Sklaven der Begierde
in ihrem Blick aufleuchten. Er wartete, aber sie schien nicht willens, ihn über ihre Erkenntnis aufzuklären. Stattdessen seufzte sie leise auf, und das Licht in ihren Augen erlosch wieder.
„Wesley, das ist eine verdammt gute Frage.“
NORDEN
DIE VERGANGENHEIT
Kingsley stöhnte laut auf, aber Søren erstickte das Geräusch mit seinem Mund. Er zerrte an den Stricken, mit denen er an das kalte Metall am Kopfende des Bettes gefesselt war, aber er konnte seine Hände nicht befreien.
Was für eine perfide Folter! Kingsley lag rücklings auf der Matratze, Hände und Füße an die Bettgitter gebunden, während Søren ihn küsste, ganz langsam und sanft. Seinem Mund … seinem Hals … dem Schlüsselbein und der Brust widmete er sich sogar volle fünf Minuten.
„Bitte … s’il vous plaît …“ , bettelte er und wusste nicht mal genau, warum er flehte und worum er flehte. Søren tat sowieso nie, um was er ihn bat, sei es nun Gnade oder Vollzug. Alles passierte exakt dann, wenn Søren dazu bereit war, sein Wille geschah, und nur seiner. Aber Kingsley bettelte und flehte weiter, er konnte nicht anders. Kein Mädchen hatte ihn je so geküsst. Er fühlte sich wie ein Objekt, nicht wie ein Mensch. Er wusste, wenn Søren ihn küsste, dann war es allein Sørens wegen, nicht Kingsleys wegen. Die Schmerzen waren für Søren. Die Lust war für Søren. Kingsley existierte ausschließlich für Søren, das war ihm bewusst, und er wollte es so.
Noch vor einem Monat hatte er geprahlt, was für eine privilegierte Stellung er als einziger Sohn einer französischen Familie eingenommen hatte: Seine Mutter betete ihn an und verlangte nie irgendetwas von ihm. Sein Vater verwöhnte ihn. Seine Schwester erledigte all jene lästigen Pflichten, die ihm niemals angetragen wurden. Er war wie ein kleiner Prinz aufgewachsen. Und jeden Abend hatte seine Mutter ihm aus „Le Petit Prince“ vorgelesen, die berühmte Erzählung von Antoine de Saint-Exupéry war sein Lieblingsbuch. Doch wenn er unter Søren lag, dann war er kein Prinz oder König mehr.
Dann war er nichts anderes als ein Sklave, ein Diener, ein Leib, den Søren nach Belieben benutzen konnte.
Es gab nichts Schöneres für Kingsley, als sich nachts aus der Schule zu stehlen und zu ihrem Versteck zu schleichen, wo Søren bereits auf ihn wartete. Die Krone, die ihm seine Eltern aufs Haupt gesetzt hatten – sie gingen sogar so weit, ihn Kingsley zu nennen, was der wohl unfranzösischste Name aller Zeiten war –, nahm er in diesen Nächten ab und legte sie Søren zu Füßen. Und für ein paar Stunden wurde der Prinz zum Diener, der König zum gemeinen Mann.
Søren strich mit der Hand über die Mitte von Kingsleys Brust, dann tiefer, über seinen Magen, seinen Bauch und noch tiefer. Kingsley stöhnte wieder, so qualvoll war die Erregung, so groß das Verlangen, mit dem er sich danach verzehrte, von Søren … dort … berührt zu werden. Doch Sørens Mund, Sørens Hände erkundeten jeden Zentimeter seines Körpers, bis auf jene Zentimeter, die … jetzt, sofort … unbedingt geküsst und … oh, so verzweifelt berührt werden wollten.
„Du hasst mich“, flüsterte er, und Søren lachte, die Lippen immer noch auf seiner Haut.
„Du bist mir nicht wichtig genug, um dich zu hassen.“ Søren legte seinen Mund an Kingsleys Ohr und küsste sich vom Nacken bis zur Schulter hinab. „Du bedeutest mir gar nichts.“
„Versuchst du deshalb, mich umzubringen?“ Kingsley hob die Hüften, in der Hoffnung, dadurch zumindest ein bisschen Erlösung zu finden, doch das Einzige, was er erreichte, war, dass sich die Spannung in seinem Bauch noch einmal verstärkte. Wenn er nicht aufpasste, würde er gleich kommen. Und er wusste aus Erfahrung, dass er das besser bleiben lassen sollte. Wenn er ohne Erlaubnis kam, schlug Søren ihn grün und blau und blutig – wie die acht Tage alten Striemen in seinem Kreuz eindrucksvoll demonstrierten.
„Ich würde dich niemals töten“, beteuerte Søren und streichelte die Innenseiten von Kingsleys Schenkeln, massierte sie, ließ seine Finger bis an den Rand von Kingsleys zum Bersten gespannter Erektion gleiten … und zog sie wieder zurück. Nur ein Mann konnte nachvollziehen, wie hinterhältig diese spezielle Provokation war. Und nur ein Sadist wie Søren würde so etwas jemals einem anderen Mann antun. „Das wäre eine Verschwendung meiner kostbaren Zeit.“
„Du müsstest jemand anderen finden, den du foltern kannst, wenn du mich töten
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