SLAM (German Edition)
sein Herz schlag war immer schneller geworden.
Als er das erlösende Klicken der Mechanik spürte, hatte er seine Augen geöffnet und war, seine letzte n Kräfte mobilisierend, in Richtung Licht geschossen. Nun tanzte er wie ein Korken auf der mittlerweile kabbeligen See, japste und keuchte, pumpte Luft in jede Zelle seines Körpers und kon nte nichts anderes denken als: I ch lebe!
Das Wasser war nur mäßig warm. D ie Anstrengung hatte ihn derart erschöpft , dass sich schon bald e in Zittern seines Körpers bemächtigte . Er blickte sich um, hinauf zum Hotel, wo er Eva vermutete, aber es war nichts und niemand zu sehen. Er paddelte ein Mal um seine eigene Achse, schaute in jede Richtung, aber alles , was er sah, waren Wellenkämme bis zum Horizont, von kl einen weißen Häubchen gekrönt. Er war allein. Wo war das Hotel, wo die Küste und die Felsen, die noch vor Minuten wie ein Film im Schnelldurchlauf vor seinen Augen vorbeigerauscht waren?
Ein Trugbild, begriff er, alles nur eine F antasie, die ihm diese wahnsinnig gewordene Existenz in seinen Kopf ein gepflanzt hatte. Sie wa r so mächtig und er so klein und verloren wie ein Papierschi ffchen auf einem riesigen Ozean.
Er versuchte, seinen Atem zur Ruhe zu bringen. Panik war jetzt das Schlimmste, was ihm passieren konnte. In welche Richtung schwimmt man, wenn kein Land in Sicht ist? Die Sonne stand unbeeindruckt von seiner verzweifelten Lage diagonal zu ihm , sandte ihm ihr warmes Licht und v ergoldete die Wasseroberfläche.
Karim bemühte sich, Kraft zu sparen, hob seine Beine an und legte sich flach auf den Rücken . Er breitete seine Arme aus, um seinem Körper zusätzlichen Auftrieb zu geben. Die Panik lauerte immer noch in seinen Adern, allzeit bereit, hervorzuspringen und sein ganzes Denken einzunehmen. Er durfte das nicht zulassen, musste Ruhe be wahren, sonst wäre er verloren.
Wie lange würde er sich über Wasser halten können? Wie lange, bis ihn seine Kräfte verließen, bis er auf den Grund dieses F antasieozeans sinken und ertrinken würde? Wie ein Blitz traf ihn mit einem Mal eine brisante Erkenntnis. Ruckartig brachte er sich in die Senkrechte, schluckte dabei eine gehörige Menge S alzwasser und hustete lachend.
BEY! Sein Meister, sein Mentor, sein Freund, er war in ihm, war ein Teil von ihm geworden und hatte die Macht verhältnisse damit verschoben! Er war dank BEY nicht mehr das hilflose Schiffchen, das Blatt im W ind, der willenlose Sklave von Evas Launen und Pläne n . Er war jetzt viel mehr als nur Karim, das Kind nach ihrem Willen, lediglich ausgestattet mit ein wenig mehr Neugierde, ein wenig mehr Interesse als seine Brüder. Er trug das Wissen und die Erfahrung des alten Mannes in sich, und nicht nur das, bei seiner Verschmelzung mit BEY war er gleichzeitig ein Teil von HAVVA 2 geworden. Wenn dem tatsächlich so war , könnte er dann auch wie sein ehemaliger Mentor in das Herz diese r gnadenlosen Maschine schauen?
Erneut blickte er sich um, suchte am Horizont nach einer Ahnung von Land, nach Hoffnung, denn nach wie vor nagten Zweifel und Angst an seinem aufkeimenden Selbstbewusstsein. Es war leichter, Mut im Angesicht einer sicheren Alternative zu fassen als in einer ausweglosen Situation in einem endlos scheinenden Ozean . Mit der Leine um den Bauch lief es sich leichter über ein Hochseil . HAVVA 2 war sichtlich nicht gewillt, ihm einen einfachen Ausweg zu bieten. Der Horizont blieb leer, nur die Wellen um ihn herum plätscherten mit monotoner Gleichmä ßigkeit .
Sie hätte mich umbringen können, dachte er, warum hat sie es nicht getan? Wie zur Antwort stiegen in ihm Bilder unzähliger Tode von BEY auf, jeder einzigartig und grausam, geplant und durchgeführt v on einem überragenden Geist, dem die Ideen noch nach Jahrtausenden nicht ausgehen würden. Sie wird es grausamer machen, dachte er weiter, der Tod durch E rtrinken reicht ihr nicht. Aus enttäuschter Liebe. Die se Aussage traf er mit einer eiskalten Ruhe, die er selber niemals in sich vermutet hatte.
So war das also. Kein Blick an den Horizont mehr, denn Land würde dort niemals auftauchen. Seine Suche danach würde ihn lediglic h Kraft kosten. Deshalb wanderte n sein e Augen jetzt nach unten zum Meeresboden. Vielleicht lag der Auswe g in einer Richtung, von der die Verschmähte nicht glaubte, dass er sie einschlagen würde? BEYs Fähigkeit, überall zu erscheinen, wo es ihm beliebte, ließ einen kühnen Plan in Karim entstehen. Würde es ihm möglicherweise
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