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Sklaverei

Sklaverei

Titel: Sklaverei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Cacho
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Thema der psychosexuellen Gesundheit hänge mit einer religiösen Moral zusammen, die Frauen verbieten will, ihre Sexualität auszuleben. In den Augen der Frau, mit der ich in Barcelona sprach, ist die sexuelle Dienstleistung offenbar nichts anderes als der Verkauf eines Sandwichs in einer Bar. Aber für den Klienten, der in ihren Körper eindringt, ihn unterwirft und instrumentalisiert, ist dies definitiv etwas anderes als der Verzehr eines Sandwichs. Und gesellschaftlich und kulturell gesehen, bestärkt der Verkauf einer sexuellen Dienstleistung die Wahrnehmung, es sei vollkommen in Ordnung, Menschen gegen Geld zu kaufen und zu misshandeln.
    An dieser Stelle sei erwähnt, dass es in aller Welt nicht einmal eine halbe Million organisierte Prostituierte (beziehungsweise Sexarbeiterinnen, wie sich einige nennen) gibt. Das bedeutet nicht, dass sie als Minderheit unter den Prostituierten keine Stimme haben. Aber die Diskussion um die Rechte dieser Gruppe wird komplizierter, wenn mit deren Ausübung gesellschaftliche und kulturelle Werte und vor allem Delikte gefördert werden, die der Mehrheit schaden.
    Carmela, eine ehemalige mexikanische Prostituierte, die in einer Organisation zur Prävention von Gewalt in Miami arbeitet, erklärt:
    Früher haben wir Frauen gesagt: »Mein Mann schlägt mich, weil er mich liebt«, weil man uns von klein auf gesagt hat, dass Schläge Liebe bedeuten. Aber irgendwann haben wir verstanden, dass sie das genaue Gegenteil bedeuten. Und heute sollen wir sagen: »Meine Kunden vergewaltigen und erniedrigen mich, weil ich frei bin.« Was für eine Riesendummheit! Sexuelle Freiheit bedeutet, nicht ausgebeutet zu werden und zu schlafen, mit wem man will, und zwar nicht, um einem Gewerbe zu nutzen, das die Erniedrigung der Frau und die Normalisierung der Gewalt betreibt.
    Wenden wir uns der Debatte über die von der Pornographie ausgelösten gesellschaftlichen Schäden zu. Catharine MacKinnon schreibt, mit der fortschreitenden Legitimierung und Popularisierung der Pornographie gehe eine zunehmende Normalisierung der Gewalt gegen Frauen einher, und die Gesellschaft stumpfe gegen die sexuelle Ausbeutung ab. Kritiker der Pornographie und ihrer gesellschaftlichen und kulturellen Folgen würden zudem als Gegner der freien Meinungsäußerung angefeindet und disqualifiziert. In diesem Zusammenhang sollten wir uns ins Gedächtnis rufen, dass viele der im Kampf gegen den Menschenhandel aktiven Therapeuten fordern, die sexuelle Ausbeutung als Menschenrechtsverletzung zu behandeln. All diese Faktoren spielen beim Verständnis der Prostitution und des Sexgewerbes eine Rolle.
    Versteht ein Philosoph, der vom Katheder seiner britischen Eliteuniversität aus über die Freiheit, sich zu prostituieren, schwadroniert, was seine Ausführungen für die konkreten Menschen bedeuten, die in den Netzwerken der Prostitution Gewalt erdulden müssen, und zwar nicht nur sexuelle, sondern auch rassistische und sexistische Gewalt? Es handelt sich um eine strukturelle Gewalt mit zutiefst frauenfeindlichen Wurzeln, die nicht nur Einzelpersonen, sondern ganze Gruppen betrifft.
    Aber am anderen Extrem des Meinungsspektrums steht eine katholische oder protestantische Nonne, die junge Frauen aus der Prostitution befreit, nicht sehr viel besser da. Die Vertreter der christlichen Kirchen haben in der Regel große Schwierigkeiten, die Sexualität als etwas Normales und Gesundes anzuerkennen. Ihr radikaler Standpunkt, von dem aus sie gegen den Menschenhandel ankämpfen, basiert auf Vorurteilen, Ängsten und Dogmen, die keinen Dialog zulassen, nicht einmal mit den Opfern selbst. Im Gegenteil, die Kirchenvertreter stülpen den Opfern dogmatische Diskurse über und verdecken auf diese Weise die Komplexität der Hypersexualisierung, die einige der Opfer im Zusammenhang mit einer posttraumatischen Belastungsstörung erleben.

Stimmen und Standpunkte
    Carolina Hernández, Angehörige der spanischen Prostituierten-Vereinigung Colectivo Hetaira, schreibt:
    Beim Begriff Sexarbeit, wie die Prostitution heute heißt, denken viele Menschen an Zuhälter, Prostituierte, Mafia, soziale Probleme und so weiter, aber sie vergessen dabei, dass es sich um einen Beruf handelt, für den man sich frei entscheidet. Die meisten meiner Kolleginnen wurden von niemandem gezwungen, auf der Straße zu arbeiten, sie wurden von niemandem getäuscht. Die Mehrheit der Frauen auf der Straße hat die Freiheit, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen … Das passiert mit

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