Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
Schlangen, die über Felsen gleiten. Obenauf lag ein Polizeibericht aus dem Jahre 1978.
»Ahhh«, sagte ich, ohne den Kopf zu heben. Meine Aufregung stieg. »Das könnte eine Weile dauern.«
»Ich schließe Sie ein.«
»Was? Nein.« Ich hasste geschlossene Räume und Beast ebenfalls. Ich spürte, wie sie aus meinen Augenhöhlen starrte, und ein Knurren stieg tief aus ihrer Kehle, das ich gerade noch unterdrücken konnte, bevor es aus meiner drang.
»Dieser Flur ist voller vertraulicher Akten über paranormale Ermittlungen, viele davon so alt, dass es sie nur in Papierform gibt. Wenn ich die Zeit hätte, Sie zu babysitten oder einen Uniformierten herunterschicken könnte, wäre es etwas anderes. Aber so muss es das Schloss tun. Rufen Sie mich an meinem Schreibtisch an, wenn Sie fertig sind.«
Ich sah wieder auf den Ordner in meiner Hand und wusste, ich würde bleiben müssen. Okay, na gut. Ich würde es schon schaffen.
5
Ich wohnte in einem ehemaligen Bordell
Laut Polizeiakten hatten die Vamps in manchen Städten der Welt nicht immer gänzlich im Verborgenen gelebt, bis der Secret Service Marilyn Monroe, wie man weiß, bei dem Versuch, Präsident Kennedy zu wandeln, gepfählt hatte. Durch dieses Ereignis war die Existenz von Vampiren und kurz darauf auch von Hexen erst öffentlich bekannt geworden. Aber auch früher schon waren Vampire in Städten wie Paris, London, Mumbai, Tokio und New Orleans eindeutig präsent gewesen, wenngleich sie stets zurückgezogen und im Verborgenen gelebt hatten. Im frühen neunzehnten Jahrhundert waren sie im French Quarter zu heimlicher Berühmtheit gekommen, in Storyville, dem verrufenen Teil der Stadt mit seinen Saloons, Spielhöllen, Spelunken, Varietés und ähnlichen Orten, die die niederen Bedürfnisse der Menschen befriedigten.
In diesem von Sidney Story 1897 gegründeten und bis 1917 den Vergnügungen vorbehaltenen Stadtteil hatten die Vamps mindestens drei Häuser besessen und geführt, die der Prostitution gedient hatten. Gemäß dem sogenannten Blue Book , in dem die Namen, Beschreibungen und Adressen von mehr als siebenhundert Prostituierten aufgeführt waren, gab es in den Vamphäusern vor allem »lüsterne Mädel, ein bisschen Blut und zarte Peitschenschläge zur rechten Zeit« sowie »die besten Professoren des Landes«, wobei mit Professoren die Musiker gemeint waren, die in diesen Häusern spielten. Die Namen der drei Vampbordelle waren ziemlich abgedroschen: Countess Simone’s Pleasure House – Countess Simones Haus der Freuden, Le Salon du Tigre – Der Tigersalon und Katie’s Ladies – Katies Damen. Letzteres war mir wohlbekannt.
Ich blickte mich um und suchte das Zimmer nach Kameras oder Abhörgeräten ab und seufzte erleichtert, als ich feststellte, dass es sauber war. Erst, als ich die Schultern fallen ließ, merkte ich, wie angespannt ich gewesen war. Beast mochte provokativ sein, aber ich war ein Feigling, wenn es um Cops ging. Ich atmete noch einmal tief durch und bemühte mich, mich vollständig zu entspannen.
Ich warf einen Blick auf die Fotos von den unzüchtigen Häusern und blieb an dem von Katie’s hängen. Vor dem Haus posierte eine blonde Frau vor einem Laternenpfahl, den Rücken durchgebogen, Röcke und Unterröcke hochgezogen, sodass die langen, schlanken Beine, Strumpfhalter, Strümpfe und Stiefeletten zu sehen waren. Ihr Kleid hatte ein tiefes Dekolleté und zeigte reichlich Haut. Es war Katie, die ihre Fangzähne ebenso sinnlich zur Schau stellte wie ihren Körper.
Das Haus, vor dem sie stand, war im französischen Stil gebaut mit viel schwarzem Schmiedeeisen in Lilienmustern. Der Eingang wurde von einem Balkon überragt. Gaslampen brannten im frühen Abendlicht und spiegelten sich in den Fensterscheiben. Die schmale Tür hatte ein Bleiglasfenster in der oberen Hälfte und kam mir sehr bekannt vor. Das Haus auf dem Foto war das, in dem ich im Moment wohnte. Na toll. Ich wohnte in einem ehemaligen Bordell.
Aber ein Vamp auf Film? Ich hatte nicht gewusst, dass das möglich war, doch als ich weiterblätterte, fand ich noch mehr Fotografien von Vamps, die nackte Haut und Fangzähne zeigten, alle signiert von dem bekannten Fotografen Storyvilles, Ernest J. Bellocq. Bellocq war es gelungen, eine Reihe berühmter Vampire auf Film zu bannen, obwohl Silber, das sowohl in der Daguerreotypie als auch später beim nassen Kollodiumverfahren verwendet wurde, sie eigentlich gar nicht hätte wiedergeben dürfen. Wie war ihm das gelungen? Die
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