Sklavin des Wolfes (German Edition)
ihrem BWL-Studium vorgestellt hatte, war sie darüber erleichtert gewesen. Der Arbeitsmarkt gab ihr im Augenblick kaum die Möglichkeit in eine attraktivere Stelle zu wechseln.
»Oder haben Sie einen anderen Vorschlag, Frau Kramer?«
Wieder war sein Tonfall sanfter und entgegenkommender. Wie schaffte er es nur, von einer Sekunde zur anderen zwischen schneidendem Sarkasmus und diesem einlullenden Ton zu wechseln? Wie viele Seiten hatte dieser Mann? Wie interessant wäre es unter anderen Umständen gewesen, dies herauszufinden. Was um Himmels willen sollte sie ihm vorschlagen? Dass sie den Schaden aus eigener Tasche beglich? Gab es für so etwas keine Versicherung? Nein, bestimmt nicht. Sie hatte einen Fehler begangen und musste dafür gerade stehen.
Tiete stand auf und reichte ihr die Hand. Mia erhob sich verwirrt. War das alles?
»Auf Wiedersehen, Frau Kramer.« Er wandte sich Richtung Schreibtisch.
Mia sprang auf. »Warten Sie bitte, Herr Tiete. Ich – wir – könnten wir beide uns nicht doch noch einigen und Sie rufen Herrn Scheitl nicht an? Ich meine – wenn Sie die Rechnung erstmal bezahlen, ich könnte Ihnen doch das Geld zurückerstatten, natürlich nicht alles auf einmal, soviel habe ich nicht gespart, in Raten …«
Tiete drehte sich betont langsam um. Am liebsten wäre Mia im Boden versunken vor Scham, aber es ging darum, ihren Job zu retten, deshalb hielt sie seinem finsteren Blick stand. Er machte nicht den Eindruck, als ob er sich durch irgendetwas erweichen ließ, wenn überhaupt, dann durch einen konstruktiven Vorschlag.
»Nettes Angebot, Frau Kramer, aber meinen Sie nicht, dass Herr Scheitl informiert werden sollte?«
»Aber – es war doch das erste Mal, dass mir das passiert ist. Herr Tiete, bitte – lassen Sie uns darüber reden. Sie haben doch eben selbst gesagt, dass Sie mit unserer Zusammenarbeit bisher zufrieden waren.«
Tiete gab ein undefinierbares Brummen von sich. »Vielleicht ist Ihnen dasselbe bei anderen Kunden auch schon passiert, und Herr Scheitl weiß noch gar nichts davon, weil Sie bis jetzt jeden um den Finger gewickelt haben?«
»Was – aber – ich …« Mia schluckte nervös. Er wusste doch am allerbesten, dass sie es nicht darauf anlegte, ihre weiblichen Reize als Vorteil auszuspielen. Traute er ihr so viel Raffinesse zu? Sein Lächeln passte überhaupt nicht zu seiner Drohung. Aber Argumentieren in Konfliktsituationen war noch nie ihre Stärke gewesen. Sie fühlte sich in die Enge getrieben.
Er kam einen Schritt näher. »Nun, Frau Kramer? Was möchten Sie mir darauf erwidern?«
In seiner Stimme schwang ein undefinierbarer Unterton. Mia bekam feuchte Hände. Die Luft knisterte vor Spannung. Ihr war heiß. Verdammt, er sah auch heute wieder aus wie die personifizierte Anzeige aus einem Modemagazin. Der Körper, der sich unter dieser perfekten Kleidung verbarg, musste ebenso makellos sein. Am liebsten würde sie ihn ausziehen und – verdammt, eigentlich sollte sie über etwas ganz anderes nachdenken, doch wie sollte sie sich konzentrieren, wenn er sie dermaßen durcheinander brachte? Wenn sie ihn nur ansah, war ihr Gehirn wie gelähmt.
»Bitte«, presste sie mit letzter Konzentration heraus. »Bitte, Herr Tiete.«
Die Strenge seiner Miene ließ nach, er sog tief die Luft ein, ein kurzes Lächeln überzog seine Lippen, dann kehrte er auf einmal an den Tisch zurück und setzte sich.
Mia schickte ein Stoßgebet des Dankes zum Himmel und beeilte sich, sich ebenfalls wieder zu setzen.
»Nun, vielleicht habe ich eine bessere Idee, anstatt Ihr Konto zu belasten. Es liegt durchaus nicht in meiner Absicht, Sie in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen. Bisher lief ja wirklich immer alles rund und ich denke, ich habe aus meinem persönlichen Interesse an Ihnen keinen Hehl gemacht. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Was halten Sie denn davon, den Betrag abzuarbeiten?«
Mia war für Sekunden verblüfft, dann nickte sie erleichtert. Sie merkte erst jetzt, wie flach und stockend sie geatmet hatte. Ihr war ein wenig schwindelig und sie holte tief Luft. Endlich. Er war also doch nicht so hartherzig. Sie würde allem zustimmen, allem, was im Bereich des Machbaren war.
»Danke, Herr Tiete. Einverstanden. Vielen Dank, dass wir darüber reden können. Was soll ich tun? Ihre Rechnungen schreiben, Akten sortieren, Werbung für Ihre Produktpalette machen? Sagen Sie es einfach.«
»Nein.«
Sein fixierender, aber alles andere als unfreundlicher Blick durchbohrte sie. Mia fühlte
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