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Sklaven der Begierde

Sklaven der Begierde

Titel: Sklaven der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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angriffslustig war – und dabei so ruhig blieb. Eine wahrhaft erschreckende Kombination. Erschreckend und gleichzeitig berauschend. Er war Stearns so nahe wie noch nie. Er konnte seinen Atem hören: laut, aber langsam. Er konnte den Duft seiner Haut riechen: Winter, aber mit einem Hauch von Hitze. Eigentlich sollte er mitten in einem solch erbitterten Zweikampf ja nicht zur Kenntnis nehmen, dass Stearns für jemanden, der so hellblond war, ungewöhnlich dunkle Wimpern hatte. Aber er nahm es zur Kenntnis. Er nahm alles zur Kenntnis, was mit Stearns zusammenhing.
    Sie näherten sich den beiden Bäumen, die sie zu ihrem Tor erklärt hatten. Kingsley eroberte den Ball und kickte ihn in elegantem Bogen auf die Stämme zu. Jetzt konnte ihn nichts mehr aufhalten. Er fing an zu lächeln.
    Doch Stearns drehte noch einmal richtig auf, überholte den Ball und fing ihn mit seinen ausgestreckten Händen auf, bevor er zwischen den Bäumen hindurchfliegen konnte.
    Die Zuschauer lachten beeindruckt und jubelten dem Sieger vorsichtig zu. Kingsley starrte Stearns, der den Ball jetzt in einer Hand hielt und still lächelte, erbost an.
    „Du kannst nicht Torwart und Verteidiger sein.“
    „Warum nicht? Du hast keine Regeln festgelegt. Du hast nur das Tor benannt und mir aufgetragen, zu verhindern, dass du den Ball da hineinschießt.“
    „Das ist nicht fair.“
    „Dann machen wir es noch einmal.“
    Stearns ließ den Ball fallen, nahm ihn erst mit dem Knöchel auf und dann mit dem Knie.
    Rechter Fuß. Rechter Fuß. Rechter Knöchel. Rechter Fuß.
    Kingsley sah ihm schweigend zu. Stearns konnte nicht nur gut mit dem Ball umgehen. Er konnte so gut mit ihm umgehen wie Kingsley.
    „Nein“, sagte er. „Ich will nicht mehr spielen.“
    „Weil du diesen Punkt verloren hast?“ Stearns kickte den Ball in die Luft und fing ihn mit einer Hand auf. Die schiere Leichtigkeit seiner Bewegungen war unerträglich. Ja, Kingsley konnte auf dem Fußballplatz zaubern, aber musste hart dafür arbeiten. Stearns hingegen war nicht mal richtig ins Schwitzen gekommen.
    „Weil es sowieso keinen Sinn hat. Du wirst spielen, wie du willst, und gewinnen, egal, was ich mache.“
    „Wahrscheinlich. Aber ich würde mich an deine Regeln halten.“
    Kingsley schüttelte den Kopf, fing den Ball aus der Luft ab und wandte sich zum Gehen.
    „Neue Regel: Such dir jemand anderen, den du schlagen kannst.“
    Als er den Rasen verließ, folgten ihm alle Augen. Aber die anderen waren ihm egal. Wichtig war nur, dass Stearns ihm nachblickte. Er wusste nicht, warum er plötzlich so aufgebracht war. Stearns hatte ja recht – Kingsley hatte keine Regeln festgelegt. Trotzdem, er machte ihn wütend mit seiner Perfektion. Stearns war klüger, faszinierender, talentierter als jeder andere Mensch, den er kannte … Er war einfach zu makellos, um wahr zu sein. Wie ein Engel oder ein mythisches Wesen. Kingsley verabscheute Stearns dafür, für seine Vollkommenheit, seine Schönheit. Er verabscheute ihn, und gleichzeitig begehrte er ihn, verzehrte sich nach ihm. Als er vor der Tür des Schlafsaals stand, ging Kingsley auf, dass er eigentlich gar nicht wütend war, sondern frustriert. Entnervt ließ er sich auf sein Bett fallen.
    Seine Enttäuschung wurde von Minute zu Minute schlimmer. Kingsley starrte an die Decke, und während er die Risse im Putz zählte, spielte er im Geiste noch einmal die Szenen vom Rasenplatz durch. Warum hatte er sich nur so blöd angestellt? Das sportliche Kräftemessen hätte seine Chance sein können, Stearns endlich näherzukommen. Schließlich sprach Stearns sonst mit keinem außer den Priestern und suchte nie die Gesellschaft eines Mitschülers. Nur selten richtete er das Wort an einen Klassenkameraden, und auch nur dann, wenn der so mutig war, ihn zuerst anzusprechen. Und heute hatte er sogar freiwillig mit ihm Fußball gespielt. Und er hatte alles ruiniert.
    „Du bist gut.“
    Kingsley drehte den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Stearns stand in der Tür.
    Kingsley zuckte mit den Schultern und schaute wieder zur Decke. Sein Herz klopfte wie verrückt, und er atmete schneller als normal. Er zwang sich dazu, nicht darüber nachzudenken, warum das so war.
    „Du auch. Hast du in England viel gespielt?“
    Stearns trat ins Zimmer und näherte sich Kingsleys Bett.
    „Ja. Aber jetzt schon lange nicht mehr. Ich war zehn, als ich die Schule dort verlassen habe.“
    Kingsley setzte sich auf, schlug die Beine übereinander und

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