Skulduggery Pleasant -1- Der Gentleman mit der Feuerhand
Fahrerseite war von dem Zusammenstoß noch schwer eingedellt, und über die Windschutzscheibe zog sich ein Riss. Drei der Seitenfenster waren ohne Glas, und die Kühlerhaube wies auf der linken Seite einige hässliche Dellen auf. An die Stelle des leisen Schnurrens des Motors war ein besorgniserregendes Knattern getreten, das abrupt aufhörte, als der Motor abgestellt wurde. Skulduggery - mit Hut, Schal und Sonnenbrille - wollte aussteigen, doch die Tür ließ sich immer noch nicht öffnen.
„Oh Mann“, murmelte Stephanie.
Sie beobachtete, wie er etwas von der Tür abrückte und die Knie anzog. Dann trat er zu, die Tür flog auf, und er stieg aus.
„Guten Tag“, begrüßte er sie gut gelaunt. „Herrliches Wetter heute, nicht wahr?“
„Die Leute gucken schon“, flüsterte Stephanie, als er bei ihr war.
„Tatsächlich? So sind sie nun mal. Das ist auch gut so. Bist du fertig?“
„Kommt darauf an“, antwortete sie. Sie sprach leise und hörte nicht auf zu lächeln. „Wann hättest du mir gesagt, dass mein Onkel ermordet wurde?“
Er zögerte kaum merklich. „Ah. Dann bist du also dahintergekommen?“
Stephanie bog in eine schmale Gasse zwischen zwei Häuserreihen ein, weg von den neugierigen Blicken der Haggard'schen Klatschmäuler. Nach kurzem Zögern folgte Skulduggery ihr mit schnellen Schritten.
„Ich hatte einen sehr guten Grund, weshalb ich es dir nicht gesagt habe.“
„Mir egal.“ Jetzt, wo keiner sie mehr sehen konnte, ließ sie das Lächeln fallen. „Gordon wurde ermordet, Skulduggery. Wie kannst du mir so etwas verschweigen?“
„Das ist eine ganz gefährliche Sache. Es ist eine ganz gefährliche Welt, zu der ich gehöre.“
Sie blieb abrupt stehen. Skulduggery ging weiter, bis er merkte, dass sie nicht mehr neben ihm war. Dann drehte er sich auf dem Absatz um. Sie verschränkte die Arme. „Wenn du meinst, ich packe es nicht -“
„Nein, du hast zweifellos bewiesen, dass du es kannst.“ Sie hörte, dass etwas an seinem Tonfall anders wurde. „Ich wusste vom ersten Moment an, dass du zu den Menschen gehörst, die keiner Gefahr aus dem Weg gehen, aus reiner Dickköpfigkeit. Ich wollte dich so weit wie möglich aus der Sache heraushalten. Du musst das verstehen - Gordon war mein Freund, und ich dachte, ich bin es ihm schuldig, dass ich seine Lieblingsnichte außerhalb der Gefahrenzone lasse.“
„Ich bin bereits innerhalb der Gefahrenzone, die Entscheidung liegt also nicht mehr bei dir.“
„Wie es aussieht, nicht.“
„Dann wirst du mir in Zukunft nichts mehr verheimlichen?“
Er legte die Hand auf die Brust. „Hand aufs Herz. Ich schwöre es bei meinem Leben.“
„Okay.“
Er nickte und ging ihr voraus zu seinem Bentley.
„Allerdings hast du kein Herz mehr.“
„Ich weiß.“
„Und rein technisch gesehen auch kein Leben.“
„Auch das weiß ich.“
„Dann verstehen wir uns ja.“
*
„Wie ist er so?“, fragte Stephanie, nachdem sie losgefahren waren.
„Wie ist wer?“
„Der Typ, zu dem wir gehen. Wie heißt er überhaupt?“
„Grässlich Schneider.“
Sie schaute Skulduggery an, um zu sehen, ob es ein Witz sein sollte, musste aber erkennen, dass sich das nicht feststellen ließ. „Wie kann sich jemand Grässlich nennen?“
„Die unterschiedlichsten Namen passen zu den unterschiedlichsten Leuten. Grässlich ist mein Schneider und gleichzeitig einer meiner besten Freunde. Er hat mir das Boxen beigebracht.“
„Und wie ist er so?“
„Ordentlich. Ehrenwert. Ehrlich. Und garantiert witziger, als sich das jetzt anhört. Außerdem ist er nicht unbedingt ein Fan von Zauberei ...“
„Er mag keine Zauberei? Wie das?“
„Sie interessiert ihn einfach nicht. Die Welt, über die er in Büchern liest und die er im Fernsehen sieht, gefällt ihm viel besser, die Welt mit Polizisten und Räubern und menschlichen Dramen und Sport. Wenn er hätte wählen können, wo er leben wollte, hätte er sich wahrscheinlich für die Welt ohne Zauberei entschieden. Dann hätte er zur Schule gehen und einen Beruf lernen und ... normal sein können. Aber die Chance hat er natürlich nie gehabt. Und wird sie vermutlich auch nie mehr bekommen.“
„Warum nicht?“
Skulduggery zögerte, als überlege er, wie er es ihr am besten sagen sollte, dann erzählte er, dass Grässlich schon als Baby hässlich gewesen sei.
„Nicht einfach nur nicht sonderlich hübsch“, sagte er, „nicht nur unvorteilhaft aussehend, sondern wirklich und wahrhaftig hässlich.
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