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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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ein wenig zurückrutschte, als er wieder darin zusammenbrach.
    »Setz dich!«, wies sie ihn an.
    Wut explodierte in seinen Augen. Seine Stimme stieg in die Höhe.
    »Ihr seid falsche Richter. Falsche Gesetzgeber, Geldwechsler, versunken in stinkenden Sünden des Fleischs und der Korruption.« Es war, als kotze er etwas lange Unterdrücktes aus. »Wegen euch werde ich nicht vom Weg abweichen, ihr werdet nicht…«
    »Soll ich ihn zum Schweigen bringen?«
    »… die Oberhand behalten, ich gehe euch nicht mehr in die Falle. Das Jüngste…«
    »Nein, will ich nicht, verdammt! Ich möchte…«
    »… Gericht naht. Er ist hier! Er lebt, fleischlich, mitten unter uns! Ihr kennt ihn als Merrin, aber ihr wisst nichts, er ist…«
    Die Tirade ebbte ein wenig ab, verlor etwas von ihrer schrillen Wut, als Carl und Rovayo den Jungen mit neuem Interesse ansahen.
    »… der Herr der himmlischen Heerscharen«, beendete er unsicher.
    »Merrin ist hier?«, brach es aus Carl heraus. »An Bord der Cat? Gerade im Augenblick?«
    Der Junge presste fest die Lippen aufeinander. Carl warf Rovayo einige Blicke zu. Sie griff nach ihrem Handy.
    »Kannst du eine Sperre über diesen Ort verhängen?«
    »Schon dabei.« Sie wählte bereits, hielt sich das Handy ans Ohr und sah ihn an, während sie zuhörte. »Alcatraz kann eine Sperre für ein- und ausgehenden Verkehr verhängen. Muss vielleicht ein paar Leute dafür aus dem Bett klingeln, aber…«
    Im Handy knisterte es hörbar, das Protokoll für das Zerhacken lief, und dann ertönte eine Stimme. Rovayo schnitt ihr das Wort ab.
    »Alicia Rovayo, Spezialeinheit. Hören Sie mir zu, und dann holen Sie mir den diensthabenden Beamten an den Apparat!«
    Pause. Ganz bewusst lenkte Carl den Blick zurück auf den Jungen im Stuhl. Beiläufig fragte er: »Ist das über Satellit durchsetzbar?«
    Rovayo nickte. »Da sollte was über uns sein. Einer von unseren oder etwas, das wir für die Zeit mieten können. Für die Spezialeinheit ist das normalerweise möglich. Hallo? Ja, Ravayo hier, hören Sie…«
    »He! Nein!«
    Carl brauchte den anonymen Aufschrei nicht. Tanindo, wie Sutherland es lehrte, funktionierte auf einem hoch entwickelten Gespür für Nähe, und das Netz zog es noch höher. Er spürte den Jungen vom Stuhl aufspringen, ohne sich dafür umwenden und es sehen zu müssen. Er wandte sich um, in aller Ruhe, und bekam die Flucht in derselben losgelösten Aufmerksamkeit aus dem Augenwinkel mit, die ihn schon vor dem Machetenangriff geschützt hatte. Der Junge war bereits außer Reichweite und suchte Zuflucht in einem Seitengang. Mächtig arbeitende Gliedmaßen, Kopf zurückgeworfen, ein Spurt mit verzweifelter Geschwindigkeit. Alles in allem nicht schlecht.
    Er sah Rovayo sich versteifen, aufhören, mit Alcatraz zu sprechen. Nach ihrer weggesteckten Waffe greifen. Er legte ihr vorbeugend einen Arm auf die Hand und schüttelte den Kopf.
    »Lass ihn! Ich folge ihm.«
    »Aber du…«
    »Entspann dich. Hinter Idioten herrennen, damit verdiene ich mir den Lebensunterhalt.«
    Er wandte sich ab. Hätte gern die Waffe gehabt, aber um das durchzudiskutieren, dafür war keine Zeit…
    »Er entkommt!«, rief die Australierin.
    Carl erübrigte ihr einen mörderischen Blick und hatte sich dann in Bewegung gesetzt. Ein langsamer Lauf, der sich zu einem Spurt aufbaute, an Geschwindigkeit und Zielstrebigkeit gewann, an feiner konzentrierter Intensität der Jagd.
    Zeit, Merrin zu suchen und ihn zu erledigen.

 
38
     
     
    Hellwach und vom Jetlag so zerschlagen, dass selbst das Syn die Teile nicht wieder zusammenkleben konnte, saß sie im Fenster des Hotelzimmers und starrte über die Bay hinaus. COLIN-Privilegien – Suite im obersten Stockwerk, ungestörte Aussicht. Die wandernden Scheinwerfer auf der Brücke lenkten ihren Blick unausweichlich dort hinüber, wo Oakland sein eigenes nächtliches Lichtspiel unten am Wasser und weiter die Hügel hinauf präsentierte.
    Verdammte, verfuckte, verpisste Scheiße!
    Norton wollte ihn stadtweit zur Fahndung ausschreiben, aber weder sie noch Coyle hatten daran Interesse. Beide wussten verdammt gut, wo Marsalis war, und die Tatsache, dass er sich, formell gesehen, ohne Erlaubnis entfernt hatte, war die unbedeutendste davon. Rovayo ging nicht an den Apparat, und was das zu bedeuten hatte, stand auf dem Gesicht des anderen Rimpolizisten geschrieben wie eine Verletzung aus einem Straßenkampf. Sevgi wusste nicht genau, ob Coyle und Rovayo jemals zur Sache gegangen waren, aber

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