Sklaven der Flamme
Absperrkette von Polizisten drängte sich eine Menschenmasse. »Und was bedeutet der Gestank?« fügte Clemen hinzu. Er war ein kleiner Mann – genau einen halben Zentimeter größer als die militärische Mindestnorm von einem Meter fünfzig.
»Fisch, Sir«, erklärte ihm der Kommandant. »Es liegen ganze Tonnen davon auf der Straße. Die Leute versuchen das Zeug zu stehlen.«
»Na, sollen sie doch«, entgegnete Clemen. »Dann werden die Straßen gesäubert, und die armen Teufel haben etwas zu essen.«
»Verstehen Sie mich richtig, Sir«, entgegnete der Kommissar. »Der Fisch wurde vergiftet. Bevor man das Zeug auf die Straße kippte, übergoß man es eimerweise mit Barbitid. Eine halbe Tonne wurde dennoch bereits weggeschleppt.«
Clemen drehte sich um. »Tomar«, sagte er, »Sie gehen zurück zum Hauptquartier und sorgen persönlich dafür, daß in der ganzen Stadt eine Warnung bezüglich der vergifteten Fische verbreitet wird. Rufen Sie die Lazarettärzte an, erkundigen Sie sich nach einem Gegenmittel und geben Sie die Information an die Allgemeinheit weiter. Sie haften mir dafür, daß alles klappt.«
Tomar ging zurück zum Hauptquartier, setzte sich mit dem Lazarett in Verbindung, ließ sich das Gegenmittel verraten (es war teuer) und verfaßte die Warnung.
WARNUNG! Alle Bürger, die vor den Rahsok-Kühlhallen Fische aufgelesen haben, befinden sich in unmittelbarer Lebensgefahr. Die Fische wurden mit einem tödlichen Gift übergossen. Genießen Sie Fischgerichte nur, wenn Sie absolut sicher sind, daß sie aus den Aquarien stammen. GEBEN SIE DIE WARNUNG AN IHRE NACHBARN WEITER! Falls bereits vergifteter Fisch genossen wurde, wenden Sie sich direkt an das Lazarett (es folgte die Adresse). Symptome der Barbitid-Vergiftung: etwa zwei Stunden nach Einnahme heftige Krämpfe, gefolgt von Übelkeit, Fieber und geschwollenen Lymphknoten. Normalerweise tritt der Tod zwanzig Minuten nach Einsetzen der Krämpfe ein. Nahrungsmittel mit hohem Calcium-Gehalt (Milch, gemahlene Eierschalen) können das Leben bis zu anderthalb Stunden verlängern. Im Lazarett ist alles auf die Vergiftungen vorbereitet. Sie erhalten Calciumsilikat- und Atropinsäure-Injektionen, die die Giftwirkung weitgehend aufheben.
Tomar schickte die Warnung persönlich durch die Nachrichtenzentrale 27B ab. Er hatte sie als äußerst dringend gekennzeichnet. Zehn Minuten später erhielt er vom Nachrichten-Ingenieur einen Visifonanruf. Der Mann teilte ihm mit, daß 27B seit dem frühen Morgen hoffnungslos verstopft sei, ebenso wie 26B und 25B. Die einzigen noch freien Sektoren seien 23A bis 42A, von denen leider keiner das Stadtnetz vollständig erfassen könne.
Tomar fertigte drei Kopien der Warnung an und schickte sie durch die Sektoren 40A, 41A und 42A. Eine halbe Stunde später rief der Sekretär des Nachrichten-Ingenieurs an und sagte: »Major Tomar, es tut mir so leid, aber ich kam eben erst von meiner Frühstückspause zurück und fand die Warnung auf meinem Schreibtisch. Wegen der vielen Verzögerungen erhielten wir den Befehl, nur befugten Personen die Benutzung des Systems zu gestatten.«
»Und wer zum Kuckuck ist nun befugt?« wetterte Tomar.
»Wenn Sie diese Warnung nicht rasch durchgeben, kann bis zum Abend die halbe Stadt tot sein.«
Der Sekretär überlegte eine Zeitlang. Dann sagte er: »Tut mir leid, Sir, aber – sehen Sie, ich muß davon zuerst dem Nachrichten-Ingenieur Meldung machen, und er ist im Moment nicht da.«
»Wann kommt er zurück?« fragte Tomar.
»Ich – weiß nicht.«
»Wer ist befugt?«
»Nur Generäle, Sir, und auch nur diejenigen, die mit dem Kriegsgeschehen in Verbindung stehen.«
»Ich verstehe.« Tomar legte auf.
Er hatte eben sieben Abschriften der Warnung mit den nötigen Erklärungen an sieben der vierzehn Generäle im Ministerium abgeschickt, als der Nachrichten-Ingenieur ihn anrief:
»Major, was soll all die Aufregung wegen der paar Fische?«
»Hören Sie, es liegen sieben Tonnen davon auf der Straße!«
»Und vergiftet?«
»Richtig. Könnten Sie bitte dafür sorgen, daß die Warnung über alle freien Kanäle hinausgeht – so schnell wie möglich? Es handelt sich wirklich um Leben oder Tod.«
»Wir dürfen eigentlich nur Kriegsmeldungen durchgeben. Aber das hier hat sicher Vorrang. Oh, das erklärt einige der Botschaften, die wir erhalten haben. Ich glaube, eine davon ist sogar für Sie.«
»Ja, und?« fragte Tomar nach einer Pause.
»Ich darf sie Ihnen nicht übermitteln,
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