenflammen zum Flackern. Ein trostloser Humor, bitter wie Wermut, der meine Haut mit seiner Verzweiflung wie mit einem Film überzog. »Die Söhne der Dunkelheit.«
Auf die gleiche Art, wie sie uns überwältigt hatte, ließ sie uns wieder frei. Schneller als ich zusehen konnte, war sie fort. Die Kerzenflamme flackerte und wäre fast in dem Windstoß, der ihren Weg markierte, erloschen. Von einem Augenblick auf den anderen hatte sie die Kapelle durchquert und starrte auf das Kreuz in meinen Händen, das jetzt schwach in einem seltsam phosphoreszierenden Licht schimmerte. Ricks mühsame Atemzüge waren in der Stille laut zu hören. Die Knöchel der Hand, in der er die Waffe hielt, waren weiß. Wir wechselten einen Blick, und er blinzelte schwer atmend. Er traf eine Entscheidung. Etwas bewegte sich in den Tiefen seiner schwarzen Augen wie die Spur eines Alligators im dunklen Wasser.
Vorsichtig schob er die 9-Millimeter in das Schulterholster. Seine Hand zitterte leicht, als stünde er unter Strom. Eine Pistole würde Sabina niemals schnell genug töten, auch wenn er den gesamten Ladestreifen Silbermunition in sie geleert hätte. Sie war zu alt. Noch im Sterben hätte sie uns beide mitgenommen. Rick schaffte es, ruhiger zu atmen, und trat an meine Seite. Schulter an Schulter standen wir der Priesterin gegenüber.
»Wer waren sie?«, fragte ich. »Die Söhne der Dunkelheit? Und was ist das Blutkreuz?«
Sabinas weiße Gestalt schien im unruhigen Licht der Flammen zu flackern. Resignation und etwas Heftigeres als Erleichterung huschten über ihre Züge. Ein Gefühl, so intensiv, dass es einen Abdruck ähnlich einer Narbe auf ihrer Haut hinterließ, so als hätte ein innerer Kampf ein Ende
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