Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
schnappte einen Hauch von Hexe auf. Vertraut. Ganz ähnlich dem Geruch, den ich an dem Grab der jungen Vampirin gefunden hatte, deren Auferstehung ich beobachtet hatte. Ähnlich, aber nicht ganz derselbe. Dann trugen ihn auch schon die launenhaften Luftströmungen, die dem Mississippi folgten, weiter. Es kam mir merkwürdig und nicht richtig vor, dass sie hier waren und Vamps beobachteten, aber im Moment geschah so viel, das mir Rätsel aufgab, dass es mir schwerfiel, den Überblick zu behalten.
Der Porsche bremste, und die Beifahrertür öffnete sich, ohne dass das Licht ansprang, sodass wir wie vor dem Eingang einer Höhle standen. Bruiser beugte sich vor und setzte mich mit einer anmutigen und kraftvollen Bewegung auf den Sitz. »Leo sagt, Sie sollen sie behandeln.«
»Ja. Sie ist … schwach«, sagte eine leise Stimme. »Verletzt.« Ein afrikanischer Akzent mit französischem Einschlag und weichen, sehr runden Vokalen.
Die Tür auf meiner Seite schloss sich. Die Faust immer noch an meinem Hals und in das trocknende, klebrige und das frische, nasse Blut gedrückt, wandte ich mich dem Fahrersitz zu und konnte Bethany nun zum ersten Mal richtig sehen. Als Mensch musste sie dunkelhäutig gewesen sein, und auch jetzt war sie der schwärzeste Vampir, den ich je zu Gesicht bekommen hatte. Anders als die Haut der meisten Vamps, die nach vielen Jahren ohne Sonne blasser wird, hatte ihre eine blau-schwarze Farbe angenommen, und ihre Lippen waren sogar noch dunkler. Die Lederhaut ihrer Augen war bräunlich und die Iris so schwarz, wie ich es noch nie gesehen hatte, nicht einmal bei den Vertretern des Volkes, schwärzer als die schwärzeste Nacht. Ihre Dreadlocks, in die Hunderte von Gold- und Steinperlen eingearbeitet waren, hatte sie locker im Nacken zusammengenommen. Von den Ohren waren nur noch die Ohrläppchen zu sehen, an denen zahlreiche goldene Ringe baumelten.
Macht umgab sie wie eine Aura, aber weicher in der Textur als die stachelige, gepanzerte Faust von Leos Vampirmacht. Bethanys Energien waren kurzlebig, suchend und rochen fast wie Hexenmacht, nur bitterer. Ich wusste nicht, was sie vor ihrer Wandlung gewesen war, doch sie war alt, vielleicht die älteste Vampirin, die ich je kennengelernt hatte, und erfüllt von einer seltsamen Macht. Ich dachte an Sabina Delgado y Aguilera, die alte Vampirin aus der Kapelle, die das weiße Kopftuch der Nonnen trug. Bethanys Macht erinnerte mich an ihre, sie glich einer Lawine, die wuchs und ins Rollen kam, langsam und unaufhaltsam, doch mit einer Absicht und einem Ziel.
Bethany starrte mich an, mit Augen so dunkel, wie der Himmel in einer mondlosen, bewölkten Nacht in den Appalachen, so tief, so leer und unergründlich, dass es war, als blickte man in einen Meeresgraben. Mein Körper reagierte instinktiv, als mich eine Gänsehaut überlief. Beast tat nichts, sie duckte sich tief unten in meinem Geist und verfolgte besorgt, fast ängstlich, das Geschehen. Ohne mich aus den Augen zu lassen, legte Bethany einen Gang ein und fuhr die Straße hinunter. Erst, als sie drehte und den Wagen nach rechts, dann nach links lenkte, wandte sie den Blick von mir ab. Drei Straßen weiter hatten wir den Warehouse District verlassen. Ich zitterte immer mehr. Wahrscheinlich würde ich bald einen Schock erleiden. Ich musste mich dringend wandeln.
Sie fuhr eine vierundzwanzig Stunden geöffnete Tankstelle mit Gittern vor den Fenstern und greller Außenbeleuchtung an und rollte langsam auf die Hinterseite in eine vermüllte Gasse. Im Schutz der Dunkelheit stellte sie den Motor ab. »Sie sind verletzt«, sagte sie. »Möchten Sie geheilt werden?«
Die Formulierung kam mir seltsam vor, doch mir blieb keine Wahl. Nach Hause würde ich es nicht schaffen, und ich hatte nicht mehr die nötige Kraft, um mich ohne Fetische oder Steine zu wandeln. Ich leckte über meine trockenen Lippen und sagte: »Klar.«
Sie nahm die Hände vom Steuer und umfasste meinen Hinterkopf mit eisenhartem Griff. Die andere Hand presste sie flach gegen meine Stirn. Ihre Hände waren eiskalt, als hätte sie in einem Kühlschrank geschlafen. Dann drückte sie meinen Kopf mit unerbittlicher Kraft zurück. Ich kämpfte gegen meine Reaktion auf ihre Berührung an. Was immer jetzt kommen mochte, ich hatte zugestimmt.
Beast, die seit Leos Erscheinen merkwürdig still gewesen war, merkte auf. Ich spürte ihre Krallen. Tote Finger. Falle!, dachte Beast und sammelte ihre Kräfte, um zu kämpfen oder zu fliehen. Ich bin keine
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