Sklavin des Wolfes (German Edition)
schon mal die Exklusivität eines Abends in einem dieser Räume genossen hatte.
Etwa einen Meter hinter der Tür befand sich ein schwerer, in der Mitte geteilter Vorhang aus rotem Stoff. Ihre Hände schoben ihn auseinander. Zunächst nahm sie nur das indirekte Licht und die weißen Kerzen in den silbernen Leuchtern wahr, die ein warmes Licht zauberten. Der Rest des Raumes versank in einem angenehm diffusen Dunkel. Zwei gemütliche Sessel mit dicken Polstern, leise Musik und ein niedriger, gedeckter Tisch. Ein Sektkübel, Gläser, ein Teller mit Weintrauben, Datteln und anderen kleinen Früchten.
»Guten Abend, Prinzessin. Du bist unpünktlich. Exakt fünf Minuten zu spät.«
Mia fuhr herum. Tiete hatte hinter dem Vorhang gestanden, aber sie hatte ihn nicht bemerkt, weil sie zu sehr von dem romantischen Ambiente beeindruckt gewesen war. Sein Tonfall war vorwurfsvoll.
»Guten Abend, Herr Tiete. Tut mir leid, aber die U-Bahn hatte Verspätung.«
Sie reichte ihm ihre Hand und er nahm sie, führte sie zum Mund und hauchte einen Kuss darauf, ohne den Blick von ihr zu lassen. Mia fühlte, wie ihre Mundwinkel zu einem amüsierten Zucken tendierten und musste ihren ganzen Willen zusammennehmen, um ernst zu bleiben. Was er wohl von ihrem gar nicht eleganten Outfit hielt? Es entging ihr nicht, dass er sie schnell von oben bis unten musterte. Sein formvollendeter Handkuss und seine Anrede hätten perfekt gepasst, wenn sie sich ihm ladylike in einem schönen Kleid präsentiert hätte.
Tiete ließ Mia im Ungewissen über seine Meinung. Er nahm ihr die Jacke ab, dann bat er sie mit einer Handbewegung Platz zu nehmen. Er selbst blieb zunächst noch stehen, nahm die Champagnerflasche aus dem Eiskübel und schenkte in die beiden mit einem feinen geschliffenen Muster verzierten Gläser ein. Er reichte ihr eines davon.
»Zum Wohl, Prinzessin in Hosen. Lass uns anstoßen.«
Mia zuckte zusammen. Jede Geste saß perfekt und ebenso perfekt war sein Äußeres. Sein schwarzer Anzug war modern und zugleich elegant, mit einem roten Tuch in der Brusttasche. Das Innenfutter war silbern, auch das schneeweiße Hemd war mit feinen Silberfäden durchwirkt. Er trug einen schwarz-rot gemusterten Schlips. Als er ihr das Glas reichte, erkannte sie, dass auf dem roten Untergrund des Schlipses schwarze Wölfe in unterschiedlichen Posen abgebildet waren. Sitzend, schnüffelnd, heulend.
»Auf was stoßen wir denn an?«
Er lächelte verhalten. »Darauf, dass die widerspenstige spröde Prinzessin endlich mit dem Wolf, der ihr schon seit langem auf der Spur ist, einen intimen Abend verbringt.« Er nahm einen kleinen Schluck, fixierte sie mit den Augen. Er wollte sich wohl ihre Reaktion auf seine Worte nicht entgehen lassen.
Mia versuchte zu lächeln. Sie kam sich vor, als sei sie in eine Falle getappt. Sein Blick zog sie ebenso nackt aus wie seine Worte. Es war ihr jedoch weniger unangenehm als sonst. Sie war überrascht, was für ein schönes Ambiente er für das Treffen ausgesucht hatte und ihr schlechtes Gewissen meldete sich, dass sie einer Laune nachgegeben und sich alles andere als hübsch angezogen hatte.
Er setzte sich in den anderen Sessel ihr gegenüber, nippte schweigend an seinem Glas und zupfte zwei grüne Trauben aus der reichhaltig befüllten Obstschale auf dem Tisch. Während er sie sich betont langsam in den Mund schob, betrachtete er Mia. An ihrem zerrupften T-Shirt blieben seine Augen besonders lange hängen.
Ein erregendes Kribbeln erfasste ihren Körper. Wäre nicht das Glas, dann hätte sie nicht gewusst, wohin mit ihren Händen. Er machte sie nervös. Durch seine bloße Anwesenheit, seine gestylte Erscheinung, seinen Blick, und weil sie ihm etwas schuldig war. Aber es war mehr als nur das. Er verströmte eine Aura, die ihr den Kopf vernebelte. Sie atmete auf, als es zweimal vernehmlich klopfte.
»Ja, kommen Sie bitte herein.«
Tiete hatte geantwortet, ohne sich einen Millimeter zu rühren. Mia hatte aufgeschaut, um ihn zu betrachten und senkte verlegen den Blick, als sie seinem begegnete. Er war lauernd und dunkel, sodass sie das Gefühl hatte, er würde direkt in ihre Seele eindringen. Was sah er dort? Wusste er von ihren Ängsten, ihren kleinen Geheimnissen, ihren Sehnsüchten?
Der Vorhang wurde zur Seite geschoben und ein Kellner kam mit zwei chromblitzenden Serviertellern herein, auf denen in einer dekorativen Anordnung verschiedene Canapees angerichtet waren. Er grüßte, stellte die Teller ab und verließ das
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