SLAM (German Edition)
umher zuirr e n, und bald war das Licht zu weit weg, um noch genug Leuchtkraft zum Erhellen des ganzen Gewölbes zu besitzen. Er hatte keine Ahnung, in welche Rich tung er gehen musste. Innerhalb kurzer Zeit tappte er im wahrst en Sinne des Wortes im Dunkeln.
Mit ausgestreckten Armen tastete er sich um Säulen herum, setzte langsam einen Schritt vor den anderen, lauschte, von wo her das Echo seiner Schritte hallte. Dort , wo es herkam, musste eine Wand sein. Er bewe gte sich in diese Richtung, doch es kam keine Wand.
Er ging weiter, bar jeglicher Orientierung und eines Ziels. Nach einer Weile stolperte er über einen großen Gegenstand, der am Boden lag, stieß sich das S chienbein und fluchte. Er beugte sich nach unten und er tastete das Rund eines Säulenschaftes. Instinktiv drängte es ihn , ih n zu streicheln, doch als er dem Drang nachgab, fühlte er nicht die Bef riedigung, die ihm sonst zuteil wurde, wenn er seine abgerundeten Kanten zu Hause berührte. Stattdessen dachte er an den Berber und an dessen wundervolle Brüste. Er hätte ihn nicht gehen lassen dürfen. Er hätte ihm nachl aufen und ihn aufhalten müssen.
Mittlerweile konnte er nur noch ahnen, in welcher Richtung das blaue Licht liegen mochte. Seine Zuversicht, auf eine Mauer zu stoßen, an der er sich bis zu einem Ausgang entlangtasten konnte, war schle ichender Verzweiflung gewichen. Vielleicht war er von der geheimnisvollen Gestalt in die Irre geführt worden, und sie hatte diese Richtung nur gewählt, da mit er ihr nicht folgen konnte.
Plötzlich erfühlten seine Finger etwas Hohes, Glattes, Gerades. Eine Wand! Rechts oder links? Einerlei , die Halle konnte ja nicht unendlich weit sein. Er ging nach links, t astete sich die Wand entlang, spü rte nichts außer kaltem, glattem Stein, bis seine Hände schon fast taub waren. Dann endlich bekamen seine Finger etwas anderes zu fassen , nicht so kalt, nicht so glatt, Holz! Er atmete erleichtert auf. Bald würde er diesen Wahnsinn hinter sich gelassen haben.
Hinter der schweren Doppeltür, die durch einen bre iten Riegel verschlossen gewesen war , fand er s ich am Fuße einer Treppe wieder . Durch feine Löcher im Mörtel zwischen den Steinen fielen nadeldünne Lichtstrahlen auf die Stufen. Karim folgte ihnen nach oben und erreichte einen Gang. Er führte ihn in einen leer stehenden Saal . Unter dessen Decke gewährten kleine Fenster in weiten Abständen einem kupferfarbenen Schein Einlass ins Innere . W ar es Abend oder Mor gen?
Karim durchquerte den Saal zur gegenüberliegenden Tür, die er vorsichtig einen Spaltbreit öffnete . Er linste hindurch und erkannte, wo er sich befand: Vor ihm lag der Hof der größten Moschee der Stadt – die Hanif Moschee, mit ihren sechs obeliskenförmigen Minaretten und dem angegliederten Garten samt Weiher !
Der Sonnenstand verriet ihm, dass das Abendgebet wahrscheinlich schon stattgefunden ha tte. Karim schlüpfte durch die Tür und machte, dass er hier wegkam. Immer wieder drehte er sich um und prüfte, ob ihm jemand folgte. Nichts deutete darauf hin. Oder doch? Ein Mann, der ihm entgegenkam, musterte ihn in einer eigentümlichen Art und Weise. Als sie sich auf gleicher Höhe befanden , grüßte ihn der Fremde. Kari m antwortete höflich: » Aleykum Se lam!« und ging weiter. Er drehte sich um, der Mann ebenso, einige Schritte we iter drehte er sich abermals um, und d er Mann war verschwunden. Karim bl ieb stehen und suchte den Hof mit nervösen Blicken nach ihm ab. Er fand ihn nicht, aber er wurde das Gefühl nicht los, dass er irgendwo lauerte und ihn beobachtete.
Er setzte seinen Weg fort und gelangte zu einer spärlich frequentierten Straße . Immer wieder sah er sich um. Jeder der ihm entgegenkommenden Männer konnte ihn verfolgen – oder keiner. Er versuchte, den Gedanken ab zuschütteln, und ermahnte sich , sich nicht verrückt machen zu lassen . Er hatte schlimme Dinge gesehen und erlebt, da war es kein Wunder, dass er durcheinander war. Aber er musste die Kontrolle über sich zurückgewinnen.
In s einer Manteltasche spürte er die glatte Oberfläche der kleinen Kunststof fscheibe. Er musste zum Zentralarchiv , jetzt sofort. BEY musste ihm sagen, um was es sich bei dem Gegenstand handelte und was es mit ihm auf sich hatte. Soli wartet auf dic h!, fuhr es ihm durch den Kopf.
Soli. Er hatte ihn völlig vergessen. Er hatte jetzt auch keine Zeit für ihn. Er hatte Wichtigeres zu tun. Dinge, die keinen Aufschub duldeten. Die Sch eibe. Der
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