Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
folgte ihr ins gleißende Sonnenlicht. Nach dem Hurrikan war die Luft klar, der Himmel fast so blau wie zu Hause in den Bergen der Appalachen, den Bergen des Volkes. Aggie legte ihr Tuch ab und drehte einen Hahn oben an der Wand auf, den ich vorher nicht bemerkt hatte. Wasser schoss heraus. Als sie sich abduschte, bekam sie vor Kälte eine Gänsehaut. Ich wandte das Gesicht ab, genauso wie Aggie, als sie fertig war und zur Seite trat. Jede wollte die Intimsphäre der anderen wahren. Handtücher gab es nicht, deswegen tupften wir uns mit unseren schweißgetränkten Tüchern ab, bevor wir mit noch feuchter Haut unsere Kleider wieder anzogen. Aggie klemmte sich die gebrauchten Tücher unter den Arm und zeigte auf den Rasen, der von der Schwitzhütte zurückführte. Im Gehen flocht ich meine Haare zu einem langen Zopf, den ich dann nass und tropfend über den Rücken hängen ließ.
Schweigend durchquerten wir den Garten. Bei meinem Motorrad angekommen, blieb ich stehen. Aggie kam auf die andere Seite und hielt inne, die Augen auf die Maschine gerichtet. » Lisi «, sagte ich, nach den förmlichen Worten suchend, den richtigen Worten, damit sie mir die Wahrheit sagte. »Dein Herz ist schwer. Darf ich … deine Last teilen?« Ja, genau das hatte ich sagen wollen.
Sie schüttelte den Kopf, den Blick auf das Motorrad gerichtet. »Ich trage keine Last, Tochter. Ich rufe dich an, wenn ich alles besser verstehe.«
Und damit würde ich mich zufriedengeben müssen. »Danke, Egini Agayvlge i . Ich werde auf deinen Ratschlag warten.«
Aggie nickte, und ein leichtes Lächeln huschte über ihre Züge. »Ich wünschte, meine eigenen Kinder wären nur halb so respektvoll.« Sie wandte sich um und ging zu dem kleinen Haus, öffnete die Tür, trat hinein und schloss sie hinter sich.
Ich setzte den Helm auf und fuhr den langen Weg zurück zu dem Haus, in dem ich wohnte, bis ich meinen Auftrag erledigt hatte.
Als ich zu Hause ankam, parkte vor der Tür ein Wagen mit laufendem Motor. Auf der Veranda stand ein Mann in engen Jeans, die aufgerollten Ärmel seines Button-down-Hemdes zeigten seine gebräunten, muskulösen Arme. Es war Bruiser, auch bekannt als George Dumas, Leos menschlicher Blutdiener Nummer eins und seine rechte Hand, sein Mann fürs Grobe und sein Bodyguard. Meine Herzfrequenz erhöhte sich nur minimal. Einsdreiundneunzig, muskulös, aber nicht so, dass er aus allen Nähten platzte, braune Augen, braune Haare. Gepflegt aussehend, mit einer gut geschnittenen Nase, lang und leicht knochig. Ich habe eine Schwäche für Nasen, und seine gefiel mir wirklich sehr. Eigentlich gefiel mir fast alles an Bruiser, und Beast ebenfalls. Als Leo mich gestern Abend besucht hatte, war er nicht mit dabei gewesen. Hatte er von dem geplanten Überfall gewusst?
Als er Mischa hörte, drehte Bruiser sich mit der Anmut eines Tänzers herum. Seine Miene war ernst, und er lächelte nicht, als er mich sah. Das war kein gutes Zeichen. Ich nickte steif, froh, dass mein Gesicht hinter dem Visier nicht zu sehen war. Ich schob Mischa zum Haus hoch und durch das Tor, das ich hinter mir zuschloss. Als ich das Haus betrat, spürte ich ein Kribbeln auf der Haut, rau, wie Sandpapier, wenn Sandpapier elektrisch aufgeladen sein könnte. Der Schutzbann war aktiv.
Molly erwartete mich am Fuß der Treppe in einer Caprihose mit weitem Bein, T-Shirt und Sandalen. Die Energie, die ihr Körper ausstrahlte, war förmlich spürbar. »Lassen wir ihn rein?«, fragte sie und wartete darauf, dass ich die Entscheidung traf.
»Hallo, Tante Jane«, sagte Angelina, halb versteckt hinter ihrer Mutter.
Ich hob Angie hoch und drücke sie an mich. »Hallo, Angie, Kleines.« Ich reichte sie an ihre Mutter weiter. »Ihr zwei geht nach oben, okay? Nur für ein paar Minuten. Ich habe Besuch.«
»Ein böser Mann?«, fragte Angie, eher neugierig als ängstlich.
»Kein böser Mann«, sagte ich. »Aber auch kein guter.« Ein weißer Mann , dachte ich. Jemand, dem ich nicht vertrauen kann . Diese Art des Denkens stammte aus einer Kindheit, an die ich mich nur bruchstückhaft erinnerte, und dennoch war es sehr präsent.
Molly huschte die Treppe hinauf und versuchte, die protestierende Angie zum Schweigen zu bringen. Kurz, nachdem der Schutzbann sich gelöst hatte, klopfte es an der Tür, als hätte der Besucher nur darauf gewartet. Vermutlich hatte er sich beim ersten Versuch die Knöchel verbrannt. Ich öffnete die Tür und lehnte mich lässig an den Rahmen, ohne ihn
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