Skulduggery Pleasant 6 - Passage der Totenbeschwörer
ziehen, doch diese riss sich los.
»Ich bin verletzt, du dumme Pute. Ich kann nicht einfach aus Jux und Dollerei überall hinaufklettern. Ich schlage vor, wir stimmen ab.«
»Vergiss es. Du tust, was ich dir sage.«
»Warum sollte ich?«
»Weil ich nicht zum ersten Mal hier unten bin. Wenn wir weiter abwärts gehen, verlaufen wir uns. Falls wir Vile entkommen, gibt es dann zwei Möglichkeiten. Entweder wir verdursten oder eine der Kreaturen, die hier unten hausen, bringt uns um. Tot sind wir am Ende in jedem Fall.«
»Ich würde lieber gegen Ratten und sonstiges Getier antreten als gegen Lord Vile.«
»Hier unten gibt es Monster, Melancholia, und sie sind immun gegen Magie.«
»Quatsch. Gegen Magie ist nichts immun.«
»Sie sind es und sie sind um einiges größer als Ratten, glaub mir.«
Melancholia warf einen finsteren Blick hinauf zu dem Sims. »Hilf mir rauf.«
Walküre verschränkte die Finger und bückte sich. Melancholia balancierte auf ihrem verwundeten Bein, stellte den anderen Fuß in Walküres Hände und drückte das Knie durch, als Walküre sie hochstemmte. Melancholia schnaufte und fluchte, doch schließlich hievte sie sich über den Rand. Walküre ließ sich von der Luft nach oben helfen und stand dann neben Melancholia.
»Da.« Sie wies mit dem Kinn auf einen Felsspalt ein Stück weiter vorn und ging darauf zu. Melancholia folgte.
»Warum?«, fragte sie.
»Warum was?«
»Du weißt, was ich meine. Warum wolltest du nicht, dass er mich umbringt? Warum tust du das alles für mich?«
Walküre drehte den Kopf und blickte sie stirnrunzelnd an. »Ich ... ich weiß es nicht. Wahrscheinlich habe ich es satt, dass ständig Leute sterben.«
»Selbst deine Feinde?« Melancholia hob eine Augenbraue. »Das ist lächerlich. Man hat Feinde doch nur aus einem Grund: um sie zu schlagen, umzubringen, aus der Welt zu schaffen.«
»Oder um ihnen eine Chance zu geben, sich zu ändern.«
Melancholia lächelte. »Du glaubst im Ernst, dass ich mich ändere? Ich will dich umbringen. Ich will alle umbringen. Endlich verstehe ich, was Tod ist. Ich verstehe seine Schönheit, aber ich bin nicht blöd. Ich weiß, dass nur sehr wenige Leute diese Sicht der Dinge mit mir teilen. Du willst mich davon abhalten, die Schönheit des Todes zu verbreiten? Du hältst mich für die Böse, nicht wahr?«
Walküre zuckte mit den Schultern und ging weiter. »Eine von vielen.«
»Und ich halte dich für die Böse, weil du mich davon abhalten willst. Ich muss mich nicht rehabilitieren, weil ich nämlich nichts Falsches getan habe.«
»Dann hast du was von einem Soziopathen.«
»Nein, ich bin nur einen Schritt über das hinausgegangen, was lebendige Menschen als wichtig erachten. Leben ist nicht wichtig. Überhaupt nicht. Und sterben übrigens auch nicht. Aber die beiden zusammen, dieser wunderbare Strom des Daseins ... Warte, bis du es siehst. Du wirst dich fragen, warum du je versucht hast, mich aufzuhalten.«
Walküre blieb stehen und drehte sich um. »Du redest und rein theoretisch ergeben deine Worte auch einen Sinn. Trotzdem habe ich keinen blassen Dunst, was du eigentlich willst. Und selbst wenn du ein tieferes Verständnis von Leben und Tod hast als wir anderen, was ich bezweifle, ist das noch lange kein Grund, Millionen Menschen umzubringen.«
»Ich bringe sie um, weil ich sie umbringen kann, das ist alles. Leben sind bedeutungslos.«
»Das glaubst du doch selbst nicht.«
Melancholia lachte. »Nein?«
Walküre ging weiter. »Okay, für einen Moment hast du vielleicht eine tiefe Erkenntnis über Leben und Tod gehabt. Vielleicht sind deine Kräfte auf eine Art und Weise aufgewallt, dass sie dich ein Stück weiter vorangetrieben haben, deinen Geist ein Stück weiter geöffnet haben. Das kann ich akzeptieren, okay. Aber jetzt empfindest du vollkommen anders.«
»Woher willst du wissen, was ich empfinde?«
»Weil du genau wie ich vor Lord Vile fliehst.« Melancholias Ton sagte ihr, dass diese nicht mehr lächelte. »Ich fürchte den Tod nicht. Ich mag mich nur im Moment nicht mit den Unannehmlichkeiten abgeben, die damit verbunden sind.«
»Wenn es dir hilft, kannst du es so sehen. Für kurze Zeit haben deine Kräfte dich verrückt werden lassen. Sie haben dich zu einer Soziopathin mit rot glühenden Augen gemacht, die Millionen Menschen umbringen wollte. Aber jetzt geht es dir schon wieder besser.«
»Ich war nicht verrückt.«
»Ein bisschen schon.«
»Ich glaube, es wäre okay für mich, wenn ich dich umbringen
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