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Sklaven der Flamme

Sklaven der Flamme

Titel: Sklaven der Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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wie groß der narbige Mann war. »Weshalb –?« begann er.
    »Wir gehen in mein Land«, sagte Arkor. »Ich weiß, wie wir am besten hinkommen. Ich kann Sie durchschleusen. Geryn sagt, daß es zum Plan gehört.«
    Jon spürte, wie Ablehnung in ihm hochstieg. Diese Pläne – die Pläne der Herzogin, die Pläne Geryns, selbst die Pläne jenes dreigestaltigen Wesens, das ihn und die anderen beherrschte – sie trieben ihn in die Enge. Freiheit. Das Wort lauerte wie ein Schatten in seinem Innern. »Wann gehen wir also?« fragte er.
    »Morgen früh.«
    »Alter, gib ihm ein Zimmer. Bringe ihn weg von hier. Rasch. Beeil dich.« Sie verließen das Zimmer, und Alter brachte sie in den Korridor.
    Jon überlegte. Wenn er Let beim Dschungelvolk abgeliefert hatte, wollte er weitergehen. Ja. Er würde versuchen, die Strahlungsbarriere zu durchbrechen. Aber sie mußten alle drei nach drüben gelangen, wenn es etwas nützen sollte. Weshalb blieb also Geryn in der Kneipe und schickte den Hünen mit? Wenn Geryn ihn begleitete, dann waren schon zwei von ihnen in der Nähe des Feindes. Aber Geryn war alt. Vielleicht konnte die Herzogin ihn mitnehmen, wenn sie herkam. Nur mit Mühe löste er sich von seinen Überlegungen. Nicht denken. Nicht denken. Denken fesselt das Gehirn – er unterbrach sich. Dann bohrte sich ein neuer Gedanke in sein Inneres – der Gedanke an fünf Jahre unstillbaren Hungers.
    In dieser Nacht schlief er gut. Er erwachte von den hellen Lichtstrahlen, die in sein Zimmer fielen. Es war noch sehr früh. Kurze Zeit später klopfte jemand an seiner Tür und drückte die Klinke herunter. Es war Arkor. Neben ihm stand, winzig und zerbrechlich, der Prinz. Der Hüne schob den Jungen ins Zimmer und ging wortlos hinaus. »Er sagt, daß Sie in fünf Minuten unten sein sollen«, erklärte Let.
    »Gut.« Jon knöpfte das zerlumpte Hemd zu, das er am Tag zuvor dem Strolch gestohlen hatte. Er sah den Jungen an, der schüchtern neben der Tür stand. »Wahrscheinlich mußt du dich an diese Art von Kleidern erst gewöhnen«, sagte er. »Früher einmal hatte ich auch Schwierigkeiten damit. Aber das gibt sich.«
    »Häh?« sagte Let. Und dann: »Oh!«
    »Was gibt es?«
    »Wer sind Sie?«
    Jon überlegte einen Augenblick. »Nun, so etwas wie ein Freund deines Bruders. Zumindest ein Bekannter. Ich soll dich in den Dschungel bringen.«
    »Weshalb?«
    »Du bist dort sicher.«
    »Könnten wir statt dessen nicht ans Meer gehen?«
    »Jetzt frage ich weshalb?«
    »Weil Tel mir letzte Nacht soviel davon erzählt hat. Er sagte, das Meer sei schön. Es gäbe Felsen in allen Farben. Und am Morgen könne man die Sonne wie eine brennende Kugel hinter dem Wasser hochsteigen sehen. Er erzählte mir auch von den Booten. Ich würde gern auf einem Boot arbeiten, wirklich. Daheim darf ich nie etwas tun. Mutter hat Angst, daß ich mich verletze. Werde ich irgendwo arbeiten dürfen?«
    »Vielleicht«, sagte Jon.
    »Tel wußte so schöne Geschichten vom Fischen. Kennst du auch ein paar Geschichten?«
    Jon zuckte mit den Schultern. »Ich habe noch nie versucht, welche zu erzählen. Na, komm jetzt. Wir müssen uns auf den Weg machen.«
    »Ich mag Geschichten«, sagte Let. »Sei doch nicht so. Ich will ja nur nett zu dir sein.«
    Jon lachte, dann dachte er eine Weile nach. »Ich kann dir eine Geschichte über eine Sträflingsmine erzählen. Weißt du etwas von den Minen jenseits des Dschungels?«
    »Einiges«, entgegnete Let.
    »Nun, in diesem Gefangenenlager waren einmal drei Sträflinge.« Sie betraten den Korridor. »Sie hatten schon lange Zeit dort verbracht, und sie wollten fort. Einer war – nun, er hatte Ähnlichkeit mit mir. Der zweite hinkte …«
    »… und der dritte war dick«, unterbrach ihn Let. »Die Geschichte kenne ich.«
    »Wirklich?« fragte Jon.
    »Klar.«
    »Dann erzähle du weiter.« Jon war ein wenig verärgert.
    Let kam der Aufforderung nach.
    Sie warteten unten auf Arkor, als der Junge fertig war.
    »Siehst du!« sagte Let. »Ich habe sie doch gekannt!«
    »Ja«, entgegnete Jon ruhig. Er rührte sich nicht. »Du sagst – die beiden anderen haben es nicht geschafft?«
    »Genau«, meinte Let. »Die Wächter brachten sie zurück und warfen ihre Leichen in den Schlamm, so daß …«
    »Sei still«, befahl Jon. Er schwieg eine Weile. »Wer hat dir diese – Geschichte erzählt?«
    »Petra«, erwiderte Let. »Sie war es. Gefällt dir die Geschichte?«
    »Zufällig bin ich der Mann, dem die Flucht gelang«, sagte Jon.
    Der Junge blieb

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