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Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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als anrüchig. Im Osten ist sie ein akzeptabler Brauch.«
    »Deshalb brauchst du sie nicht zu billigen.«
    »Ich sagte nicht, daß ich sie billige, aber ich bin im Orient aufgewachsen. Ich nehme sie als das, was sie ist – eine Art zu leben.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Der Marquis seufzte, denn dies war nichts anderes als das Wiederkäuen einer alten Streitfrage. »Es ist nur … glaubst du, daß du sie sehen wirst?«
    Derek wußte, daß sein Großvater nicht mehr von der Engländerin sprach. »Ich weiß es nicht.«
    »Falls du sie siehst, sag ihr, daß ich ihr von Herzen danke.«
    Derek nickte und umarmte den alten Herrn. Eine tiefe Bewegung schnürte ihm den Hals zu. Die Botschaft war eindeutig und galt auch ihm selbst. Sie zeugte von der Anerkennung, der Liebe und dem Stolz seines Großvaters, der seine Gefühle nicht leicht offenbarte. Die beiden Männer mochten in vielen Punkten gegenteiliger Ansicht sein, und Robert mochte Dereks lustbetontes Leben mißbilligen, doch im Lauf der Jahre hatte sich zwischen Großvater und Enkel eine starke Bindung entwickelt, die unzerstörbar war.
    Eine Stunde später hielt sich Derek noch allein in der Bibliothek auf, als ihm Lord Marshall Fielding angekündigt wurde. Der Besucher hatte Mr. Walmsley seinen Hut und Mantel übergeben und strich sich die widerspenstigen braunen Locken glatt, als er den Raum betrat.
    Derek erhob sich zur Begrüßung, und es gelang ihm, seine Überraschung zu verbergen. Daß Marshall heute statt morgen gekommen war, bedeutete, daß er Dereks Nachricht nicht erhalten hatte und aus eigenem Antrieb erschien.
    »Was führt dich von London hierher, Marsh?«
    Dichte Brauen über hellgrünen Augen gaben Marshall einen ständig ernsten Ausdruck, der sich nicht einmal beim Lächeln wesentlich änderte. »Es ist schon beinahe einen Monat her, daß ich zuletzt hier war. Ich dachte, ich müßte mal schauen, wie es deinem Gewissen geht.«
    Derek brach in Gelächter aus. Marshall gab doch niemals auf, vor allem nicht, wenn er Derek zu etwas überreden wollte, das seiner Meinung nach von keinem anderen bewerkstelligt werden konnte. Sicher war er gekommen, um die zuletzt geführte Diskussion zu erneuern – doch es bestand wenig Hoffnung, Derek umzustimmen.
    Marshall war ein Organisator, die Ausführung überließ er anderen. Er und Derek waren ein ungleiches Paar. Sie hatten nichts gemeinsam, außer ihrem Alter und der Liebe zu Pferden – da war es erstaunlich, daß sie während der Schulzeit eine enge Freundschaft geschlossen hatten. Sie bestanden aus Gegensätzen: ernst, zurückhaltend und konservativ der eine, kühn, abenteuerlustig und ein wenig arrogant der andere. Während der eine antrieb, bremste der andere – so ergänzten sie sich perfekt.
    »Setz dich, Marshall.« Derek wies auf die bequemen Sessel. »Du bist gerade rechtzeitig zum Tee gekommen.«
    Marshall ging nicht auf das Angebot ein. »Ich merke, daß dich dein Gewissen nicht plagt.«
    »Ich habe keines.«
    »Derek …«
    »Oh, Marsh, reg dich ab! Du könntest nie ein Gesandter im Osten werden. Du mußt die Dinge sanft angehen und zuerst ein paar Höflichkeiten austauschen. Also – was macht das Spionagegeschäft?«
    »Du weißt, daß wir dieses Wort nicht mögen. Auswärtiger Nachrichtendienst …«
    »Ein Spion ist ein Spion, ganz gleich, wie du ihn nennst.«
    »Das gebe ich zu«, sagte Marshall gutmütig. »Nun, reichen dir die ausgetauschten Höflichkeiten, oder sollen wir noch über das Wetter reden?«
    »Das Klima ist ziemlich mild für …«
    »Derek, du könntest mit Leichtigkeit einen Heiligen zur Verzweiflung bringen. Du sitzt hier und verbreitest Unsinn, während Miß Charity Woods Scheußlichkeiten erdulden muß …«
    »Hör auf, Marsh«, unterbrach Derek den Freund schroff. »Du weißt nicht, ob das Mädchen irgend etwas erduldet. Es ist mir zufällig bekannt, daß es Frauen gibt, die sich als Sklavinnen verkaufen, um dahin zu kommen, wo deine Miß Woods vermutlich gelandet ist. Haremsfrauen werden verwöhnt und mit Luxus überschüttet. Sie werden selten mißbraucht.«
    Marshall lehnte den Kopf zurück und schloß die Augen mit einem Seufzer. Er hätte wissen müssen, daß es Zeitverschwendung war, Derek umstimmen zu wollen. Falls die Gründe für Dereks Weigerung nicht gerechtfertigt erschienen, blieb doch die Tatsache bestehen, daß sie beide verschiedener Auffassung waren, was die Lage von Frauen betraf, die in moslemische Staaten verkauft wurden. Wo hatte Derek gelebt, daß

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