Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
meisten Menschen glaubten, Vampire seien bis zur Erfindung der Digitalkamera unfotografierbar gewesen. Und hier war der Beweis, dass jemand doch einen Weg gefunden hatte.
Katie hätte mir vielleicht meine Fragen zur Geschichte der Vamps beantworten können, aber sie war im Moment nicht verfügbar: Sie lag unter der Erde, um ihre Wunden zu heilen, die fast zu ihrem endgültigen Tod geführt hätten. Meine ersten wenigen Tage in New Orleans hatten zu recht großen Veränderungen im Leben einiger meiner Auftraggeber geführt.
Bei einem erotischen Foto von zwei Vamps, die gemeinsam posierten, hielt ich inne. Katie saß auf einer Bar, hinter ihr an der Wand reihten sich die Flaschen, den Kopf hatte sie in, wie es schien, sinnlicher Ekstase zurückgeworfen. Ihre Brüste lagen frei, die Röcke bauschten sich um ihre Hüfte. Ihre nackten Beine waren gespreizt. Dazwischen kniete ein Mann, der sie ganz offensichtlich mit dem Mund befriedigte. Der Mann sah aus wie ein Model, selbst bei dieser intimen Tätigkeit. Er trug eine kurze Jacke, wie es damals modern war, schmal geschnittene Hosen, Stiefel und einen Zylinder. Der Zylinder saß genau wie er sollte, genauso wie das lange schwarze Haar, das er zurückgekämmt und zu einem Zopf geflochten trug. Leo Pellissier.
Eine seltsame Hitzewelle erfasste mich. Ich erinnerte mich daran, wie Leo mich von einer Verletzung geheilt hatte, die bei einem normalen Menschen hätte operiert werden müssen und zu einer dauerhaften Behinderung geführt sowie einen langwierigen Heilungsprozess bedeutet hätte. Auch das war erotisch gewesen, und dabei hatte er nur über meinen Arm geleckt. Mir rann es kalt den Rücken hinunter.
Ich schüttelte den Kopf, um die Erinnerung, die für das plötzliche Ansteigen meiner Körpertemperatur verantwortlich war, zu vertreiben. Ich holte die Kamera aus meinem Stiefel und machte Fotos von den Fotos. Dem Himmel sei Dank für Digitalkameras. Ich bin so ehrlich zuzugeben, dass ich nicht alle für meine Ermittlung benötigte, aber schließlich kann ein Ermittler nie über genug Hintergrundwissen verfügen.
Ich nahm einen weiteren Ordner aus der Schublade. Auf dem Schildchen stand Vampira Carta – das Gesetzbuch der Vampire. Nach Aussage des Anwalts, der den Papierkram für meine Lizenz erledigt hatte, war darin die legale Rechtfertigung zu finden, um Rogue-Jäger zu engagieren. Und das bedeutete, dass meine Existenzgrundlage davon abhing. Eine Notiz auf dem Deckel besagte, dass die Papiere während des Baus der Iberville Sozialbausiedlung gefunden worden waren, dort wo früher das alte Storyville gewesen war. Iberville war das Ghetto, wo ich den Vamp getötet hatte und wo auch Derek Lee wohnte. Neugierig klappte ich den Ordner auf.
Es war ähnlich aufgebaut wie die Magna Carta,mit einer Präambel und nummerierten Paragrafen. Wenn mich meine Erinnerung aus der Highschool nicht trog, hatte die Magna Carta siebenunddreißig Paragrafen. Die Vampira Carta hatte zweiundzwanzig. Ich fragte mich, welches Dokument wohl älter sein mochte. Der Text war in altem Englisch verfasst oder vielleicht war es auch Latein; glücklicherweise schloss sich am Ende eine Übersetzung an.
Der erste Paragraf lautete:
Präambel: Jules, Blutmeister durch die Blutschande, Meister der Schuldigen von England, Irland und Aquitanien sendet seine ehrerbietigen Grüße allen, die dieses Schreiben erreicht. Betreffend die Freiheiten der Toten und der Lebenden, unterbreiten wir diese wichtige Carta dem Blutmeister von Europa, Lord Lucius, Vater der Mithraner.
Ich blätterte um. Es gab keine weitere Seite. Entweder hörte die Übersetzung hier auf, oder die nächste Seite war entfernt worden. Ich suchte in dem Geschichtsordner, aber der Rest der Übersetzung war fort oder hatte nie existiert. Ich breitete die Blätter auf dem Tisch aus und schoss schnell sechs Fotos, schob dann alles zurück in den Ordner und machte mich wieder an die Arbeit. Ich fragte mich, ob der Vampirrat mir wohl eine Übersetzung der Carta überlassen würde und mit welcher Geschichte ich aufwarten musste, um sie zu bekommen.
Ganz hinten im Ordner fand ich ein liniertes Blatt Papier mit einer mit Bleistift handgeschriebenen Liste. Die Überschrift lautete: Anomalien. Als ich sie las, begann meine Kopfhaut zu prickeln.
Anomalien
Sabina Delgado y Aguilera – Schamanin, Vampirin, clanlos (Bedeutung?), Kreuz?, Zweite Generation?
Bethany NLN – Schamanin, Vampirin, clanlos (Bedeutung? Verwandt mit Sabina?), Kreuz?
Weitere Kostenlose Bücher