Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
einem Jahrhundert oder vor zweitausend Jahren.«
Bruiser trat von einem Bein auf das andere, verlagerte unbewusst sein Gleichgewicht. »Ich rate dir, diesen Blödsinn keinem Mithraner zu erzählen.« Aber sein Geruch änderte sich, ein Hinweis darauf, dass ich mit meiner Analyse der Beziehung zwischen Vamps und Religion ins Schwarze getroffen hatte.
Ich drehte die Handflächen nach oben und wandte mich ab. Über die Schulter sagte ich: »Ich werde mal das Gelände abgehen. Es dauert nicht lange.« Bruiser sagte nichts, und ich ging schnell davon, dem Lauf der Sonne folgend – im Uhrzeigersinn also – an der Baumreihe entlang, die den Friedhof säumte. Die Sonne war heiß, die Luft schwül, säuerlich und still. Der Schweiß rann mir den Rücken hinunter, während ich marschierte und versuchte, ein Gefühl für den Ort zu bekommen, etwas zu erspüren, das ich bei meinen bisherigen Besuchen nicht zugelassen hatte. Das erste Mal war ich allerdings in der Gestalt eines Eurasischen Uhus hier gewesen und das andere Mal in Begleitung von Rick, sodass mir also stets die passenden Sinne, die Zeit oder die Gelegenheit gefehlt hatten, um den Ort in mich aufzunehmen, das Gebiet auf die Art kennenzulernen, wie Beast es tun würde.
Jetzt stupste ich sie im Geiste an, um sie zu wecken, und öffnete meine Sinne, um den Ort über seine Gerüche zu erfahren, den Geschmack der Luft, die Elastizität des Grases unter meinen Stiefeln und die Magie, die über den Boden wehte. Hier war Macht. Nicht die Macht von geweihtem Boden oder die einer Kraftlinie. Keine Macht, die um alte Kirchen, Synagogen, Moscheen, Tempel oder andere Gebäude, wo der Glaube den Boden weiht, in die Erde gesickert war. Nicht die Macht des Glaubens. Aber dennoch Macht, alt und sehr lebendig. Auch wenn ich sie nicht einordnen konnte, erkannte ich sie doch am Geschmack.
Ich hatte die Lichtung halb umrundet, als der Boden feucht wurde und schmatzend unter mir nachgab. Die Luft kühlte ab, wurde dünner, nasser, auch wenn das bei der Schwüle kaum möglich schien. Ich atmete tief ein und roch etwas Pfeffriges, Scharfes, den schwachen, trockenen Kräuterduft von Vamps, der aus dem Wald heranwehte. Und darunter verwesendes Blut und eine Spur von Magie. Hexenmagie. Ich begab mich zu den Bäumen. Die Machtsignatur kitzelte sanft meine Arme. Die Baumkronen über mir hielten die Sonne und ein wenig von der Hitze ab, Schatten verdunkelten den Boden.
Der Geruch führte mich nach Norden, einen überwachsenen Weg entlang, der gerade breit genug war, damit ich meine Füße setzen konnte. Beasts Meinung nach ein Kaninchenpfad. Sie schickte mir das Bild eines Kaninchens und flutete meine Sinne mit dem Geschmack von heißem Blut. »Vielen Dank«, murmelte ich, »aber ich bevorzuge mein Protein gehäutet, ausgenommen, entbeint, gegart und gewürzt.« Beast hustete amüsiert.
Nicht lange danach traf ich auf eine Gruppe junger Bäume in einem Kreis älterer Bäume. Es sah aus, als wäre es einmal ein Kreis von drei Metern Durchmesser gewesen, vielleicht vor fünf Jahren. Ich kniete mich hin und strich mit den Händen über die Erde zwischen den Wurzeln der jungen Bäume. Ich fand eine zerbrochene weiße Muschel. Als ich mit der Schuhspitze am Rand des Kreises in der Erde bohrte, fand ich noch mehr Muscheln. Das hier war der Zirkel für ein Blutritual gewesen, an dem sowohl Hexen als auch Vamps teilgenommen hatten, und ich hätte wetten mögen, dass es der erste Ruheplatz für einen oder mehrere neue Rogues gewesen war. Was immer es war, es ging schon sehr viel länger vor sich, als man mir gesagt hatte. Vielleicht sehr viel länger, als selbst der Vampirrat es wusste.
Ich fand noch zwei weitere Kreise in dem bewaldeten Gebiet um den Vampirfriedhof herum, der eine war älter, der andere jünger als der erste, die ich beim ersten Mal, als ich daran vorbeigegangen war, übersehen hatte. Wieder bei meinem Bike, zeichnete ich die Standorte auf meiner Karte ein und die ungefähre Zeit, seitdem sie verlassen waren, die ich anhand des Alters der Bäume grob schätzte. Eine Städterin wäre dazu sicher nicht in der Lage gewesen, aber ich war auf dem Land aufgewachsen, und im Kinderheim hatte man für die Natur für mehr als nur für einen Spielplatz und einen Parkplatz Verwendung gehabt. Wir zogen viel von unserem Gemüse selbst und hatten einmal, um den Garten zu vergrößern, sogar ein Stück unseres Landes urbar gemacht. Ich erinnerte mich noch gut daran, was für eine Plackerei es
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