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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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beabsichtigte, einstudierte Gereiztheit zu klingen. Seine Stimme war zu hoch und abgerissen angesichts der ungewollten Erinnerung an Marisol. Und Manco lächelte, als er sie hörte; der Sinn des Gangsters dafür, wie man jemanden verletzte, kam bei diesem Umschwung voll zur Geltung.
    »Aha. Du hast vielleicht geglaubt, sie würde dich um deiner selbst willen lieben? Welchen Schock muss es an jenem Tag für dich bedeutet haben…«
    »He, verdammt, es reicht! Wie ich gesagt habe.« Jetzt hatte er ihn, den gedehnten Tonfall. »Wir sind nicht hier, um meine Familiengeschichte zu debattieren.«
    Aber Tayta Manco war als Messerstecher in den Slums von Cuzco aufgewachsen, und er wusste, wann eine Klinge getroffen hatte. Er legte nach und senkte die Stimme. Leise wurde sie, und ätzend.
    »Ja, das kleine, harte Infofilmchen, die Männer in Uniformen, die schreckliche Wahrheit. Welcher Schock! Das Wissen, dass irgendwo dort draußen deine Mutter ihre Hälfte gegen Bares verkauft hat, sich von dir hat ernten lassen, und dass eine andere Frau, gegen Bares, vierzehn Jahre lang ihre Rolle übernommen hat und dann, an jenem Tag, dich wie nach einer abgesessenen Gefängnisstrafe verlassen hat. Wie hat sich das angefühlt, Verdrehter?«
    Jetzt überkam sie ihn, pulsierend, die tödliche Wut, die schwarze Flut im Hinterkopf, wie ein schwaches Zischen, wie Losgelöstsein. Wie viel schwerer fiel es ihm, sich dagegen zu stemmen, als wie kurz zuvor kalte Berechnungen anzustellen, in dem Wissen, dass Manco Bambaren durch seinen Handkantenschlag den Tod fände. Das war keine große Kunst gewesen, das waren Daumen, eingehakt in die Augen des familia-Paten und tief ins Gehirn versenkt, ein Reflex des Kiefergelenks zuzuschnappen, der wilde, wogende Drang zu zerschmettern, zuzubeißen…
    Wenn wir uns durch das beherrschen lassen, worin wir ausgebildet wurden, sagte Sutherland irgendwo in der Ferne hinter den brechenden Wogen seiner Wut, dann sind wir nichts weiter und nicht besser als die Waffe, die sie hofften, aus uns zu formen. Aber wenn wir stattdessen von unserer limbischen Polung beherrscht werden, dann wird jegliche bigotte, hassgetriebene Furcht, die sie vor uns haben, zur Wahrheit. Wir müssen einen anderen Weg suchen. Wir müssen uns unseren Weg freidenken.
    Carl verzog den Mund zu einem Lächeln und schob seine Wut beiseite, sorgfältig, wie eine viel geliebte Waffe in ihre Hülle.
    »Legen wir die Sorge um meine Gefühle doch mal für einen Augenblick beiseite«, sagte er. »Erzähle mir lieber, wie du mit deinen marsianischen Vettern zurande kommst!«
    Er hatte die Absicht gehabt, die Frage aus heiterem Himmel zu stellen, und dem Ausdruck des anderen Mannes nach zu schließen, war es ihm gelungen. Bambaren sah ihn so verblüfft an, als hätte er gerade gefragt, wo der lange verschollene Schatz der Inkas aufbewahrt wurde.
    »Wovon redest du eigentlich?«
    Carl zuckte mit den Schultern. »Ich hätte gedacht, die Frage wäre einfach genug gewesen. Hast du kürzlich viel Kontakt mit dem marsianischen Zweig gehabt?«
    Bambaren breitete die Arme aus und zog gereizt die Brauen zusammen. »Niemand spricht mit dem Mars. Das weißt du.«
    »Ihr redet miteinander, wenn dabei für euch etwas herausspringt.«
    »Diese Möglichkeit ist damals, 74, abhanden gekommen. Auf jeden Fall wäre es zurzeit sinnlos. Es besteht keine konkrete Möglichkeit, die Quarantäne am Orbitalturm zu umgehen.«
    Stimmt nicht. Hast du nichts davon gehört? Schließe einfach den N-Dschinn auf einem Schiff kurz, steige in eine Ersatzkryokappe – du kannst immer den vorherigen Bewohner essen, falls du hungrig bist – und lasse dich wie ein Geschoss mit Hilfe der Überlebensmodule in den Pazifik plumpsen. Ist doch ’n Klacks!
    »Du hältst es also auch für ziemlich sinnlos, einen erklärten Krieg über diese Quarantäne hinweg zu führen? Über interplanetarische Distanzen?«
    »Ich hätte nicht erwartet, dass du das verstehst.«
    Carl grinste. »Hass wird einen Weg finden, hm? Die alte Magie der deuda de sangre.«
    Der familia-Pate. musterte den Boden. »Bist du wirklich den ganzen Weg nach Cuzco gekommen, um mit mir über die afrenta marciana zu debattieren?«
    »Nicht direkt, nein. Aber mich interessiert alles, was ihr, du und deine Kollegen, über ein mögliches Wiederaufleben wisst.«
    Erneut das Zucken von Ärger auf Mancos Gesicht. »Ein Wiederaufleben von was, schwarzer Mann? Wir sind im Krieg. So viel steht fest, so stehen die Dinge. Bis uns die

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