Sklaverei
Konventionen und Übereinkünfte wenig bringen, wenn sie sich in den jeweiligen Unterzeichnerländern nicht in Gesetzen niederschlagen. Daher bleibt die weltweite Umsetzung bestimmter Abkommen letztlich nichts als eine Phantasie der Vereinten Nationen. So kommt es, dass Vertreter eines Landes vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen das Wort ergreifen und gegen die Zwangsprostitution im Japan des Jahres 1943 wettern können, während die eigene Armee im selben Moment die massenhafte Vergewaltigung von Frauen als Waffe einsetzt.
In den meisten Staaten, die Gesetze gegen Menschenhandel und Prostitution verabschiedet haben, ist das Thema der Verschleppung von Frauen und Mädchen inzwischen fester Bestandteil der Ausbildung von Polizei- und Sicherheitskräften (die nicht selten ehemalige Angehörige der Armee sind). Was fehlt, ist eine Sensibilisierung für die eigene sexuelle Gewalt und die Geschlechterrolle der Polizisten, Einwanderungsbeamten und Soldaten, die selbst Kunden sind und Prostitution und Gewalt gegen Frauen für etwas vollkommen Normales halten.
Schmutzige Arbeit im Irak
Wenn die japanische Regierung die Existenz von Prostitutionslagern so lange leugnen konnte und wenn die Regierung der Vereinigten Staaten nichts mit der Prostitution in Thailand, den Philippinen, Panama oder dem besetzten Irak zu tun haben will, dann vor allem aus einem Grund: Die Militärbordelle werden von unabhängigen Geschäftemachern betrieben, die sich wie die Aasgeier um die Armee scharen. John Perkins, Autor der Bestseller
Bekenntnisse eines Economic Hit Man
und
Weltmacht ohne Skrupel
, erklärt, wie die Armee Allianzen mit Privatunternehmen eingeht, die während des Krieges ihre schmutzige Arbeit verrichten. Dazu gehört auch die Verschleppung von Frauen und Mädchen in die Bordelle der Armee. Seit George W. Bush im Jahr 2006 mit großem Tamtam den Kampf gegen den internationalen Menschenhandel ausrief, muss die amerikanische Armee bei der Freizeitgestaltung ihrer Soldaten lediglich etwas mehr Diskretion walten lassen.
In einer Reportagereihe mit dem Titel »Pipeline to Peril« beschrieb die amerikanische Tageszeitung
Chicago Tribune
die Kanäle, über die Menschen sowohl in die Zwangsarbeit als auch in die Prostitution verschleppt werden. [12] Der Journalist David Phinney untersuchte beispielsweise die kuwaitischen Unternehmen, die mit dem Bau der neuen amerikanischen Botschaft in der »grünen Zone« von Bagdad – in der die US -Bürger leben – beauftragt worden waren, und stellte dabei fest, dass diese sich auch im Menschenhandel betätigten und Bordelle eingerichtet hatten, die als Schönheitssalons, chinesische Restaurants und sogar als Herbergen für Frauen getarnt waren. Die amerikanische Militärführung behauptete, sie habe den Soldaten den Kontakt zu Prostituierten untersagt. Doch während sich die Außenministerin Condoleezza Rice zur Sprecherin des Kampfs gegen die Sklaverei in aller Welt aufschwang, warben diese Unternehmen – darunter auch private Sicherheitsfirmen, die in der »grünen Zone« tätig waren – im Internet und priesen Frauen aus Weißrussland, China und dem Iran an. Als der Soldat Patrick Lackatt im Jahr 2005 von einem Irakeinsatz in die Vereinigten Staaten zurückkehrte, behauptete er, in Bagdad könne man eine Frau »für einen Dollar pro Stunde« bekommen. Für die meisten Soldaten lohnt sich jedoch ein Ausflug in die Vereinigten Arabischen Emirate, wo die Gesetze gegen Prostitution und Menschenhandel locker gehandhabt werden und Frauen aus Zentralasien und Russland zu haben sind. Die Freizeitgestaltung der amerikanischen GI s findet in den großen Hotels von Dubai statt. Mehrere junge Frauen, die ich im Jahr 2009 in Usbekistan kennenlernte, berichteten mir, sie seien zur Zwangsprostitution in die Emirate verschleppt worden und ihre Kunden seien überwiegend amerikanische Soldaten gewesen.
In ihrem Balkanbericht aus dem Jahr 2005 schrieb Sarah Mendelson: »Die Regierung der Vereinigten Staaten hat zwar verschiedene Programme eingerichtet und Gesetze verabschiedet, um der Zwangsprostitution Einhalt zu gebieten, doch diese werden nicht umgesetzt, weshalb es sich letztlich nur um eine PR -Aktion handelt. Im Falle der sexuellen Ausbeutung von Frauen durch Soldaten und private Sicherheitsunternehmen sieht die Militärführung häufig weg, weil es ihr darum geht, die Moral der Truppe zu erhalten.«
Vergewaltigung als Schicksal und Strafe
»Was steckt hinter der sexuellen Gewalt? Warum
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