Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
hereinzubitten. Meine Körpersprache war aggressiv und herausfordernd. Er sollte nicht wissen, wie attraktiv ich ihn fand.
»Was verschafft mir die Ehre, Bruiser?« Als er meinen Ton hörte, der deutlich machte, dass es keine Ehre war, hob George die Brauen, eine elegante, kultivierte Geste und unangenehm herablassend. Sie ähnelte auf seltsame Weise Leos und erinnerte mich daran, dass er schon lange in den Diensten des Blutmeisters der Stadt stand. Sehr lange. Der Gedanke half mir, meine Hormone zu beruhigen.
»Mein Meister sendet Ihnen Grüße und eine Botschaft«, sagte er. Die altmodische Ausdrucksweise war ein sicheres Zeichen dafür, dass es sich um eine offizielle Mitteilung eines mächtigen Vampirs handelte.
Dieser förmliche Besuch versprach nur marginal erfreulicher zu werden als Leos Vorstellung mit Benzin und Feuer vom gestrigen Abend, was meine Streitlust weckte, die ich gewöhnlich besser beherrschen konnte. Mit schmalen Augen sah ich ihn an. »Wirklich?«
George lachte nicht, sondern sah mich nur ruhig an. Er streckte mir eine Papierrolle entgegen, die ein wenig kleiner als ein DIN -A4-Blatt war. Nein, es war doch kein Papier. Dem Geruch nach zu urteilen, handelte es sich um schweres Pergament, das zusammengerollt und mit einem scharlachroten Band umwickelt war. Außerdem war es mit blutrotem Wachs versiegelt.
»Mein Hinrichtungsbefehl? Eine Warnung, dass ich verbrannt werde? Wenn ja, dann kommt sie einen Tag zu spät.«
Bruiser runzelte die Stirn, und in seinen braunen Augen lag ein ernsthafter Ausdruck. Aber auch einem ernsthaften Blutdiener durfte man nicht trauen. »Ich habe davon gehört, Jane. Hätte ich davon gewusst, hätte ich versucht ihn aufzuhalten. Oder zumindest hätte ich Sie angerufen, um Sie zu warnen.«
»Große Worte. Netter Plan. Zu spät und zu wenig. Also, was ist das?« Ich zeigte auf die Rolle.
Bruiser sah das Pergament an, und sein Stirnrunzeln vertiefte sich. »Ich weiß es nicht.«
»Dann kann es nichts Gutes sein.« Ich nahm die Pergamentrolle, streifte das Band ab und gab es George. Ich erbrach das Siegel mit dem Fingernagel. Der Text war kurz und in einer ausladenden schrägen Handschrift geschrieben, die nur Leos Schrift sein konnte. Ich las laut vor.
»An Jane Yellowrock, Rogue-Jägerin. Sobald Sie ihren laufenden Vertrag mit dem Rat der Mithraner erfüllt haben, werden Sie New Orleans verlassen. Sollten Sie sich weigern, dieser Aufforderung Folge zu leisten, werden Sie mir vorgeführt werden. Dann werden Sie keine weitere Gelegenheit mehr zu einer Abreise bekommen.« Unterschrieben war er mit ›Leonard Pellissier. Blutmeister der Stadt von New Orleans.‹
»Nun, das ist kurz und bitter«, sagte ich. »Ich nehme an, der Satz ›Sie werden keine weitere Gelegenheit mehr zu einer Abreise bekommen‹ bedeutet, dass er mich wandelt, mich in seinem Keller ankettet und verhungern lässt. Keine schöne Vorstellung. Ihr Boss ist unzurechnungsfähig, Dumas.«
»Mir gefällt Bruiser besser.«
»Pech gehabt.« Ich schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
Von oben erklang Mollys leises Lachen. Ich spürte, wie der Schutzbann sich wieder aktivierte, und für einen Moment schien das ganze Haus leicht zu vibrieren. »Glaubst du, das war klug?«, fragte sie mich.
»Nein.« In meinem Kopf hustete Beast. Selbst halb im Schlaf hatte sie sich köstlich amüsiert.
»Er gefällt dir, nicht wahr?« Als ich nicht antwortete, sang sie, einen Songtext von Rod Stewart frei zitierend: »I know you think he’s sexy and you want his body. Come on, Big Cat, say it’s so-o-o-o.«
»Nein, werde ich nicht. Weil es nämlich nicht stimmt.« Vor der Treppe blieb ich stehen und stellte fest, dass die Lampen, die ich am Abend zuvor hier abgestellt hatte, fort waren. Ich hatte vergessen, sie wegzustellen, außer Reichweite der Kinder, aber Molly, die Mutter, vergaß so etwas nicht. Lächelnd blickte sie zu mir hinunter, eine Hand auf dem Treppenpfosten, die andere auf dem Geländer, neben sich ihre Kinder, Little Evan, der auf dem Boden saß, den Daumen im Mund, und Angie, die sich wie ein Äffchen um den Pfosten wand.
Im Haus war es warm, die Luft war klebrig, still und tot. Die Fenster standen offen, doch es ging kein Lüftchen. Mein T-Shirt klebte mir am Körper, und meine Jeans fühlten sich an wie eine feuchte zweite Haut. Ich wischte mir die nassen Handflächen an der Hose ab. Ich brauchte Mollys Hilfe. »Molly, ich muss dich um einen Gefallen bitten – dich als Hexe.« Mollys Lächeln
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